„Am Anfang steht die Sinnfrage“: Thomas Uloth verhilft Mandanten jenseits der 50 zur Selbstständigkeit
Charlottenburg-Wilmersdorf. Wann ist man eigentlich zu alt, um im Beruf seine Träume zu verwirklichen? Thomas Uloth, Berater bei der Firma „Gründer 50 plus“, glaubt daran, dass auch ältere Damen und Herren sich noch zu fähigen Unternehmern eignen.
Im Gespräch mit Reporter Thomas Schubert sprach der 59-Jährige über die hohe Kunst der Motivation, Branchen, in denen man selbst im Rentenalter noch bestehen kann, und die eigene Herzenssache als Kraftquelle.
Wie kamen Sie dazu, Menschen im fortgeschrittenen Alter den Weg in die berufliche Selbstständigkeit zu weisen?
Thomas Uloth: 1991 begab es sich, dass ein Beratungsunternehmen auf mich zukam, weil es feststellte, dass ich die Sprache der Ingenieure und die Sprache der Kaufleute verstehe. Solche Dolmetscher gibt es nicht oft, sind aber im Beratungsbereich sehr gefragt. Nach der Wende war der Bedarf an Existenzgründungsberatung besonders hoch. Also wurde ich hier tätig. Im Jahre 2000 zog es mich als Projektmanager nach Berlin. Und zufällig lernte ich eine Reihe von Menschen kennen, die von ihren Unternehmen freigesetzt wurden, viele im fortgeschrittenen Alter. Alle fragten sich: War es das jetzt? Bin ich zu alt für einen Job? Gleichzeitig knüpfte ich Kontakt zum Netzwerk „Gründer 50plus“, das Arbeitslosen zeigt, dass es Wege gibt, sich sinnstiftend zu betätigen. Seit 2015 bin ich nun Kooperationspartner bei „Gründer 50plus“.
Warum sollte man sich jenseits der 50 selbstständig machen?
Thomas Uloth: Es geht darum, dass sich Menschen endlich ihren Traum erfüllen. Es gibt genügend Beschäftigte, die immer nur eintönig gearbeitet haben, aber mit dem Herzen nicht bei der Sache waren. Der Kopf von Gründer 50plus, der Sozialwirtschaftler Ralf Sange, hat wirksame Methoden zusammengestellt, um das nötige Wissen und Fähigkeiten für die Selbstständigkeit zu vermitteln. Was wir dabei leisten, ist nicht mehr eine klassische Existenzgründerberatung mit dem Hauptinhalt, einen Businessplan zu schreiben, um von der Bank einen Kredit zu bekommen. Wir stellen das ganz ans Ende. Am Anfang kommt vielmehr die Sinnfrage: Was macht dich glücklich, was begeistert dich? Aus der Antwort lassen sich Ideen gebären, wie man mit dem eigenen Glück für andere Nutzen stiftet. Und daraus ergibt sich für den Gründer dann ein Geschäftsmodell.
Mit welchen Schwierigkeiten haben ältere Gründer zu kämpfen?
Thomas Uloth: Die Schwierigkeiten entstehen meistens im eigenen Kopf. Überzeugungen, die man von sich hat, können behindernd wirken. Aber auch als Antrieb. „Ja, ich bin glücklich, wenn ich das tun darf!“ Diese Worte kommen nur auf, wenn das Selbstvertrauen stark genug ist. Ein Gründer sollte sich nicht als Opfer fühlen, sondern als Schmied seines eigenen Glücks. Im Kopf anfangen ist das Schwierigste. Am Anfang braucht man oft nicht einmal Geld, sondern positive Überzeugungen.
Welche Geschäftsfelder eignen sich für ältere Gründer am ehesten?
Thomas Uloth: Im Prinzip gibt es keine Einschränkungen. Klassiker sind jedoch Berufe im sozialen Bereich. Die zweite große Berufsgruppe hat Bezug zur Natur. Es gibt Menschen mit der Erfahrung, dass sie in Forst und Landwirtschaft nicht genug verdienen können, aber die frische Luft und die Natur über alles lieben. Erziehung und Pflege von Menschen und Hege der Natur sind in unserem Kulturkreis nicht sonderlich gut bezahlt; es fehlt uns an genügender Wertschätzung. Also geht es darum, dass Gründer Kunden davon überzeugen lernen, dass es sich lohnt, dass das Gute, was von Herzen kommt, seinen Preis hat.
Können Sie uns ein Beispiel nennen für eine besonders erfolgreiche Gründung?
Thomas Uloth: Ich habe einen Mandanten, der keine Ausbildung als Schlosser hat, aber den Umgang mit Metall liebt. Und er brutzelt Metallstücke auch nicht irgendwie zusammen, sondern gestaltet sie künstlerisch. Er nennt sich Metallgestalter, beliefert Künstler mit Rüstzeug, das ihnen wiederum bei ihren artistischen Darbietungen hilft. Das sind Ausrüstungsgegenstände, die sogar in Varietés und Zirkusaufführungen zum Einsatz kommen.
Müssen Mandanten die Beratung selbst bezahlen?
Thomas Uloth: Das Jobcenter hilf überall dort, wo Menschen ihr wirtschaftliches Leben in die eigene Hand nehmen wollen. Und es vergibt Bildungsgutscheine und Fördergelder, mit denen sich unsere Angebote buchen lassen. Damit ist oft ein weicher Start in die Selbstständigkeit gegeben.
Gibt es eine Altersgrenze, ab der Sie jemandem abraten würden, sich selbstständig zu machen?
Thomas Uloth: Neulich kam im Fernsehen ein Bericht über zwei 80-Jährige, die in Dresden ein Restaurant eröffnet haben. Sie sind so gut gebucht, dass Gäste nur noch mit einer Reservierung aufgetischt bekommen. Ein Beitrag, den ich mit Genuss verfolgt habe. Es zeigt, wie wichtig es ist, dass man für sein Thema wirklich brennt. Das heißt: Es gibt keine Altersbeschränkung für Selbstständige. Ich kann für meine eigenen Herzensanliegen auch jenseits der 80 noch ein Feuer entfachen.
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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