Keine Studenten in den Gerichtshöfen
Mediationsverfahren zwischen Gesobau, Künstlern und Gewerbetreibenden ergebnislos
Nach Protesten der Künstler und Gewerbetreibenden gegen die Pläne der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft Gesobau, die Gerichtshöfe zu einem Wohnort für Studenten zu machen, hat die Gesobau ihre Pläne jetzt begraben. Sicherheit für die Künstler bedeutet das noch lange nicht.
Die sechs Gewerbehöfe zwischen Wiesen- und Gerichtstraße sind über 100 Jahre alt und eine der wenigen noch erhaltenen Anlagen mit der Berliner Mischung aus Wohnen an den Straßenseiten und Fabriken dazwischen. Die Gesobau als Eigentümer wollte die Gerichtshöfe zu einem Standort für „studentisches Wohnen und kreatives Arbeiten“ umbauen. Eine Machbarkeitsstudie hatte im Jahre 2015 Künstler und Gewerbetreibende auf die Barrikaden gebracht. Die etwa 70 Künstler, die seit 1983 günstige Ateliers in den Fabriketagen haben, und die Gewerbetreibenden mit rund 140 Mitarbeitern fürchteten um ihre Existenz. Wohnungen und lautes Gewerbe nebeneinander, das kann nicht gutgehen.
Nach Protesten stoppte die Gesobau im November 2016 die Sanierungs- und Umbauplanungen. Das Projekt wurde auf Eis gelegt und um zwei Jahre verschoben. In einem Mediationsverfahren zwischen Künstlern und Gewebetreibenden wollte die Gesobau ausloten, was möglich ist. Ende 2018 hat der Aufsichtsrat die Mediation für beendet erklärt, weil „trotz großer Zugeständnisse der Gesobau kein Konsens erzielt werden konnte“, so Gesobau-Sprecherin Birte Jessen.
150 Appartements geplant
Ursprünglich geplant waren 150 Studentenappartements in den Fabriketagen und in einem Neubau, der im zweiten und dritten Hof an die Stelle des im Krieg zerstörten Gebäudeteils entstehen sollte. „Neue Studentenwohnungen werden nun leider nicht entstehen“, sagt Jessen. Knackpunkt in der Mediation war ein Lärmschutzgutachten, das die Künstler und Gewerbetreibenden als Gefahr für ihre Existenz sahen. Birgit Bayer-Weiland, die als Malerin ein 80 Quadratmeter großes Atelier hat, spricht von „hohen Lärmschutzauflagen“ und einem „kaum lösbaren Konflikt von lärmintensiver gewerblicher Produktion“. Dazu würden auch die Ateliers zählen, in denen Künstler auch am späten Abend arbeiten und Krach machen beim Hämmern oder Schleifen. Die Vorsitzende des Vereins „Kunst in den Gerichtshöfen“ und Sprecherin der Netzwerkgruppe freut sich, dass „sich die Gesobau für den Erhalt des Bestandes entschieden hat“. Als Kompromiss hatte die Netzwerkgruppe in der Mediation dem Neubau für ein Studentenwohnhaus im Hof zugestimmt. Doch der kommt nun auch nicht. Die Gesobau hat entschieden, erstmal „die dringend erforderliche Modernisierung und Instandsetzung der Wohnhäuser in der Gerichtstraße 12/13 und in der Wiesenstraße 62 in den nächsten zwei Jahren vorzubereiten und ab 2020 durchzuführen“, so Birte Jessen. Die Häuser mit 81 Mietwohnungen verfügen teilweise noch über Ofenheizung und sollen vom Dach bis zum Keller saniert werden.
Mit der Abkehr von den Studentenwohnungsplänen ist die Existenz der Tischlerei, des Autoschlossers, des Geigenbauers, der Waffelfabrik, der türkischen Bäckerei und weiterer Betriebe noch nicht gesichert. „Alle Künstler und Gewerbemieter erhalten weiterhin Verträge mit einer Laufzeit von maximal zwei Jahren. Aktuell ausgelaufene Verträge wurden bereits um ein weiteres Jahr verlängert“, sagt die Gesobau-Sprecherin.
BVV plädiert für unstrittigen Neubau
„Wir können so keine Projekte planen und die Gewerbebetriebe können nicht investieren“, ärgert sich Birgit Bayer-Weiland über den weiteren Schwebezustand. Sie fordert „zur Sicherung und Weiterentwicklung des Standortes eine langfristige Vermietung auf die nächsten 15 bis 20 Jahre“. Die BVV hat im Januar beschlossen, dass die Gesobau „nach Beendigung des Mediationsverfahrens den begonnenen Diskussionsprozess zeitnah weiterführen soll“. In dem Beschluss von Ende Januar fordern die Verordneten ebenfalls „langfristige gewerbliche Vermietungen zu kostendeckenden und bezahlbaren Mieten“. Dass nun gar keine einzige Studentenwohnung entstehen soll, will die BVV aber auch nicht. Sie plädiert für den unstrittigen Neubau auf dem Hof.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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