Das Kartenhaus: Geschäft Schropp feiert 275-jähriges Bestehen
Charlottenburg. Wie ist es nur gebührend zu feiern, wenn das eigene Ladengeschäft den 275. Geburtstag feiert? Vorlagen gibt es doch bei einer derart langen Tradition kaum. Regine Kiepert jedenfalls hat das außergewöhnliche Jubiläum ihres Unternehmens Schropp so gestaltet, wie sie es auch führt – kreativ und ganz nach eigener Fasson.
Wer in Berlin ist und eine Landkarte braucht, der geht zu Schropp. Punkt! Dieses Bewusstsein hat sich in den Köpfen von Generationen aus vier Jahrhunderten wie Erbgut übertragen. In den Anfängen ohnehin alleine auf dem Markt, konservierte das von Simon Schropp 1742 gegründete Unternehmen das Alleinstellungsmerkmal „Landkarten-Handel“ eine gefühlte Ewigkeit. „Keine Buchhandlung hatte eine Reiseführerabteilung, keine Tankstelle bot Karten an“, sagt Regine Kiepert.
Als Tochter einer Buchhandelsfamilie war ihr die berufliche Laufbahn in die Wiege gelegt. „Den Beruf zu lernen war Pflicht“, sagt sie. Während des Geografie-Studiums erwarb sie dann die „Simon Schropp Comp.“, die damals noch in der Potsdamer Straße stand. „Ich habe erst mitgearbeitet und irgendwann in den 1980er Jahren das Geschäft gänzlich übernommen“, sagt sie.
Die Nachwendezeit war am umsatzstärksten
Mit der Wende blühte das gehörig auf. „Die Ostdeutschen schrien nach Reiseführern für den Rest der Welt, die Westdeutschen nach Landkarten von der Umgebung Berlins“, erinnert Regine Kiepert sich. „Eine irre Zeit – und die umsatzstärkste auch.“ Wie durch Zufall passte sogar der Werbeslogan „Der Anfang aller Reisen“ perfekt zur Goldgräberstimmung.
Im Laufe der Geschichte changierte der Name des Landkartenhandels von „Simon Schropp Comp.“ über „Schroppsche Landkarten Anstalt“ bis zum heutigen „Schropp Land & Karte GmbH“. Nach drei Umzügen, bedingt durch die Explosion der Mieten nach der Wende, fand Regine Kiepert schließlich im Jahr 2008 in der Hardenbergstraße 9a wieder eine beständige Adresse.
Globen sind mittlerweile Einrichtungsgegenstände
Dass Produkte aus dem Hause Schropp noch immer en vogue sind, hat auch mit dem sehr findigen Wirken der heutigen Geschäftsführerin zu tun. Denn einfach war die jüngere Vergangenheit nicht. „Heutzutage gibt es Konkurrenz an jeder Ecke, dazu kommt das große Online-Versandhaus“, sagt Kiepert. Als Glücksgriff erwies sich die Erweiterung ihres Sortiments aus Landkarten, Reiseführern und Atlanten um Globen aller Art. „Das sind ja nicht nur Weltkarten, sondern auch Einrichtungsgegenstände. Mittlerweile machen sie einen wesentlichen Anteil unseres Umsatzes aus.“ Dazu haben sich Kiepert und ihr Team auf außergewöhnliche Reiseführer spezialisiert. „Wir gucken, aus welchen Ländern oder Regionen es noch keine gibt und dann bemühen wir uns in den jeweiligen Ländern darum“, sagt sie. Also kann man bei Schropps auch exotische Wanderkarten aus Griechenland, Sardinien, Georgien oder Albanien bekommen.
Eine strenge Warenwirtschaftskontrolle und pfiffige Werbeideen führten zu ihrer heutigen Aussage: „Uns geht’s gut.“ Gerade ist ein neuer Kino-Trailer fertig geworden und manchmal fährt sie mit dem kleinen, dreirädrigen Lieferwagen, der einen beleuchteten Globus auf dem Dach hat, durch die Berliner Nacht. „Ist zwar pillepalle, aber man muss sich ja auch ab und an eine Freude machen“, sagt sie und lacht.
Kein U-Bahnnetz in Venedig?
Regine Kiepert macht ihr Job immer noch großen Spaß. „Ich wünsche mir, dass es noch zehn weitere Jahre so gut läuft und dass uns der Vermieter gewogen bleibt“, sagt sie. Eine nette Anekdote hat sie natürlich auch am Start: „Einmal hat sich ein Kunde beschwert, warum denn in seiner Karte von Venedig kein U-Bahn-Netz eingezeichnet wäre. Das sei doch schließlich immer so.“
Und sollte ein weiteres Berliner Unternehmen einmal sein 275-jähriges Bestehen feiern können, hat es jetzt zumindest eine Vorbild für die Bewirtung der Jubiläumsgäste: Häppchen aus vier verschiedenen Jahrhunderten – vom Ersatzleberwurst-Brot bis hin zum Mokka-Dessert. maz
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
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