Erster Lärmblitzer ist im Einsatz
Kennzeichen von zu lauten Autos werden erfasst
Der bundesweit erste „Lärmblitzer“ ist in Betrieb gegangen. Die technische Innovation steht an prominenter Stelle – auf dem Mittelstreifen des Kurfürstendamms, genau gegenüber der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche.
„Das hier ist eine beliebte Strecke für Poser und Raser, somit war der Standort relativ klar“, erklärte Verkehrs- und Umweltsenatorin Manja Schreiner (CDU) bei der Vorstellung des Lärmblitzers. Im Rahmen eines wissenschaftlichen Forschungsprojekts will die Senatsverkehrsverwaltung in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Berlin das Gerät bis Ende Juli testen. Dabei werden die Möglichkeiten einer automatisierten Erfassung sehr lauter Fahrzeuge im Straßenverkehr untersucht.
Der Lärmblitzer zeichnet auf, welche Autos, beziehungsweise ihre Lenker, den meisten Krach beim Vorbeifahren verursachen. Ausgelöst wird das Gerät bei einem Schwellenwert ab 82 Dezibel. Dafür sorgen zwei akustische Module mit je vier Mikrophonen. Eine damit gekoppelte Kamera mit einem 180-Grad-Winkel fotografiert das Umfeld des zu lauten Gefährts und damit auch dessen Kennzeichen. Damit kann dann bei der Zulassungsbehörde nachgefragt werden, um technische Details des erfassten Fahrzeugs zu erfahren. Gesichter und Halterdaten hingegen werden während des Testzeitraums nicht dokumentiert. Wird der Blitzer aktiv, gibt es also noch keine Knöllchen, obwohl unnötige Lärmbelästigung im Straßenverkehr bereits geahndet werden kann. Es fehlen aber genauere Abstufungen.
Rücksichtnahme, Respekt,
Regeln einhalten
Und darum geht es beim Pilotprojekt: herauszufinden, ob ein Auto oder ein Motorrad zugelassen ist und durch zu schnelles Tempo Krach verursacht, oder ob es sich um ein illegal getuntes Fahrzeug handelt, erklärte Manja Schreiner. Käme das Gerät dauerhaft in Betrieb, müssten allerdings die rechtlichen Grundlagen in der Straßenverkehrsordnung geändert werden, um Verstöße ahnden zu können.
Die Ergebnisse des Projekts werden in den neuen Lärmaktionsplan für Berlin einfließen, der im Juli 2024 veröffentlicht werden soll. „Das Thema Verkehrslärm bedeutet für viele Menschen Stress“, sagte Schreiner. „Gerade in einer Großstadt wie Berlin sind Rücksichtnahme, Respekt und das Einhalten der Regeln besonders wichtig.“ Bei der Öffentlichkeitsbeteiligung zum Lärmaktionsplan 2019–2023 gab es mehr als 400 Beschwerden über auffälliges Verhalten von Verkehrsteilnehmern, etwa durch zu starkes Beschleunigen, illegale Rennen, Fahrzeugmanipulationen und Parken in zweiter Reihe.
Der Lärmblitzer kommt aus Frankreich und wurde für 22 000 Euro für den Testzeitraum ausgeliehen. Offiziell trägt er den Namen „Hydre“, entwickelt wurde er von der Firma Viginoiz. Getestet wurde er in Paris und Umgebung, wie Raphael Coulmann von Viginoiz berichtete. „In Paris gab es durchschnittlich 22 zu laute Fahrzeuge täglich, in der Umgebung, auf den Dörfern, manchmal nur fünf, an sonnigen Wochenenden dagegen mehr als 50.“ In Frankreich werde noch auf die Zulassung gewartet, um "Hydre" dauerhaft einsetzen zu können, so Coulmann.
ADAC fordert mehr Polizeipräsenz
Wenig überzeugt vom Projekt zeigte sich der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC). „Die Einrichtung von stationären Lärmblitzern halten wir für wenig erfolgversprechend“, sagte Martin Koller, Verkehrsvorstand vom ADAC Berlin-Brandenburg. Die Standorte würden sich schnell herumsprechen und das Problem eher verlagern als lösen. „Um vorsätzliche Verstöße zu ahnden, braucht es unserer Ansicht nach mehr Kontrollen und Polizeipräsenz, insbesondere an Hot-Spots wie dem Kurfürstendamm“, so Koller weiter.
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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