Ehrenamtliche Kirchenhüter machen Besuchsdienst in der Kapelle der Versöhnung
Mitte. Seit einem Jahr kümmern sich Kirchenhüter um das weltweit bekannte Gotteshaus im früheren Todesstreifen an der Bernauer Straße. Mittlerweile sorgen 30 Ehrenamtliche dafür, dass die Kapelle der Versöhnung lange geöffnet werden kann.
Es ist nicht irgendein Pförtnerdienst, den die mittlerweile 30 ehrenamtlichen Kirchenhüter in der Kapelle der Versöhnung schieben. Nur aufpassen, dass kein Besucher über die Absperrung tritt oder Exponate berührt, wie es zum Beispiel Museumspersonal macht, ist hier nicht der Job. Die Frauen und Männer, Ehrenamtliche zwischen 18 und 78, betreuen die bis zu 1500 internationalen Gäste, die täglich aus aller Welt in den schlichten Lehmbau kommen, der auf den Fundamenten der 1985 von den DDR-Oberen gesprengten Versöhnungskirche errichtet wurde. Das Haus im einstigen Todesstreifen ist Symbol der Teilung und Magnet der Mauergedenkstätte Bernauer Straße. Werktäglich um 12 Uhr wird in biografischen Andachten an die 137 Todesopfer erinnert, die an der Berliner Mauer umgekommen sind.
Die Kirchenhüter sorgen für Ruhe in der Kapelle, wenn größere Reisegruppen kommen; zünden die Altarkerze an, fegen bei Bedarf, läuten auch die Glocken, wenn sie mögen. Das wichtigste aber, „sie sind freundliche Ansprechpartner zu allen möglichen Fragen“, sagt Thomas Jeutner, Pfarrer der Versöhnungsgemeinde. Sie kennen die Geschichte dieses besonderen Ortes. Jeutner freut sich sehr, dass sich nach dem Aufruf in der Berliner Woche so viele für das Ehrenamt „in unserer Visitenkarte“, wie er die berühmte Holzkapelle der Gemeinde nennt, gemeldet haben. Denn im Winter ist es schon anstrengend, in dem ungeheizten Bau zu stehen. Gerhard Löser stört das nicht.
Der 75-jährige Weddinger weiß als Jäger, dass man sich nur richtig anziehen muss. Er wundert sich eher, dass Pfarrer Jeutner einen Katholiken für den Freiwilligendienst in der evangelischen Kirche genommen hat. „Wir sind offen für alle“, so Jeutner. Wichtig ist ihm die Kommunikation mit den Besuchern und dass die Kirchenhüter auch etwas erzählen können. Dazu soll es zukünftig mehr Ausflüge zu interessanten Orten oder Filmvorführungen geben; auch, um den Kirchenhütern interessantes Geschichtswissen zu vermitteln. Renate Fiebig hat ebenfalls von dem Ehrenamtsjob gelesen und macht zwei Mal im Monat die Tür.
Die 66-Jährige kommt gern mit Menschen ins Gespräch und findet es schön, dass man als Kirchenhüter helfen kann, wenn man Zeit hat. Es gibt keine festen Schichten, die man schieben muss. Jeder kommt, wie er kann und möchte; die meisten für zwei Stunden pro Tag. Thomas Jeutner wünscht sich, dass immer zwei Kirchenhüter gleichzeitig da sind. Im Sommer klappt das mittlerweile ganz gut, weil dann auch Jugendliche vom Verein open houses, der beim Aufbau der Kapelle vor 15 Jahren geholfen hat, ehrenamtlichen Dienst in der Kapelle machen.
Ohne die Kirchenhüter könnte die Versöhnungskapelle nicht ständig offen gehalten werden.
Damit die Ehrenamtlichen die Besucher noch besser betreuen und mit ihnen Gespräche führen können, ohne die notwendige Ruhe in der Kapelle zu stören, soll ab Sommer immer ein zweiter Kirchenhüter draußen am neuen Infomobil stehen. Den aufklappbaren Wagen aus Autoblech haben die Designer entworfen, die auch die Außenausstellung an der Bernauer Straße entwickelt haben. An dem Stand gibt es Broschüren oder Brötchen, die aus dem Korn vom Roggenfeld um die Kapelle gebacken wurden.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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