"Das kann jeder machen"
Berlin hat seine ersten Regentonnen auf dem Bürgersteig
Zwei Regentonnen rocken jetzt die grüne Fritschestraße. Sie stehen auf dem Bürgersteig und sind in Berlin die ersten ihrer Art. Die simple Idee stammt von der Initiative "Die Wassertanke".
Das Fallrohr ist angezapft, das Wasser sprudelt. Doch es dauert noch, bis die Tonne voll ist. Immerhin passen da 500 Liter rein. Zehn Minuten später ist es dann aber soweit. Katrin Wittig, Jörg Winners und Jürgen Zschäbitz drehen den Zapfhahn auf und füllen die erste Gießkanne. Klatschender Beifall auf dem Bürgersteig. „Das ist ein richtiger Grünturbo und dabei so simpel“, sagt Jörg Winners. „Das kann eigentlich jeder machen.“ In Berlin ist die Regentonne auf dem Bürgersteig vor der Fritschestraße 29 dennoch die erste ihrer Art.
Die umtriebige Initiative „Nachbarinnen & Nachbarn der Fritschestraße“ (Nord) hat die Wassertanken – eine zweite steht vor der Hausnummer 29a – nach Charlottenburg geholt. Gestartet war das Projekt vor zwölf Monaten mit der bundesweiten Initiative „Die Wassertanke“. Nun konnten Jörg Winners und Jürgen Zschäbitz für die 80 Anwohner „Vollzug“ melden.
Die Regensäulen sind etwas schmaler als die Tonnen, die man aus dem eigenen Garten kennt. Sie sind am Fallrohr der Hauswand angeschlossen, sammeln so das Regenwasser ein und speichern es. Ist die Tonne voll, läuft das Wasser übers Rohr in die Kanalisation. Oben ist der Behälter aus Hart-PVC verschlossen. Weil die Fassade der Fritschestraße 29 unter Denkmalschutz steht, trägt die Tonne Grau –wie die Tiefgarage nebenan. Die stammt von 1919 und war weltweit die erste.
"Die Wassertanke“, ein transdisziplinäres junges Team, das sich der Idee der vermehrten Regenwassernutzung in Städten verpflichtet hat, finanziert die Regentonnen vor allem über unterstützende Sponsoren. Die Tonnen an der Fritschestraße hat der Softwareentwickler Ecosia spendiert. Eine Tonne kostet rund 320 Euro, der Anschluss nochmal etwa 350 Euro. Den übernahmen zwei Handwerker vom Team Ruhug. „Die Regenwassertonnen helfen dabei, öffentliches Grün zu bewässern und zu pflegen“, erklärt Wassertanke-Gründerin Katrin Wittig die Idee dahinter. Dazu sind sie nachhaltig und sorgen mit dafür, dass Berlins Kanalisation bei Starkregen nicht überläuft.
Angefangen hat alles mit einem ersten Regenspeicher in Münster. Der steht an einer Straße und fasst 300 Liter Wasser. In Berlin hat "Die Wassertanke“ bisher zwei Regentonnenprojekte realisiert – nur wie gesagt nicht auf einem öffentlichen Bürgersteig. Die erste Wassertanke bekam im Frühjahr 2021 das Permakultur-Garten-Projekt „Stadtgarten“ im Ernst-Thälmann-Park in Prenzlauer Berg. Die zweite folgte im September 2021 für den Schulhof der Grundschule „Schule Eins“ der Pankower Früchtchen gGmbH in Wilhelmsruh. Weitere Tonnen sind in Planung: für die Klimastraße Hagenauer Straße in Prenzlauer Berg und für die Kulmer Straße in Schöneberg, dort zusammen mit der Gewobag. Katrin Wittig wünscht sich mehr solcher Piloten. Bezirke und Hausverwalter seien jedoch oft einfach zu ängstlich. „Sie denken, die Tonnen überfluten die Bürgersteige, was nicht stimmt, denn das sind geschlossene Systeme.“
In Charlottenburg-Wilmersdorf war das Straßen- und Grünflächenamt dagegen schnell überzeugt. Dort sind Regentonnen auf Bürgersteigen jetzt überall „als genehmigungsfreier Anliegerbedarf“ erlaubt. Zustimmen musste an der Fritschestraße dann nur noch der Hauseigentümer. Zur Freude der Anwohner. Sie können die Bäume, Baumscheiben, Beete, Blumentöpfe und zwei grünen Parklets vor der Haustür jetzt mit Regenwasser gießen statt mit kostbarem Trinkwasser. „Zugegeben, die Regentonne auf dem Bürgersteig eine kleine Idee“, sagt Jörg Winners. „Doch es passt zu unserem Motto, besser wenig zu erreichen als gar nichts.“
Mehr über die Initiative „Die Wassertanke“ findet sich auf wassertanke.org.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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