Supermarkt für Start-up-Produkte eröffnet
In den Wilmersdorfer Arcaden hat kürzlich ein Testmarkt für Produkte von Start-ups eröffnet. Die Idee stammt von Ola Klöckner, selbst junge Unternehmerin und nun eben auch Verkäuferin.
Gebrannte Kinder scheuen offenbar doch nicht immer das Feuer. Ola Klöckner, 32 Jahre alt, hat sich lieber aufgemacht, es zu löschen. Von vorne: Schulfreundin Franziska Schetter stand eines Tages vor der Tür ihrer Werbe- und Grafikdesign-Agentur. Schetter hatte es satt, von den üblichen Energy-Drinks im Kühlregal Herzrasen zu bekommen, auch sonst vertrug sie die mit künstlichem Koffein versetzten Hallo-Wach-Brausen nicht. Ihr Geistesblitz: Es müsste eine Limonade mit natürlichen belebenden Substanzen geben. Wie wäre es denn mit Matcha als Basis: gemahlener Grüntee aus Japan, der traditionell den Mönchen dabei half, länger zu meditieren? Bezüglich des Marketings dachte Schetter sofort an Klöckner. Mit der Rezeptur wurde der gemeinsame Kumpel Christoph Kumpf, seines Zeichens Brauingenieur, betraut. Das Produkt "Matcha you" war fertig, die Firma Liquid Matter GmbH gegründet. Nun galt es, einen Investor für die Produktion und einen Abfüllbetrieb für kleinere Mengen zu finden sowie das Erzeugnis in die Regale des Einzelhandels zu bringen. Ein halbes Jahr lang mühten sich Klöckner und Schetter, ohne recht voranzukommen. Sie klopften an falsche Türen und an richtige, die aber nicht aufgingen. Sie stellten fest, dass Stress im Handel herrscht und deshalb dort die Zeit fehlt, Experimente zu machen. "Ich habe mir dann gedacht: Das muss doch unkomplizierter gehen", sagt Klöckner.
Der Zufall ebnete den Weg zum Testmarkt der Wilmersdorfer Arcaden. "Ein befreundeter Künstler, der für das Kunstprojekt Artcaden am Werk ist, wollte einen kleinen Stand mit unserer Limonade dazu nehmen. So habe ich von der freien Ladenfläche erfahren. Erst zwei Tage zuvor hatte ich die Idee für den Markt."
Eröffnet hat Klöckner am 17. März und seitdem hat die Start-up-Metropole Berlin auch ihren ersten eigenen Start-up-Supermarkt. 30 junge Unternehmen nutzen die Gelegenheit, frei von Bürokratie ihre 150 innovativen Produkte der Öffentlichkeit zu präsentieren und zu verkaufen. Der umweltfreundliche Rohrreiniger – kurioserweise ein größerer Zahnstocher – steht neben gewöhnungsbedürftigen Grillen mit verschiedenen Aromen; ein Schlaftrunk neben Klöckners & Schetters Wachmacher. Einen Fan hat Klöckner in Centermanagerin Viola Molzen: „Wir sind sehr beeindruckt von der Idee des Testmarktes und freuen uns auf die innovativen Produkte und Ideen der Start-ups.“
Der Andrang am Eröffnungswochenende sei hoch gewesen, sagt Klöckner, doch auch später noch sind die gut 100 Quadratmeter ihres Ladens gut besucht. Mit dem reinen Abverkauf und dem Bekanntmachen der Produkte endet das visionäre Konzept der Marketingspezialistin aber nicht. Mehrwert erhalten die Start-ups mit der professionellen Marktforschung, die Klöckner in Zusammenarbeit mit dem Berliner Institut für Innovationsforschung betreibt und damit den kleinen Unternehmen Test- und Analysemethoden anbietet, die sie sonst nur schwer finanzieren könnten. Kunden geben anonym kleine Zettelchen ab mit Wertungen, wie: "Würde ich kaufen", "Kenne ich schon", "Würde ich verschenken" oder "Interessiert mich nicht". Die Meinungen werden gesammelt und können dem Start-up nützliche Argumentationshilfe bei der weiteren Vermarktung, der Gewinnung von Investoren oder der Beantragung eines Kredits sein.
Gibt es in Ihrem Kiez auch eine Neueröffnung? Dann können Sie uns per E-Mail informieren: leser@berliner-woche.de.
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
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