Nachbarschaftshaus am Lietzensee vor dem Aus
Charlottenburg. Der Vorstand fühlt sich vom Bezirksamt im Stich gelassen, die Nutzer sind entsetzt: Der Verein „Nachbarschaftshaus am Lietzensee e.V.“ muss wegen Sanierungsarbeiten zum 31. Dezember 2017 seine Bleibe in der Herbartstraße 25 verlassen – wie es aussieht für immer.
Mehr als 100 aufgebrachte Bürger versammelten sich jüngst in ihrem Nachbarschaftshaus, um die Hintergründe der Schließung zu erfahren. Die Immobilie zählt im Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf zum Vermögen der Sparte Soziales und Gesundheit und als deren Leiter war Stadtrat Carsten Engelmann (CDU) geladen, um die Fragen eines offenen Briefes des Vereins zu beantworten. Doch der ließ sich krankheitsbedingt entschuldigen, eine Stellvertretung entsandte er nicht. Letzteres sorgte für zusätzlichen Unmut. „Das ist ungehörig“, sagte ein Teilnehmer unter Applaus.
Wohin mit den Kursen?
Im April dieses Jahres hatte Engelmann dem Verein völlig überraschend die Räumung des Nachbarschaftshauses mitgeteilt. Es sei eine Renovierung geplant und deshalb könne mindestens für ein halbes Jahr nichts stattfinden in dem Haus, berichtete Mario Georgi, Vorsitzender des Vereins, von dem Gespräch. Dazu seien dem Verein weder alternative Räumlichkeiten noch eine Verlängerung des Ende des Jahres auslaufenden Mietvertrags angeboten worden. Die Frage nach dem Warum blieb wegen Engelmanns Abwesenheit also so offen wie der Brief des Vereins.
In der Vergangenheit seitens Engelmann erhobene Vorwürfe, der Verein würde unsolide arbeiten und sich nicht an die mietvertraglichen Regelungen halten, wiesen Georgi und Geschäftsführerin Annette Tafel zurück: "Im Gegenteil, wir haben immer mehr bezahlt als festgelegt", sagte Georgi. Und seit Mitte 2015 sei der Verein übrigens ohnehin nicht mehr auf öffentliche Fördergelder angewiesen, ergänzte Tafel.
Wichtige Stütze der Nachbarschaft
Muss der Verein sein Nachbarschaftshaus tatsächlich räumen, würde ein enormes soziokulturelles Engagement am 1. Januar 2018 ein jähes Ende finden: 65 Gruppen und Vereine hätten kein Dach mehr über dem Kopf. „7000 Individuen gingen bei uns 2016 ein und aus. Viele von ihnen nutzten regelmäßig die Angebote im Nachbarschaftshaus, so dass wir insgesamt auf 41 300 Besuche im Jahr kamen“, rechnete Annette Tafel vor und sagte: "Einem zuständigen Stadtrat für Soziales und Gesundheit kann das Schicksal der vielen Menschen, die hier möglicherweise ihre soziale Anlaufstelle und ihr Hilfenetzwerk verlieren, doch nicht gleichgültig sein."
Kampflos soll das Nachbarschaftshaus keinesfalls aufgegeben werden. Die Versammlung entwarf ein Schreiben mit konkreten Forderungen an Carsten Engelmann und seine Abteilung. Dazu soll über alle möglichen Medienkanäle auf das Problem hingewiesen werden um das drohende Aus doch noch zu verhindern. maz
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
6 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.