Wirtschaftsförderung testet taiwanesischen Tee und preisgekrönte Pralinen
Charlottenburg-Wilmersdorf. Zu viel Hektik? Zwei Spezialgeschäfte in der City West machen Schluss mit Alltagsstress. Nun besuchte die Wirtschaftsförderung das Teelokal „Chentee“ und die „Confiserie Mélanie“ – und traf hier keine geringere als die deutsche Schokoladenmeisterin.
Nicht gleich schlucken – erst riechen! Langsam führt Karl Tappe einen feinen, weißen Kolben an die Nase, schwenkt das Gefäß, vertieft sich in die Abfolge von Aromen. Dann stülpt er ein Schälchen über den dampfenden Kolben, kippt beides um 180 Grad. Und erst jetzt darf der goldgelbe Tee aus dem Schälchen über die Lippen zum Gaumen fließen. Teezeremonie bei „Chentee“ in der Uhlandstraße.
Auch Kenner des Heißgetränks wie Bürgermeister Reinhard Naumann haben hier zu lernen. Das fängt beim Tempo an und hört bei der Genussreihenfolge auf. Zweienhalb bis sechs Stunden sollte die Einkehr dauern, wenn man den Lehren bei „Chentee“ Glauben schenkt.
Tradition präsentiert
An einem mächtigen Tisch mit faustdicker Platte präsentiert Inhaber Karl Tappe mit seiner Frau Mila Chen nicht nur die Eigenarten der taiwanesischen Teetradition. Er betreibt einen Platz für Zusammenkünfte von fernöstlichen Gästen und solchen, die an der Spree heimisch sind. „Tee ist ein Medium“, betont Tappe, während er der Delegation der Wirtschaftsförderung verschiedene Spezialitäten zum Probieren gibt.
„Eigentlich wollte ich es erst mit einem Antiquitätenladen versuchen“, sagt der Sinologe, der lange Jahre in Taiwan lebte, bevor er mit seiner Familie zurück nach Deutschland kam. „Aber dann wollte ich etwas Lebendigeres. Der Tee, das habe ich gelernt, öffnet die Menschen.“ Derweil ergründet Naumann die Nuancen eines weiteren Getränks, schwenkt den Kolben vor der Nase. „Fast wie ein Parfum“, befindet er. Und kostet wieder. Wulongtees liegen in der Mitte zwischen den komplett oxidierten Schwarztees und und den überhaupt nicht oxidierten grünen. Die Mitte finden, darum geht es auch in fernöstlichen Philosophie – und bei „Chentee“.
Detailverliebtheit beeindruckt
Nach dieser kleinen Erleuchtung will der Weg ins Abendland erst einmal gefunden sein. Er führt nach Norden in die Grolmanstraße, wo Sabine Dubenkropp ihrem Schoko-Atelier entsteigt. Hier fertigt und verkauft sie in der „Confiserie Mélanie“ 90 Pralinensorten. Die besten des Landes – meinen jedenfalls Juroren. Als „German Chocolate Master 2015/2016“ vertrat Dubenkropp Deutschland zuletzt bei der Schokoladenweltmeisterschaft in Paris.
Jetzt will es der Bürgermeister genau wissen. Wie kommt man denn so weit in solch einer Disziplin? „Die einen machen Schokoladenblüten aus fünf Teilen“, erklärt die gelernte Köchin. „Bei mir hatten sie 80.“ Detailverliebtheit beeindruckt. Doch nirgends wird die Versessenheit auf Verfeinerung so deutlich wie bei der Pralinenfüllung. Gesalzene Erdnuss, Yuzu, Rosmarin, „Orange hoch drei“, das sind die meist verlangten Sorten in diesem Sommer. Selbst nach Japan lassen sich Kakaoliebhaber Kreationen kommen. Dort entdeckt man anno 2016 neue Traditionen wie den Valentinstag – und Charlottenburger Schokolade. „Man findet mich dort in den Empfehlungen von Bloggern“, verweist sie auf Freunde in der Ferne.
Daheim in der City West hat sich der hohe Rang der Pralinenkünstlerin hingegen noch nicht so weit herumgesprochen, wie man meinen könnte. Noch immer bleibt Dubenkropp dem alten Namen des Geschäfts verbunden, dessen Gründerin Mélanie früher in der Goethestraße die Geschicke führte. Nun ist man in der Grolmanstraße Mieter der Degewo, hat Platz für den Cafébetrieb und schielt auf Kundschaft von Ku'damm und Kantstraße.
„Es macht Spaß, im Besonderen die Qualität von etwas zu vermitteln, was es in jedem Laden gibt“, stellt sich die Schokoschöpferin dem Markt. Woran man eine wirklich gelungene Praline erkennt? Am Verzicht auf künstliche Aromen. Und am Boden: Die wahrhaft handgemachten Schokokugeln sind nicht an einer Stelle platt (vom Einsatz der Maschine), sondern rund. tsc
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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