Aus für lange geplantes Kiezzentrum
Mitte will marodes Diesterweg-Gymnasium für Schulneubau abreißen

Das seit sieben Jahren leerstehende Diesterweg-Gymnasium sollte zum Nachbarschaftszentrum umgebaut werden. Jetzt plant der Bezirk den Abriss und den Neubau einer Schule. | Foto: Foto: Dirk Jericho
  • Das seit sieben Jahren leerstehende Diesterweg-Gymnasium sollte zum Nachbarschaftszentrum umgebaut werden. Jetzt plant der Bezirk den Abriss und den Neubau einer Schule.
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So kann man zivilgesellschaftliche Initiativen auch totmachen: Trotz langjähriger Planungen, BVV-Beschlüssen und Unterstützungen kippt das Bezirksamt jetzt alles um. Das seit über sieben Jahren leerstehende Diesterweg-Gymnasium an der Swinemünder Straße soll nun abgerissen werden. Der Bezirk will dort eine neue Schule bauen.

Am Ende war alles für die Katz: Die langjährigen Planungen, die vielen Projektvorstellungen und Gespräche mit Bezirks- und Landespolitikern und die Beschlüsse der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) zur Unterstützung des Nachbarschaftsprojektes. Das Bezirksamt hat einen neuen Plan, was aus dem maroden orangefarbenen Ufo wird – nämlich gar nichts.

Wie Schulstadtrat Carsten Spallek (CDU) sagt, soll der markante Bau aus den 70er-Jahren abgerissen werden. Der Bezirk will auf dem Areal eine neue Schule bauen, die er wegen der „aktuellen Bedarfslage unverzüglich“ benötigt, so Spallek. Entschieden ist noch nichts, das Bezirksamt will am 16. Oktober den Kurswechsel beschließen. Möglich ist dies ohnehin nur, weil die Grundstücke bis heute nicht übertragen wurden.

Die private Non-Profit-Initiative ps wedding plant seit sechs Jahren, die Ex-Schule in ein Kiez-Sozialzentrum mit Kita, Theater, Bibliothek, Sportangeboten, Gemeinschaftsgarten und preiswerten Wohnungen in den oberen Etagen umzubauen. Jetzt erfahren die Planer, dass die alte Schule mit den runden Ecken abgerissen werden soll und ihr Projekt damit gestorben ist.

Carsten Spallek, der in dem Gebäude 1992 sein Abitur gemacht hat (am damaligen Ranke-Gymnasium) spricht von wirtschaftlichem Totalschaden. Eine Sanierung sei wegen der nach einem Rohrbruch vollgelaufenen Keller nicht mehr wirtschaftlich. „Weil ein Keller vollgelaufen ist, reißt man ein Gebäude nicht ab“, sagt Oliver Clemens von ps wedding. Der Wasserschaden ändere überhaupt nichts am Sanierungskonzept, weil ps wedding das Gebäude ohnehin vollständig entkernen, Asbest entfernen und komplett sanieren muss. Für Clemens ist die Entscheidung gegen das Kiezzentrum ein „politischer Totalschaden“.

Das Konzept von ps wedding war die planerische Grundlage für den Bebauungsplanentwurf. Formuliertes Ziel darin ist, „ein gemeinnütziges und multifunktionales Nachbarschaftsprojekt im Brunnenviertel zu etablieren, das den baulichen Bestand des ehemaligen Diesterweg-Gymnasiums zur Grundlage nimmt, ihn modifiziert und weiter entwickelt". Der Verein ps wedding kooperiert seit 2015 mit der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft Degewo, die an der Putbusser Straße auf dem früheren Sportplatz Wohnungen bauen will. Die Sporthalle soll dafür abgerissen werden; das ist bereits beschlossen.

Nach den Bezirksplänen reicht das insgesamt 18 000 Quadratmeter große Grundstück, um eine neue Schule inklusive einer neuen Sporthalle sowie sogenannte TIW zu bauen. Die Degewo soll diese „Typenbauten für integratives Wohnen“ errichten, in die auch mindestens 200 Flüchtlinge ziehen sollen. Die Degewo hat von den Schulneubauplänen bisher nur aus der Presse erfahren. „Wir sind darüber bisher nicht informiert worden“, sagt Sprecherin Isabella Canisius.

Laut Oliver Clemens soll Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) im Sommer schriftlich zugesagt haben, dass ps wedding den Grundstücksteil mit der Schulruine in Erbbaurecht übertragen bekommt. In einem Brief von Finanzstaatssekretärin Margaretha Sudhof an Wohnungsstaatssekretär Sebastian Scheel von August heißt es jedoch: „Lieber Sebastian, vielen Dank für Ihr Schreiben vom 19. Juli, in dem Sie sich erneut für die Initiative ps wedding e.V. engagieren. Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass die gemeinsame Planung des Vereins mit der Degewo aufgrund des Beschlusses zur Errichtung eines MUF 2.0-Standortes überholt ist.“ Mit MUF 2.0 meint Sudhof die modulare Flüchtlingsunterkunft.

Auf der BVV am 18. Oktober wird das Thema Diesterweg-Gymnasium hohe Wellen schlagen. Die Grünen fordern in einem Antrag, dass die BVV vor der Entscheidung in die Planungen einbezogen wird. „Scheinbar vom Himmel gefallene Zahlen zu Schulplatzbedarfen sollen nun dazu führen, dass alle diese Planungen kurzfristig null und nichtig sind und ps wedding in die Wüste geschickt wird, da auf dem Grundstück ein Schulbaustandort umgesetzt werden soll“, heißt es darin.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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