Rettet die 60er-Jahre-Optik: Denkmalschützer kritisieren U-Bahnhof-Sanierung

Umbau bereits im Gange: Am U-Bahnhof Bismarckstraße blickt man derzeit auf alte Wände und solche, die eine neue Optik erhalten. | Foto: Thomas Schubert
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Charlottenburg. Neue Aufzüge, modernes Mobiliar, frische Formensprache: Die Sanierung an elf U-Bahnhöfen der Linien 7 und 9 bringt die Stationen auf den Stand der Zeit. Aber jetzt warnen Architekturkenner vor einem Gesichtsverlust.

Mut zur Innovation oder Untreue gegen den eigenen Stil? Das ist eine Frage, die Liebhaber der Berliner U-Bahn entzweit. Denn mit 70 Millionen Euro stellt die BVG derzeit an etlichen markanten Stationen an den Großprofil-Linien U7 und U9 Verbesserungen in Sachen Barrierefreiheit her. Doch neben dem Einbau von Aufzügen und zeitgemäßen Ausrüstungsmerkmalen an Haltestellen wie Yorckstraße, Bayerischer Platz, Rathaus Steglitz und Bismarckstraße sollen auch ästhetische Veränderungen Einkehr halten. Und wenn es nach den Architekturwissenschaftlern und Denkmalschützern der vier Berliner Universitäten geht, ist dies ein Fehler.

„Die herausragende gestalterische Qualität der Bahnhöfe wird ohne Not geopfert, die Wiedererkennbarkeit bestimmter U-Bahnlinien und einzelner Streckenabschnitte wird ohne erkennbares, übergreifendes Sanierungskonzept zerschlagen“, beklagen sie in einem offenen Brief.

Kein Sinn für Historie

Bislang habe die BVG bei der Sanierung ihrer ältesten Stationen und Hochbahnabschnitte Sinn für Historie beweisen. Für die nun betroffenen Abschnitte ab 1960 gilt dies nicht mehr.

„Geplant und teilweise realisiert sind die vollkommene Zerstörung der Interieurs der U- Bahnhöfe Friedrich-Wilhelm-Platz und Rathaus Steglitz (U9) sowie Bismarckstraße und Yorckstraße (U7). Weitere Bahnhöfe werden unter weitestgehendem Verlust der baulichen Originalsubstanz radikal umgestaltet, etwa die U-Bahnhöfe Birkenstraße (U9) und Eisenacher Straße (U7). Diesen Kahlschlag betreiben die Berliner Verkehrsbetriebe ohne vorzeitige, umfassende Information der Öffentlichkeit, etwa auf der eigenen Internetseite“, heißt es im Schreiben der Architekturliebhaber.

Ihre Forderung: einen sofortigen Abbruch der jetzigen Planung und die Aufnahme der 60er- und 70er-Jahre-Stationen in die Denkmalliste.

BVG-Sprecherin Petra Reetz wollte sich dazu nicht äußern und verwies darauf, dass Fachleute derzeit an einer Stellungnahme arbeiten – auf eine zweite Nachfrage kurz vor Redaktionsschluss lag sie noch nicht vor.

Auch Bezirkspolitikern ist das kritische Schreiben zugegangen, was in den Fraktionen für Diskussionsstoff sorgt. Denn gerade in Charlottenburg-Wilmersdorf mehren sich Stimmen, die der Nachkriegsarchitektur Denkmalwert verschaffen wollen: Dies gilt zum Beispiel für die Autobahnüberbauung an der Schlangenbader Straße, dass Kongresszentrum ICC und auch für das bedrohte Hotel Kempinski am Kurfürstendamm – in diesem neuesten Fall will nun die CDU-Fraktion Schutz erwirken.

Was den Sanierungsplan der BVG anbelangt, sind die Stationen Halemweg und Bismarckstraße betroffen, wobei die Arbeiten hier schon im Gange sind. tsc

Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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