„Ohne euch hätte ich niemanden“
Elke Schilling gründete das Silbertelefon und hat jetzt ein Buch über Vereinsamung geschrieben

Elke Schilling hat vor zehn Jahren begonnen, Silbernetz aufzubauen. Ihre Erfahrungen hat sie jetzt in einem Buch veröffentlicht. | Foto:  Gordon Wetters
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  • Elke Schilling hat vor zehn Jahren begonnen, Silbernetz aufzubauen. Ihre Erfahrungen hat sie jetzt in einem Buch veröffentlicht.
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Es ist ein so wichtiges Thema und geht in der heutigen Hektik meist unter. Jetzt hat die Silbernetz-Gründerin Elke Schilling (79) ein Buch über die Einsamkeit im Alter geschrieben. Bei der Premiere von „Die meisten wollen einfach mal reden“ am 28. Januar im Ballhaus an der Prinzenallee spricht sie über Strategien gegen Vereinsamung.

Altwerden ist nichts für Feiglinge. Je älter man wird, desto mehr kommen Krankheiten, Einschränkungen und Probleme. Wenn Partner und Freunde sterben, die Familie wenig Zeit hat und alte Verbindungen wegbrechen, wird‘s schnell einsam in den eigenen vier Wänden. Einsamkeit quält Millionen alte Menschen in Deutschland. Jeder Dritte fühlt sich mehr oder weniger allein gelassen.

Vor zehn Jahren begann Elke Schilling das Silbernetz aufzubauen, eine mittlerweile bundesweite Hotline, die ältere Menschen mit Einsamkeitsgefühlen kostenlos und anonym anrufen können. Die Gründerin und Vorsitzende des gemeinnützigen Vereins Silbernetz hatte bei einem England-Besuch 2014 die britische „Silver Line“ entdeckt – und nach diesem Vorbild das deutsche Hilfsangebot für einsame Senioren aufgebaut. Immer mehr wählen die kostenfreie Nummer ¿0800 470 80 90, um einfach mal zu reden, wie auch das Motto der Hotline lautet. „Ihr seid meine Familie, ohne euch hätte ich niemanden“, sagen manche, wie Schilling erzählt.

Die Silbernetz-Telefonzentrale an der Wollankstraße. | Foto: Paul Schaerf
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Die frühere Frauenstaatssekretärin in Sachsen-Anhalt und langjährige Vorsitzende der Seniorenvertretung Mitte sitzt auch heute noch ab und an selbst am Telefon. Einfach mal zuhören gibt den Senioren so viel Glück und Dankbarkeit. In ihrem Buch „Die meisten wollen einfach mal reden. Strategien gegen Einsamkeit im Alter“ beschreibt Schilling, was sie in den vergangenen zehn Jahren „über diese vielfältigste Bevölkerungsgruppe lernen konnte“, sagt sie. Einsamkeit könne jeden treffen, gleich welchen Alters. „Ältere jedoch können besonders darunter leiden, denn für sie ist es oft schwieriger, sich daraus zu befreien“, so Schilling.

Sie spricht auch von Altersdiskriminierung, weil die Alten oft mit den neuen Kommunikationsformen nicht zurechtkommen. Wenn selbst der Arzttermin im Internet gebucht werden muss und die Kieztreffs verschwinden, wird es schwierig für alte Menschen. Silbernetz, das seine Zentrale in der Wollankstraße 97 hat, will verhindern, dass sie in der Unsichtbarkeit verschwinden. 2023 arbeiteten am Silbertelefon über 20 Hauptamtliche und 35 Ehrenamtliche. 155.000 haben im vergangenen Jahr die Hotline angerufen; ein neuer Rekord. Am stärksten vertreten waren Berlin (rund 14.000 Anrufe), Nordrhein-Westfalen (13.000 Anrufe) und Baden-Württemberg (12.000 Anrufe). Die wenigsten Anrufe kamen aus Bremen und dem Saarland.

Einfach mal reden

Die geschulten Telefonisten haben für Anrufer ab 60 Jahren täglich von 8 bis 20 Uhr ein offenes Ohr. Bei 80 Prozent der Anrufe ist eine Frau an der Strippe, die jemanden zum Reden braucht. Fast immer ist das Hotline-Motto „Einfach mal reden“ der Grund des Anrufs. Aber natürlich geht es auch um alltägliche Probleme, Sorgen, Krankheiten und alles Mögliche, was den alten Menschen auf der Seele brennt. Das Silbernetz-Team hört zu und gibt auch Tipps, wo man weitere Hilfen und Angebote findet.

Ein wichtiger Teil des Silbernetzes sind auch die sogenannten Silbernetz-Freunde. Über 200 ehrenamtliche Silbernetz-Freundschaften gibt es bereits. Dabei telefoniert der oder die Ehrenamtliche einmal wöchentlich circa eine Stunde mit einem älteren Menschen. Manche dieser Telefonpatenschaften existieren schon seit fünf Jahren. Wenn Senioren eine Telefonfreundschaft wünschen, vermittelt die Hotline einen Silbernetz-Freund. Die geben auch Tipps zu Kiezangeboten, um die Vereinsamten rauszuholen aus der Isolation.

Notwendige Unterstützung

Elke Schilling muss jedes Jahr um die Finanzierung dieser wichtigen Hotline kämpfen und rund 600.000 Euro zusammenbekommen. Der Senat fördert das Projekt aktuell mit 185.000 Euro pro Jahr. Das bundesweite Silbernetz bekommt jetzt auch Unterstützung aus Nordrhein-Westfalen. Mehrere Stiftungen, Firmen und private Spender unterstützen den Silbernetz-Verein. Das Jobcenter finanziert einen Teil für die Mitarbeiter. „Angesichts der vielfältigen Krisen wünsche ich mir, dass Silbernetz nicht nur überlebt, sondern auch weiterhin die so dringend notwendige Unterstützung findet, um der unfassbaren Menge der sonst unsichtbaren, aber bei uns Anteilnahme und Gehör suchenden Älteren aus ganz Deutschland auch 2024 gerecht werden zu können“, sagt Elke Schilling.

Für ihr Engagement wurde sie schon mehrfach ausgezeichnet – unter anderem 2020 mit dem Verdienstorden des Landes Berlin. Wie sich jeder gegen Vereinsamung engagieren kann und „wie wir durch mehr Gemeinsamkeit unsere Gesellschaft stärken können“, darüber spricht Elke Schilling am 28. Januar um 16 Uhr im Ballhaus in der Prinzenallee 33.

Weitere Informationen gibt es im Internet unter silbernetz.org.

Elke Schilling hat vor zehn Jahren begonnen, Silbernetz aufzubauen. Ihre Erfahrungen hat sie jetzt in einem Buch veröffentlicht. | Foto:  Gordon Wetters
Die Silbernetz-Telefonzentrale an der Wollankstraße. | Foto: Paul Schaerf
Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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