"Wir haben bei Null angefangen"
Frühchenabteilung der DRK Kliniken Berlin Westend wird 25
Seit 25 Jahren gibt es die Neonatologie in den DRK Kliniken Berlin Westend. Jedes Jahr werden dort 150 Frühchen geboren und versorgt. Manche wiegen weniger als 1,5 Kilogramm.
Mit einer Station für Frühchen und und kranke Neugeborene betraten Ärzte, Kinderkrankenschwestern und Hebammen vor 25 Jahren absolutes Neuland. Es gab keine Wochenbettstation, keinen Kreißsaal, keine medizinische Ausstattung für Frühgeborene. „Wir haben bei Null angefangen, mussten alles neu kaufen und einrichten“, erinnert sich Abteilungsleiterin Sylke Nicolai. Die 56-Jährige leitet die Station seit ihren Anfängen pflegerisch. Doch das Team ließ sich nicht entmutigen, bot so ein Neuanfang doch auch Gestaltungsspielräume wie etwa ein familienorientiertes Versorgungskonzept als zentrale Idee. Das war 1995 keine Selbstverständlichkeit.
„Also haben wir uns im Team zusammengesetzt, Ideen entwickelt und genaue Absprachen getroffen“, sagt Sylke Nicolai. „Was brauchen wir, welche Geräte, welche Katheter, welche Inkubatoren?“. Schwestern, die aus anderen Abteilungen der DRK Kliniken Westend kamen, mussten angelernt und interne Abläufe etabliert werden. Mit der Zeit wuchs das Team aus Ärzten und Ärztinnen, Kinderkrankenschwestern und Hebammen eng zusammen und machte die erste und bis heute einzige Neonatologie der DRK Kliniken Berlin zu einem Kompetenzzentrum für Frühgeborene und ihre Familien.
Manchmal nur 1500 Gramm
Heute versorgen 35 Vollzeitkräfte, ausgebildet in der pädiatrischen Intensivpflege und Neonatologie, 22 Ärztinnen und Ärzte, Stillberater, Psychologen und Physiotherapeuten rund 150 Frühgeborene pro Jahr. „Etwa 30 von ihnen wiegen weniger als 1500 Gramm“, sagt Oberärztin Annette Münch.
Die Neugeborenen werden auf der Station aber nicht nur medizinisch versorgt und gepflegt. Das Team arbeitet auch eng mit der Geburtshilfe, der Neuropädiatrie, der Kinderkardiologie, den Kinderchirurgen und Kinderurologen des Kinderurologiezentrums Westend zusammen – im Sinne der Familien. Denn: „Die psychosozialen Belastungen für die Familien, die durch früh geborene Kinder entstehen, sind immens und müssen für einen guten Therapieerfolg mit einbezogen werden“, betont Georg Weikert, zweiter Oberarzt der Neonatologie. „Werden Eltern von der Geburt zu früh überrascht, brauchen sie mehr Zeit, um eine Bindung zu ihrem Kind aufzubauen.“
Christina Höfer-Heidenreich weiß das ganz genau, denn sie arbeitet als psychosoziale Elternbegleiterin und Kinderkrankenschwester auf der Station. „Frühchen-Eltern sind nicht immer unbeschwert, sie haben oft Schuldgefühle und brauchen ein neues Gefühl von Kompetenz. Wir unterstützen sie dabei.“ Und das gilt nicht nur für Mütter, sondern auch für Väter, denn die seien oft vielfach belastet, so Christina Höfer-Heidenreich. „Sie sorgen sich um ihre Frau, um ihr Kind, versorgen möglicherweise weitere Familienmitglieder und müssen meist noch parallel ihrer Arbeit nachkommen.“
Betreuung rund um die Uhr
Als Frühgeborene bezeichnet man Babys, die vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren werden. Ihre Organsysteme sind noch unreif, was zu Problemen von Lunge, Herz, Gehirn und Darm führen kann. Entscheidend ist darum eine rasche und intensive Rund-um-die-Uhr-Betreuung und Behandlung. Dabei gilt jedoch auch: so viel wie nötig, so wenig wie möglich. Wie lange ein Frühgeborenes in der Neonatologie behandelt werden muss, hängt von der Geburtswoche ab. „Die meisten können mit der korrigierten 37 Schwangerschaftswoche nach Hause gehen“, sagt Christina Höfer-Heidenreich.
Die Eltern werden so früh wie möglich in die Pflege ihrer Kinder einbezogen, auch wenn sie noch sehr klein oder krank sind. Sie werden zuerst angeleitet und können später die Pflege selbstständig übernehmen. „Wir wollen die Kinder und Eltern professionell begleiten, damit sie am Ende gut und sicher nach Hause gehen können.“ Kompetent im Umgang mit ihrem Kind und mit enger Bindung.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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