Flüchtlinge und Schauspieler
Bezirksamt beschließt Zwischennutzungskonzept für das Haus der Volksbildung

Das frühere Haus der Volksbildung in der Badstraße 10 mit der denkmalgeschützten Fassade steht bis auf das Erdgeschoss, in dem der Jugendclub ist, leer. | Foto: Dirk Jericho
  • Das frühere Haus der Volksbildung in der Badstraße 10 mit der denkmalgeschützten Fassade steht bis auf das Erdgeschoss, in dem der Jugendclub ist, leer.
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von Dirk Jericho

Das seit zehn Jahren so gut wie leerstehende Haus der Volksbildung an der Badstraße 10 unweit vom Bahnhof Gesundbrunnen soll ab Oktober für eine dreijährige Zwischennutzung hergerichtet werden.

Noch steht das Gebäude nicht auf der Investitionsliste des Bezirksamtes. Aber der Bezirk will das Haus langfristig wieder nutzen und plant eine umfangreiche Sanierung. Bis die Pläne stehen und Geld da ist, sollen die leerstehenden Etagen so hergerichtet werden, dass die Flächen wieder genutzt werden können.

Das Bezirksamt hat am 24. Juli ein Zwischennutzungskonzept beschlossen. So soll das Quartiersmanagement (QM) Badstraße das Erdgeschoss für ein „offenes, bedarfsorientiertes Angebot“ bekommen. Das QM möchte ein Kiezcafé einrichten. Unten wird auch die Freiwilli-genagentur der Nachbar-schaftsetage Fabrik Osloer Straße sowie das Lotsenprojekt „die brücke“ Räume bekommen.

Der Jugendclub, der aktuell einziger Nutzer im Erdgeschoss ist, soll in das erste Obergeschoss umziehen. Den kommunalen Jugendclub in der Badstraße 10 gibt es seit den 1980er-Jahren. Er war bis vor sieben Jahren im ersten Obergeschoss des Vorderhauses untergebracht. Weil der Bezirk das Gebäude an den damaligen Liegenschaftsfonds abgeben wollte, um Kosten zu sparen, musste der Jugendclub 2010 ins Hinterhaus ziehen und sich die Räume mit Schülern der benachbarten Willy-Brandt-Oberschule teilen. Früher waren im Vorderhaus auch das Gesundheitsamt und die Musikschule untergebracht. Seit ein paar Jahren stehen die Etagen leer. Weil das Haus nicht an den Senat abgegeben wurde, konnte der Jugendclub 2014 wieder ins Vorderhaus ziehen und belegt jetzt das Erdgeschoss. Die Räume im ersten Obergeschoss sollen vormittags auch für vorschulische Sprachfördergruppen genutzt werden.

Im zweiten Obergeschoss können demnächst Studenten der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ aus dem Fachbereich Tanz trainieren. Die Wohnung im dritten Obergeschoss soll Flüchtlingen zur Verfügung gestellt werden. Auf der Etage wohnt seit vielen Jahren in der einstigen, 100 Quadratmeter großen Hausmeisterwohnung die 85-jährige Urenkelin von Otto Wels. Der legendäre SPD-Politiker in der Weimarer Republik sagte 1933 in der letzten freien Rede im Deutschen Reichstag zur Begründung der Ablehnung des Ermächtigungsgesetzes der NSDAP den berühmten Satz: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht“. Laut Zwischennutzungskonzept soll die langjährige Mieterin dort auch bleiben. Auch einen Hausmeister soll es wieder geben.

Im vergangenen Jahr gab es Überlegungen, das Haus der Volksbildung für das geplante Forum für Berufsorientierung „Talente Check Berlin“ auszubauen. Das Testzentrum nach dem Vorbild des Talente-Checks in Salzburg wird jetzt in der Charlottenburger Jugendberufsagentur an der Königin-Elisabeth-Straße eingerichtet. Der Bezirk hatte sich damals gegen eine mögliche Verdrängung des Jugendclubs gewehrt, weil er im QM-Gebiet Badstraße dringend benötigt wird.

Das Haus der Volksbildung an der Badstraße wurde von 1913 bis 1915 nach Plänen von Ludwig Hoffmann erbaut. Der Architekt und Stadtbaurat hat auch den Märchenbrunnen im Volkspark Friedrichshain, die Volksbadeanstalt Oderberger Straße, das Märkische Museum oder das Alte Stadthaus entworfen. In der Denkmaldatenbank des Landesdenkmalamtes heißt es: „Das viergeschossige städtische Verwaltungsgebäude Badstraße 10-10A, heute Haus der Volksbildung, wiederholt den strengen, antikisierenden Fassadenaufbau der benachbarten Berufsschule, wirkt aber noch monumentaler. Mit seinem hohen Walmdach beherrscht es den Straßenraum und den gegenüberliegenden Blochplatz. Die unteren Geschosse sind mit einer kolossalen Pilaster- und Säulenordnung aus grauem Muschelkalk hervorgehoben. Eckpfeiler vermitteln zum zurückgesetzten mittleren Wandabschnitt, der mit dorischen Säulen hervorgehoben ist“. Im Erdgeschoss waren ursprünglich eine Rettungswache und Schulküche untergebracht. In den oberen Stockwerken gab es eine öffentliche Bücherei, eine Steuerannahmestelle, die Wohnung des Direktors der 8. Pflichtfortbildungsschule und zwei kleinere Wohnungen für städtische Beamte.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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