"Das kann jeder machen"
Berlin hat seine ersten Regentonnen auf dem Bürgersteig

Wasser marsch: Katrin Wittig, Jörg Winners und Jürgen Zschäbitz zapfen die Regentonne an.  | Foto:  Ulrike Kiefert
5Bilder
  • Wasser marsch: Katrin Wittig, Jörg Winners und Jürgen Zschäbitz zapfen die Regentonne an.
  • Foto: Ulrike Kiefert
  • hochgeladen von Ulrike Kiefert

Zwei Regentonnen rocken jetzt die grüne Fritschestraße. Sie stehen auf dem Bürgersteig und sind in Berlin die ersten ihrer Art. Die simple Idee stammt von der Initiative "Die Wassertanke".

Das Fallrohr ist angezapft, das Wasser sprudelt. Doch es dauert noch, bis die Tonne voll ist. Immerhin passen da 500 Liter rein. Zehn Minuten später ist es dann aber soweit. Katrin Wittig, Jörg Winners und Jürgen Zschäbitz drehen den Zapfhahn auf und füllen die erste Gießkanne. Klatschender Beifall auf dem Bürgersteig. „Das ist ein richtiger Grünturbo und dabei so simpel“, sagt Jörg Winners. „Das kann eigentlich jeder machen.“ In Berlin ist die Regentonne auf dem Bürgersteig vor der Fritschestraße 29 dennoch die erste ihrer Art.

Die umtriebige Initiative „Nachbarinnen & Nachbarn der Fritschestraße“ (Nord) hat die Wassertanken – eine zweite steht vor der Hausnummer 29a – nach Charlottenburg geholt. Gestartet war das Projekt vor zwölf Monaten mit der bundesweiten Initiative „Die Wassertanke“. Nun konnten Jörg Winners und Jürgen Zschäbitz für die 80 Anwohner „Vollzug“ melden.

Die Regensäulen sind etwas schmaler als die Tonnen, die man aus dem eigenen Garten kennt. Sie sind am Fallrohr der Hauswand angeschlossen, sammeln so das Regenwasser ein und speichern es. Ist die Tonne voll, läuft das Wasser übers Rohr in die Kanalisation. Oben ist der Behälter aus Hart-PVC verschlossen. Weil die Fassade der Fritschestraße 29 unter Denkmalschutz steht, trägt die Tonne Grau –wie die Tiefgarage nebenan. Die stammt von 1919 und war weltweit die erste.

Frank und Etienne Hoyer schließen die Regentonne an.  | Foto: Ulrike Kiefert
  • Frank und Etienne Hoyer schließen die Regentonne an.
  • Foto: Ulrike Kiefert
  • hochgeladen von Ulrike Kiefert

"Die Wassertanke“, ein transdisziplinäres junges Team, das sich der Idee der vermehrten Regenwassernutzung in Städten verpflichtet hat, finanziert die Regentonnen vor allem über unterstützende Sponsoren. Die Tonnen an der Fritschestraße hat der Softwareentwickler Ecosia spendiert. Eine Tonne kostet rund 320 Euro, der Anschluss nochmal etwa 350 Euro. Den übernahmen zwei Handwerker vom Team Ruhug. „Die Regenwassertonnen helfen dabei, öffentliches Grün zu bewässern und zu pflegen“, erklärt Wassertanke-Gründerin Katrin Wittig die Idee dahinter. Dazu sind sie nachhaltig und sorgen mit dafür, dass Berlins Kanalisation bei Starkregen nicht überläuft.

Angefangen hat alles mit einem ersten Regenspeicher in Münster. Der steht an einer Straße und fasst 300 Liter Wasser. In Berlin hat "Die Wassertanke“ bisher zwei Regentonnenprojekte realisiert – nur wie gesagt nicht auf einem öffentlichen Bürgersteig. Die erste Wassertanke bekam im Frühjahr 2021 das Permakultur-Garten-Projekt „Stadtgarten“ im Ernst-Thälmann-Park in Prenzlauer Berg. Die zweite folgte im September 2021 für den Schulhof der Grundschule „Schule Eins“ der Pankower Früchtchen gGmbH in Wilhelmsruh. Weitere Tonnen sind in Planung: für die Klimastraße Hagenauer Straße in Prenzlauer Berg und für die Kulmer Straße in Schöneberg, dort zusammen mit der Gewobag. Katrin Wittig wünscht sich mehr solcher Piloten. Bezirke und Hausverwalter seien jedoch oft einfach zu ängstlich. „Sie denken, die Tonnen überfluten die Bürgersteige, was nicht stimmt, denn das sind geschlossene Systeme.“

Umtriebige Anwohner: Nils Balkow-Tychsen, Manfred Walter, Jörg Winners, Arthur und Jürgen Zschäbitz mit Katrin Wittig.  | Foto:  Ulrike Kiefert
  • Umtriebige Anwohner: Nils Balkow-Tychsen, Manfred Walter, Jörg Winners, Arthur und Jürgen Zschäbitz mit Katrin Wittig.
  • Foto: Ulrike Kiefert
  • hochgeladen von Ulrike Kiefert

In Charlottenburg-Wilmersdorf war das Straßen- und Grünflächenamt dagegen schnell überzeugt. Dort sind Regentonnen auf Bürgersteigen jetzt überall „als genehmigungsfreier Anliegerbedarf“ erlaubt. Zustimmen musste an der Fritschestraße dann nur noch der Hauseigentümer. Zur Freude der Anwohner. Sie können die Bäume, Baumscheiben, Beete, Blumentöpfe und zwei grünen Parklets vor der Haustür jetzt mit Regenwasser gießen statt mit kostbarem Trinkwasser. „Zugegeben, die Regentonne auf dem Bürgersteig eine kleine Idee“, sagt Jörg Winners. „Doch es passt zu unserem Motto, besser wenig zu erreichen als gar nichts.“

Mehr über die Initiative „Die Wassertanke“ findet sich auf wassertanke.org.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

52 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Team von Optik an der Zeile freut sich auf Ihren Besuch. | Foto: privat

Optik an der Zeile
16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024

40 Jahre Augenoptik-Tradition im Märkischen Viertel, das feiern wir immer noch in diesem Jahr 2024. Feiern Sie mit uns und profitieren Sie von unseren Jubiläumsangeboten. Kommen Sie zu uns und staunen Sie über die Vielfalt der Angebote. Anlässlich unserer 16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024 bieten wir Ihnen die gesamte Kollektion namhafter Designer. Sie können aus einer riesigen Auswahl Ihre Brille finden. Mit vielen schönen Brillengestellen und den Brillengläsern von Essilor und...

  • Märkisches Viertel
  • 13.11.24
  • 537× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 825× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 803× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 1.183× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.