Schluss mit den Mini-Gärten
Anwohner der Fritschestraße müssen Baumscheiben räumen

Jörg Winners, Jürgen Zschäbitz, Luisa Vogel und Uwe Mädger von der Klimaliste Berlin (stehend) müssen die Bank räumen. | Foto: Ulrike Kiefert
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Schön anzusehen und doch bald weg: In der Fritschestraße müssen Anwohner die Baumscheiben räumen. Findlinge und Bänke schädigen die Wurzeln, sagt das Bezirksamt. Im Kiez ist man darüber not amused.

In der Fritschestraße Nord blühen Mini-Gärten vor den Haustüren. Anwohner haben sie liebevoll bepflanzt und kunstvoll dekoriert, gegen die Tristesse unter Bäumen. Doch jetzt müssen die neun kleinen Kunstgärten weg. Objekte, Einfriedungen und größere Pflanzgefäße seien in Baumscheiben nicht erlaubt, sagt das Bezirksamt, weil sie die Wurzeln der Straßenbäume schädigen. Innerhalb von sieben Tagen sollten die Anwohner räumen, laut „Räumungsbefehl“ des Straßen- und Grünflächenamtes, aufgehängt an Bäumen in wasserdichter Folie.

Unterschriften gesammelt

Im Kiez war der Unmut über diese kurzfristige Anordnung groß. Die Baumpaten aus der Fritschestraße gründeten eine Nachbarschaftsinitiative zur Rettung der Baumscheiben und sammelten Unterschriften. In nur zwei Tagen kamen mehr als 300 zusammen. „Ein idyllisches Kleinod soll verschwinden, obwohl der Gehweg breit und das Engagement der Nachbarschaft sehr groß ist“, sagt Anwohner Jörg Winners. Rund 25 Nachbarn hätten die Baumscheiben teils über Jahre liebevoll gepflegt und kunstvoll gestaltet, „um etwas für die Stadtbäume und das nachbarschaftliche Miteinander zu tun und der lärmreichen Bismarckstraße etwas entgegenzusetzen.“ Das habe auch gut funktioniert. „Die Anwohner lieben die kleinen Gärten und das Flair“, sagt Jürgen Zschäbitz. Gerade in der Pandemiezeit sei es vielen eine Freude gewesen, zu gießen und zu pflanzen. „Senioren ruhen sich auf den Bänken aus, Geschäftsleute machen hier Pause vom Homeoffice.“

Vor-Ort-Termin mit dem Grünflächenamt

Nach einem Vor-Ort-Termin mit einem Mitarbeiter aus dem Grünflächenamt, der sich mit den Anwohnern kurzfristig verabredet hatte, ist die enge Sieben-Tage-Frist inzwischen zwar vom Tisch. Auch Beeteinfassungen, Blumen und krautige Pflanzen dürfen bleiben. Gehölze, Stauden, Aufbauten und größere Objekte wie Bänke, Karren oder Findlinge aber müssen zügig abgeräumt werden. „Einiges geht, anderes nicht“, sagt Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne). „Findlinge, Bollerwagen oder alte Badewannen zum Beispiel haben in Baumscheiben nichts zu suchen.“ Darüber informiere das Bezirksamt auch auf seiner Website.

„Uns war das so nicht bekannt“, sagt Jürgen Zschäbitz. „Offenbar hat das Amt die Regeln für die Baumscheiben unmerklich verschärft.“ Was die Anwohner bedauern – auch wegen der tausend anderen Baumscheiben im Bezirk, um die sich engagierte Anwohner kümmern, etwa im Karl-August-Kiez.

Bezirke haben unterschiedliche Vorschriften

Tatsächlich schreibt das Bezirksamt bei Patenschaften für Straßenbäume und Baumscheiben einiges vor: Zäune und Einfriedungen zum Beispiel sind nicht gestattet. Baumstämme sind mindestens einen halben Meter von Pflanzen freizuhalten, das gilt besonders für Jungbäume. Erde oder Pflanzsubstrat dürfen nicht aufgeschüttet werden, da Bäume sonst anfälliger für Fäulnis sind. An bestimmten Straßen und auf Plätzen ist das Begrünen gänzlich verboten. Dazu gehören der Kurfürstendamm oder die Hardenbergstraße, der Breitscheidplatz oder der Ernst-Reuter-Platz, die Fußgängerzone der Wilmersdorfer Straße und Teile der Otto-Suhr-Allee. Andere Bezirke sind da weniger streng. In Friedrichshain-Kreuzberg zum Beispiel sind Zäune und Einfriedungen bis zu einer gewissen Höhe ausdrücklich erwünscht. Hochwachsende Pflanzen oder Kletterpflanzen sind im „Fußbett“ von Bäumen aber auch dort nicht erlaubt, ebenso wenig wie Kübel, Töpfe oder Kästen.

In der Fritschestraße Nord müssen sich die Anwohner jetzt wohl oder übel ans grobe Abräumen machen. „Der Mitarbeiter vom Amt hat uns angeboten, ein Konzept für die Baumscheibenbepflanzung zu erarbeiten“, informiert Jörg Winners. „Das werden wir auf jeden Fall tun.“ Denn ihre blühenden Oasen vor der Haustür wollen die Anwohner unbedingt behalten.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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