"Hier muss mehr passieren"
Verlängerte Fußgängerzone hat zu wenig Akzeptanz
Auf der Wilmersdorfer Straße ist die Durchfahrt von der Schillerstraße bis kurz vor der Bismarckstraße seit Mitte Juni verboten. Doch so richtig angekommen ist die verlängerte Fußgängerzone bei vielen noch nicht. Dafür müsste sich auch einiges ändern, sagen der Bezirksverordnete Wolfgang Tillinger und Thomas Bong von der AG Wilmersdorfer Straße.
„Zwei Sitzbänke und drei Pflanzenkübel, das ist zu wenig, das reicht nicht.“ Wolfgang Tillinger hätte sich für die 75 Meter mehr gewünscht. „Auch die Sperre an der Schillerstraße muss weg, sonst merkt ja keiner, dass die Fußgängerzone hier weitergeht.“ Der fast menschenleere Straßenabschnitt gibt ihm recht. In Richtung Bismarckstraße ist auf der Wilmersdorfer kaum jemand unterwegs – jedenfalls nicht mitten auf der Straße. Die Leute laufen auf den Gehwegen. Dass hier seit Wochen Fußgängerzone ist, scheint noch nicht angekommen zu sein. Auch nicht bei den Radfahrern, die verbotenerweise durchrauschen.
Mehr Sitzmöbel, Hochbeete
oder eine Tischtennisplatte
Tillinger, der für die SPD im Bezirksparlament sitzt, hat sich für seine Kritik Verstärkung geholt. Thomas Bong ist beim Vor-Ort-Termin dabei. Der Apotheker spricht für die AG Wilmersdorfer Straße. „Es wird hier ja viel gemacht, keine Frage“, sagt Bong. „Aber es muss mehr passieren, damit die Fußgängerzone angenommen wird.“ Mehr Sitzmöbel zum Beispiel, Hochbeete oder eine Tischtennisplatte. Ein Blumenstand oder ein kleiner Wochenmarkt. „Es sind kleine, machbare Schritte und keine großen Bauarbeiten.“ Bong und Tillinger haben aber noch mehr auszusetzen. Die besagte Sperre samt Fahrradbügeln an der Schillerstraße wollen beide weghaben. Denn die rot-weiße Bake zwingt die Flaneure nach rechts oder links. Vom Bezirksamt offenbar gewollt, da dort zwei Zebrastreifen über die Straße führen. „Wir wollen hier aber den Durchblick in die Wilmersdorfer haben und einen Durchgang in die verlängerte Fußgängerzone“, sagt Bong. Wolfgang Tillinger sieht das genauso. Die zwei getrennten Zebrastreifen sollten daher einem Fußgängerüberweg weichen, der quer über die gesamte Straßenbreite verläuft. “Das ist auch für die Fußgänger sicherer.“
Parkplätze müssen weg
Nächster Kritikpunkt sind die letzten Meter bis zur Bismarckstraße. Dort endet die verlängerte Fußgängerzone kurz vor dem türkischen Supermarkt. „Hier müssen die Parkplätze auch noch weg“, sagt Thomas Bong. Lieferfahrzeuge dürften in einer Fußgängerzone ja halten. Ein Anwohner kommt hinzu. „Ich habe schon 23 Anzeigen beim Ordnungsamt gestellt, weil die Einfahrt hier regelmäßig zugeparkt ist.“ Darko Zimmermann ist sauer, denn schon wieder blockiert ein Auto die Einfahrt. Die Lösung für Wolfgang Tillinger: „Die Wilmersdorfer Straße muss deutlich als Sackgasse gekennzeichnet werden. Damit hier nicht ständig Autos von der Bismarckstraße reinfahren und sich dann stauen, weil sie wenden müssen.“ Ein Sackgassenschild steht dort zwar, das sei aber viel zu klein und werde daher übersehen. Wolfgang Tillinger und seine SPD-Fraktion fordern vom Bezirksamt Nachbesserungen wegen „wesentlicher planerischer Mängel“. Über den Antrag entscheiden die Bezirksverordneten nach der Sommerpause.
Bevor die Fußgängerzone in nördlicher Richtung verlängert wurde, gab es eine zweitägige Testphase. Das war vor knapp drei Jahren. Die autofreie Zone kam damals gut an. Und auch jetzt ist es so. Das bestätigen jedenfalls Umfragen vom Standortmanagement „Wilmersdorfer Straße“. Laut Franziska Hollweg gaben viele Anwohner an, nachts besser schlafen zu können. „Und mehr als die Hälfte fragte nach, warum die Wilmersdorfer nicht komplett zugemacht wird.“
Das könnte möglicherweise passieren, wenn die „Wilmi“ in den kommenden Jahren umgestaltet wird, wie der Bezirk es plant. Fördermittel in Höhe von rund 45 Millionen Euro fließen dafür aus dem Städtebauförderprogramm „Lebendige Zentren und Quartiere“. Der Senat hatte die Wilmersdorfer Straße wie berichtet erst kürzlich neu in das Programm aufgenommen.
Berlin Street Battle am 27. August
Bis es so weit ist, soll die verlängerte Fußgängerzone bespielt werden. So findet anlässlich des Kultursommers am 27. August auf dem Abschnitt das Berlin Street Battle statt, organisiert von der PROBZ GmbH und Kulturprojekte Berlin GmbH. Von 14 bis 20 Uhr zeigen junge Talente, was sie können. Mit dieser Veranstaltung wolle man deutlich machen, so Bürgermeisterin Kirstin Bauch (Grüne), dass der neue Abschnitt der Fußgängerzone ein Experimentierraum für die Stadtgesellschaft sei.
Thomas Bong und die Gewerbetreibenden begrüßen das. So bekomme die verlängerte Fußgängerzone mehr Akzeptanz. „Wir müssen die Leute aber auf jeden Fall mitnehmen.“ Etwa für Grün-Patenschaften. Mit der Targo Bank und dem Einkaufszentrum "Wilma shoppen" seien zwei Paten bereits gefunden, so Bong. „Die übernehmen hier das Gießen.“ Und Thomas Bong hat schon weiße Kreide bestellt, um den breiten Zebrastreifen auf die Schillerstraße zu malen – in einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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