Berlin schneidet im bundesweiten Vergleich ganz schlecht ab

Trauriges Symbol am Hardenbergplatz: Das Geisterfahrrad für den vierten im Straßenverkehr tödlich verunglückten Radfahrer in Berlin im Jahr 2015. | Foto: Michael Nittel
  • Trauriges Symbol am Hardenbergplatz: Das Geisterfahrrad für den vierten im Straßenverkehr tödlich verunglückten Radfahrer in Berlin im Jahr 2015.
  • Foto: Michael Nittel
  • hochgeladen von Michael Nittel

Charlottenburg. Berlin hatte unlängst in einem bundesweiten Vergleichstest zur Fahrradfreundlichkeit schlecht abgeschnitten. Die Hauptstadt landete bei der Befragung vom Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club nur auf Platz 30 von insgesamt 39 Großstädten.

Kritisiert wurden besonders die fehlende Sicherheit, zu schmale Radwege, zu viele falsch parkende Autos auf den Radwegen und die Konflikte der Radler mit den Autofahrern.

Besonders dramatisch ist die Situation von Radfahrern bei rechts abbiegenden Autos. "Es gibt vermutlich keinen Fahrradfahrer in der ganzen Stadt, der nicht schon einmal eine Nahtoderfahrung mit einem rechts abbiegenden Auto gehabt hat", sagt die 52-jährige Hanna Schubert. Sie hat soeben beim Überqueren der Joachimsthaler Straße genau an der Stelle halt gemacht, an der Freunde und Bekannte des dort am 9. Mai mit dem Fahrrad verunglückten David Solomon ein so genanntes Geisterfahrrad aufgestellt haben. Der 58-Jährige war von einem rechts abbiegenden Taxi so schwer verletzt worden, dass er am 20. Mai in einem Krankenhaus an den Folgen des Unfalls verstarb. Damit ist er der vierte Radfahrer, der in Berlin in diesem Jahr tödlich verletzt worden ist. Im Jahr 2014 waren es insgesamt zehn Radfahrer, die an den Folgen eines Verkehrsunfalls verstarben. "Und das Schlimmste an allem ist: An der Situation der Radler in Berlin ändert sich nichts", ergänzt Hanna Schubert.

In der Tat: Vor gut einem Jahr hatte der Senat Berliner Bürger nach Orten gefragt, die für Radfahrer besonders gefährlich sind. Im Anschluss wollte die Politik entsprechend reagieren. Doch passiert ist nahezu nichts.

Vor einem Jahr hatte Christian Gaebler (SPD), Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, verlauten lassen, man habe wertvolles Material erhalten, das "bei der Bewertung und Priorisierung unserer Radverkehrsplanung hilft." Von den mehr als 8000 Hinweisen erstellte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung eine Liste der brisantesten 30 Konfliktstellen. Von diesen seien, so Gaebler, tatsächlich mehr als 90 Prozent unfallträchtig. Es sei Zeit, zu handeln. Passiert ist bis dato aber so gut wie nichts.

Das gravierendste Problem ist einmal mehr die Personalausstattung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sowie die in den Bezirksämtern zugunsten der Radverkehrsplanung. Darüber hinaus ist es längst kein Geheimnis mehr, dass es auch bei der Verkehrslenkung Berlin ein massives Personalproblem gibt. Und dort müssen entsprechende Unterlagen der Bauplanung ja auch noch geprüft werden. Und so hat auch Gaebler längst erkannt, dass das derzeitige System von Planung, Prüfung, Umsetzung und das mitunter träge Zusammenspiel der einzelnen Behörden auch und ganz besonders einer zügigen Verbesserung der täglichen Verkehrssicherheit von Radfahrern massiv im Weg steht.

In Berlin ereignen sich fast täglich neue Unfälle mit Auto- und Radfahrern - das in Unfallberichten wohl am häufigsten vorkommende Wort heißt: übersehen! So wie auch der Taxifahrer am Hardenbergplatz David Solomon übersah.

Was bleibt ist manchmal nur reiner Sarkasmus wie bei dem Charlottenburger Thomas Fritsch: "Fahrradfahren in Berlin ist doch mittlerweile so etwas wie eine Extremsportart: Bungee-Jumping und Freeclimbing sind nichts gegen das Überqueren des Hardenbergplatzes oder einer anderen viel befahrenen Straßenkreuzung in Berlin mit dem Fahrrad."

Michael Nittel / min
Autor:

Michael Nittel aus Reinickendorf

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

2 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
 Ist Ihr Herz gesund? Informieren Sie sich am 20. November über Herzschwäche und wie man sie erkennt und behandelt. | Foto: Caritas-Klinik Maria Heimsuchung

Infos über Herzinsuffizienz
Vortrag: „Herzschwäche erkennen und behandeln“

Die Caritas-Klinik Maria Heimsuchung lädt Sie herzlich zu einem informativen Vortrag am 20. November 2024 von 17 bis 18 Uhr ein. Unter dem Titel „Stärke dein Herz – Herzschwäche erkennen und behandeln“ erfahren Sie Wissenswertes über die frühzeitige Erkennung und moderne Behandlungsmöglichkeiten der Herzinsuffizienz. Dr. med. Philipp Krauser, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie sowie Oberarzt im Caritas Kardiozentrum Berlin, wird in dem Patienteninformationsabend auf die typischen...

  • Pankow
  • 30.10.24
  • 540× gelesen
WirtschaftAnzeige
Tätowierungen sind eine Kunst mit jahrtausendealter Geschichte, die über Jahrhunderte hinweg die Körper der Menschen schmückte. Doch der Beruf des Tätowierers ist nicht nur kreative Arbeit. Es ist ein anspruchsvolles und faszinierendes Handwerk. | Foto: VEAN TATTOO
3 Bilder

VEAN TATTOO
Tätowierer: einer der gefragtesten Berufe unserer Zeit

Tätowierungen sind eine Kunst mit jahrtausendealter Geschichte, die über Jahrhunderte hinweg die Körper der Menschen schmückte. Doch der Beruf des Tätowierers ist nicht nur kreative Arbeit. Es ist ein anspruchsvolles und faszinierendes Handwerk, das nicht nur künstlerische Fähigkeiten, sondern auch ein tiefes Verständnis des gesamten Prozesses erfordert. In diesem Artikel wird VEAN TATTOO Ihnen die Welt der Tätowierkunst näherbringen und erläutern, warum der Beruf des Tätowierers heute zu den...

  • Mitte
  • 28.10.24
  • 649× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen? Erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Infoabend am 12. November
Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen

Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen, die jeden Schritt zur Qual machen oder Ihnen sogar in Ruhe keine Erholung gönnen? Es muss nicht so bleiben! Besuchen Sie unseren Infoabend "Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen: Schonende & komfortable OP-Methode!" und erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen – schonend, effektiv und ohne Angst vor einem Eingriff. Expertenwissen kommt beim Infoabend am 12. November aus erster Hand: Tariq Qodceiah, Chefarzt...

  • Reinickendorf
  • 01.11.24
  • 377× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 501× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.