Gesundbrunnen: Gericht stoppt Abriss auf Kulturhof
Spatzen retten "Kolonie 10"

Anwohner und Naturschützer kämpfen für den Erhalt des denkmalwürdigen Ensembles. | Foto: Kulturhof Kolonie 10
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  • Anwohner und Naturschützer kämpfen für den Erhalt des denkmalwürdigen Ensembles.
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Passer domesticus rettet den „Kulturhof Kolonie 10“ im Soldiner Kiez. Wegen des Haussperlings hat das Verwaltungsgericht die Abrissarbeiten vorerst gestoppt.

Seit Jahren herrscht Streit um den historischen „Kulturhof Kolonie 10“. Ein privater Investor aus München will dort teure Mikroapartments bauen. Künstler, Anwohner, Naturschützer und Bezirksverordnete kämpfen für den Erhalt des denkmalwürdigen Bauensembles an der Koloniestraße. Nun hilft die Natur selbst mit: Zum Schutz von Spatzen darf der Eigentümer die umstrittenen Abrissarbeiten der Remisen vorerst nicht fortsetzen. Das hat das Berliner Verwaltungsgericht in einem Eilverfahren auf Eilantrag der NaturFreunde Berlin entschieden.

Abgerissen werden sollen Remisen und ein Trakt mit Garagen und Werkstätten. Die Gebäude sind teils mit Efeu berankt und der Remisenhof mit Ligusterhecken begrünt, führt das Gericht an. An einigen Garagen seien künstliche Niststätten für Vögel angebracht. Würden die Abrissarbeiten fortgesetzt und die Vegetation beseitigt, bestehe die konkrete Gefahr, dass die „Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Spatzen geschädigt oder gestört würden.“ Es sei sehr wahrscheinlich, dass die Vögel vergrämt und ihre Nistplätze darum aufgeben würden, begründet das Gericht seinen Beschluss. Es gebe kein verbindliches und hinreichend konkretes Ausgleichskonzept, das die drohenden Verstöße gegen den Artenschutz kompensieren könnte, heißt es weiter. Ähnlich entschied das Verwaltungsgericht auch im Fall der Abrissarbeiten rund um den Jahn-Sportpark in Prenzlauer Berg.
Das Urteil im Fall der „Kolonie 10“ ist aber auch hier nicht endgültig. Denn der Eigentümer kann  Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einlegen.

Die „Kolonie 10“ ist seit Jahrzehnten ein lebendiger Treffpunkt im Kiez. Der historische Remisenhof aus dem 19. Jahrhundert diente lange Zeit als Atelier- und Werkstättenensemble, in dem Kunstschaffende und Handwerker arbeiteten. Doch inzwischen ist die Zukunft des Hofes ungewiss. Seitdem ein Immobilieninvestor aus München das Gelände 2016 erworben hat, drohte der Abriss zugunsten eines Neubaus mit 120 Studenten-Mikroapartments. Schon 2018 mussten erste Nutzer ihre Räume dort verlassen. Trotz Milieuschutz und Protesten ging es mit der Verdrängung weiter. Im Juni 2024 entschied dann das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, dass der Milieuschutz weiterhin gilt. Das Bezirksamt hatte dem Investor zuvor den Abriss der bewohnten Remisen nicht genehmigt. Denn wegen des Milieuschutzes ist ein Wohngebiet besonders geschützt, Wohnraum darf nicht „vernichtet“ werden. Der Investor klagte gegen das Abrissverbot, scheiterte aber vor Gericht. Trotzdem gingen die Abrissarbeiten Anfang dieses Jahres weiter. Anwohner alarmierten daraufhin die Polizei und das Bezirksamt, woraufhin die Arbeiten kurzfristig gestoppt wurden. Wenige Tage später kam es jedoch zu einem weiteren Teilabriss des Remisenhofes. Anwohner protestierten lautstark vor der „Kolonie 10“. Vertreter von Umweltverbänden, Parteien und Initiativen betonten vor Ort die Bedeutung des Hofes für den Kiez. BVV-Fraktionen wie die Linken und Grünen bezeichneten den Abriss als Angriff auf die Nachbarschaft und fordern, den Kulturhof dauerhaft unter Schutz zu stellen.

Wie es nun mit dem Gelände weitergeht, hängt von den kommenden juristischen Entscheidungen ab. Die NaturFreunde Berlin und das Berliner Bündnis Naturschutz (BBNS) haben angekündigt, die Entwicklung rund um die „Kolonie 10“ auch künftig begleiten und sich für den Erhalt wertvoller Stadtnatur in Berlin einsetzen zu wollen.

Anwohner und Naturschützer kämpfen für den Erhalt des denkmalwürdigen Ensembles. | Foto: Kulturhof Kolonie 10
Abrissarbeiten trotz Milieuschutz und Protesten.  | Foto: Kulturhof Kolonie 10
Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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