Bezirksamt schließt das "Stattbad" wegen Brandschutzmängeln
Konzerte und Ausstellungen in leeren Becken, regelmäßige Technopartys im Keller: Die frühere Schwimmhalle ist mittlerweile international als abgefahrene Partylocation bekannt. Tausende Besucher kommen an den Wochenenden ins "Stattbad", wie es jetzt heißt, um in den Katakomben unter den Schwimmbecken bei Technogewummer abzuhotten. Doch die Betreiber haben dafür gar keine Genehmigung. Der Technoclub ist nicht nur illegal, sondern die Nutzung als Partyclub "grob fahrlässig", wie Baustadtrat Carsten Spallek (CDU) sagt.
Laut Baugenehmigung von 2012 zum Umbau des Hauses zur "Kultur- und Begegnungsstätte" ist "eine Vergnügungsstätte wie zum Beispiel Diskothek oder Clubnutzung unzulässig". Es gibt keinen funktionierenden Brandschutz im früheren Technikkeller. Rettungswege, Brandmelde- und Alarmierungsanlagen, Sicherheitsstromversorgung, Sicherheitsbeleuchtung und eine Sprinkleranlage - alles Fehlanzeige. Im Notfall hätte dies für die vielen Besucher in einer Katastrophe enden können. Den Verantwortlichen drohen jetzt saftige Bußgelder.
Spalleks Mitarbeiter hatten das Haus nach einer anonymen Anzeige überprüft und sofort dichtgemacht. Eigentümer Arne Piepgras, der das Schwimmbad vor fünf Jahren vom Liegenschaftsfonds gekauft hat, verhandelt derzeit mit dem Bezirksamt, die Komplettsperrung aufzuheben und zumindest die Ateliers, Büros und das Restaurant im Erdgeschoss wieder zu öffnen. Er hat trotz Baugenehmigung bisher nicht mit Sanierung und Umbau begonnen. Das Haus hat Piepgras an die Firma Stattbad Berlin verpachtet, die das Gebäude bespielt, Veranstaltungen organisiert und die früheren Umkleiden, Solarien und andere Räume an etwa 15 Künstler und Kreative als Büro oder Atelier vermietet.
Das Bezirksamt bemühe sich, die Atelieretagen schnellstmöglich wieder freizugeben, sagte Stadtrat Spallek. Ob es für diese Nutzungen eine gültige Genehmigung gibt, ist derzeit unklar. Wie Tanja Lier, Chefin des Stadtplanungsamts, sagt, solle es laut Eigentümer ältere Genehmigungen dafür geben. Die nach einem Krisengespräch vorgelegten Unterlagen seien bisher aber "weit davon entfernt" gewesen.
Das Stattbad wirbt im Internet seit Jahren für seine Partys. Die Behörden hätten also von den Technonächten wissen können. Hier fanden auch viele vom Senat und Bezirk geförderte Kulturveranstaltungen wie das Kulturfestival Wedding-Moabit statt. Erst im April hat das Quartiersmanagement Pankstraße einen großen Teil für den Ausbau der Terrasse bezahlt. Insider vermuten, dass die anonyme aber sehr detaillierte Anzeige eine geschickt eingefädelte Aktion des Stattbades selbst sei. Die Schließung führt dazu, dass sich jetzt viele mit dem "Kulturprojekt" solidarisieren.
Die BVV hat am 22. Mai einen Antrag der Grünen beschlossen, den Kulturbetrieb im Stattbad zügig wieder aufzunehmen. Arne Piepgras und Betreiber Jochen Küpper haben vor Kurzem betont, das Haus mehr für den Kiez zu öffnen und auch Projekte mit Schulklassen machen zu wollen. Fördergelder sind da sehr willkommen. Beide waren bis Redaktionsschluss für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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