Überflüssiges flüssig machen: Mit den Erlösen der Oxfam-Läden werden Hilfsprojekte finanziert
Charlottenburg. Nach einem Second-Hand-Laden sieht es hier überhaupt nicht aus: Der Oxfam-Shop an der Wilmersdorfer Straße 74 ist hell, geschmackvoll, fast elegant. Gerade wurde der erste Geburtstag gefeiert. Ein guter Anlass, um mit zwei Helferinnen darüber zu darüber zu sprechen, warum sie sich hier ehrenamtlich engagieren.
„Ich würde nicht für jeden arbeiten“, sagt Karole gleich zur Begrüßung. Etliche Hilfsorganisationen verdienten diese Bezeichnung nämlich gar nicht, sie seien reich und selbstgefällig. Doch das Oxfam-Konzept gefalle ihr. „Es werden zum Beispiel keine Mitarbeiter in hilfsbedürftige Länder geschickt, sondern gezielt Projekte vor Ort finanziell unterstützt.“
Auch die Kampagnen in Deutschland findet sie gut – wie den Protest gegen unmenschliche Zustände auf Bananenplantagen. Das Oxfam-Motto „Überflüssiges flüssig machen“ war allerdings neu für die Journalistin Karole, die vor sechs Jahren von der Karibikinsel Martinique nach Berlin kam. „In meiner Heimat haben wir keine Second-Hand-Kultur. Die Menschen fühlen sich reich und kaufen alles neu.“
Das ist bei ihrer Kollegin Amanda anders. Sie kennt Oxfam von Kindesbeinen an. Kein Wunder: Sie stammt aus Großbritannien, der Heimat des 1942 gegründeten „Oxford Commitee for Famine Relief“ (Oxforder Komitee zur Linderung der Hungersnot). „In jeder kleinen Stadt gibt es einen Shop, ich habe diese Art Läden immer gemocht“, erzählt sie. Sie ist Mutter von fünf Kindern und genießt es, ab und zu „wegzukommen von der Hausarbeit“. Bei Oxfam kümmert sie sich um Blusen, sichtet die gespendeten Exemplare, sortiert und preist aus. Das entspannt sie.
Auch Karole hat ein eng umrissenes Arbeitsfeld: Bücher. Aber natürlich helfe auch jeder mal an der Kasse oder berate Kunden, sagt sie. Die beiden Frauen mögen die herzliche Atmosphäre unter den insgesamt gut 30 Kollegen, von denen die meisten weiblich sind. Das Du untereinander sei selbstverständlich, alle arbeiten ehrenamtlich; einen Chef, der das Sagen hat, gibt es nicht. Die Kunden seien sehr nett, genauso wie die Menschen, die Spenden vorbeibringen.
Die Auswahl im Laden ist groß. Es gibt Kleidung, Schuhe, Schmuck, Taschen, Filme, Bücher, CDs und Platten. Ein Regal ist mit fair gehandelten Waren gefüllt: Kaffee, Schokolade, Tee. Alle drei Wochen wird das Sortiment ausgetauscht – regelmäßige Besuche lohnen also.
Karole engagiert sich in vielen Bereichen. Gerade Menschen in Großstädten sollten Verantwortung übernehmen, meint sie. „Wir leben auf Kosten der Umwelt, die anderen zahlen die Rechnung.“ Von der Arbeit bei Oxfam profitiere sie auch ganz persönlich. Weil Mann und Kinder Französisch beherrschten, komme sie zu Hause ohne Deutsch aus. Im Laden könne sie die Sprache lernen und Kontakte knüpfen.
Weitere Mitarbeiter werden gebraucht. Sie sollten mindestens eine fünfstündige Schicht in der Woche übernehmen. Auch einige der anderen sechs Oxfam-Läden (in Mitte, Prenzlauer Berg, Spandau, Schöneberg, Friedenau und Wilmersdorf) suchen Helfer. Wer Interesse hat, meldet sich unter 453 06 92 25. sus
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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