Anekdoten aus 50 Jahren: Buch zum Europa-Center erschienen
Höhe: 103 Meter. Anzahl der Besucher seit Eröffnung im Jahre 1965: 550 Millionen. Anzahl der Briefkästen: null. Kein Wunder, dass Wolfgang Giese-Miezal so viel Arbeit hat. Tagtäglich stiefelt er von Büro zu Büro, von Geschäft zu Geschäft. In Turnschuhen und tadelloser Postbotenuniform steht er nun da, im obersten Stock des ihm zugewiesenen Shoppingcenters. Er, der Dienstfertige, zwischen Musikern, Entertainern, Managern. Zur Buchpremiere von "Berlins Weg in die Wolken" sind Geschichtenlieferanten erschienen - so verschieden, wie die Besucherschaft der ersten Mall Berlins. Es sind nur einige Hauptdarsteller des Werks über die Historie des Europa-Centers, voller bisher unveröffentlichter Bilder, aus der Feder von Ex-Ärzte-Bassist Hagen Liebing.
Im 20. Stock, hoch über den allermeisten Dächern der City West, begrüßt Center-Manager Uwe Timm also Weggefährten eines Hauses "im ernstzunehmenden, aber nicht bedenklichen Alter". Da spricht Ivan Krusnik, der als Architekt in den frühen Jahren noch sowjetische MiGs feindselig über den Mercedes-Stern donnern hörte. Da witzelt Comedian Hans-Werner Olm über seine Versuche, bei Damen zu landen, indem er ihnen als schlechter Schlittschuhläufer vor die Kufen glitschte. Ulli Zelle, das Gesicht des RBB, erzählt von seinen Anfängen bei einer Werbeagentur just in diesem Hause - unter einem Chef, der sein bis dato verkanntes Talent entdeckte und ihn spaßeshalber einlud, nackte Thermen-Gäste auf einem Dachpool zu begaffen. Schließlich schwärmt DJ Mijk van Dijk vom traditionsreichen Japan-Restaurant, in dem er mit Loveparade-Gästen aus Fernost stilecht speisen konnte.
Was soll da ein Postbote noch Spannendes beitragen? Zum Beispiel die Story mit den Elefanten. Vor 20 Jahren, also zum 30. Geburtstag des Centers, begab es sich, dass ein Grüppchen Dickhäuter an Ort und Stelle ein Ständchen blies. So sehr zu Erheiterung von Wolfgang Giese-Miezal, dass er beim Zustellen kurz innehielt - und ein Malheur beobachtete: "Einer der Elefanten war derart ergriffen, dass der Reinigungsdienst danach gut zu tun hatte." Wegen solch besonderer und vieler alltäglicher Liebenswürdigkeiten nimmt er dem Center seine Briefkastenarmut nicht krumm. "Sie können mir glauben", sagt er in die Runde der namhaften Gäste, mit einem Ausdruck von Pflichtschuldigkeit und Glück. "Ich gehe wirklich gern zur Arbeit."
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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