Bis zum Tod ein Weinregal
Erster Sargbau-Workshop im Lazarus Hospiz

Anna Adam (links) und Lydia Röder helfen einem Teilnehmer bei der Gestaltung seines Sarges. Insgesamt hatten drei Männer das Angebot genutzt.  | Foto: Ambulanter Lazarus Hospizdienst
  • Anna Adam (links) und Lydia Röder helfen einem Teilnehmer bei der Gestaltung seines Sarges. Insgesamt hatten drei Männer das Angebot genutzt. 
  • Foto: Ambulanter Lazarus Hospizdienst
  • hochgeladen von Dirk Jericho

Im Lazarus Hospiz in der Bernauer Straße 115 hat Mitte Oktober der erste Sargbau-Workshop stattgefunden. Drei Männer wollten sich ihren eigenen Sarg bauen, den sie schon zu Lebzeiten nutzen.

Wo sonst der Hausmeister kleine Reparaturen ausführt und sein Werkzeug lagert, wurden am 13. und 14. Oktober Särge hin und her gewuchtet. Drei Männer – zwei ältere und ein junger – haben in der Hausmeisterwerkstatt des Lazarus Hospizes ihre individuellen Särge gebaut. Das letzte Bett wurde zur Kiste fürs Leben.

„Zwei Teilnehmer wollen in ihren Särgen auch bestattet werden“, sagt die Berliner Künstlerin Anna Adam, für die ihr erster Sargbau-Workshop eine spannende Erfahrung war. Gemeinsam mit Lydia Röder, die den ambulanten Lazarus Hospizdienst leitet und ehrenamtliche Sterbe- und Trauerbegleiter ausbildet, hat die Bühnenbildnerin das Konzept entwickelt. „Der Sargbau ist eigentlich nur das Mittel zum Zweck, sich mit den Themen Krankheit, Sterben, Tod und Trauer auseinander zu setzen. Denn diese Themen haben viel mit unserem gesamten Leben zu tun“, sagt Lydia Röder.

Reden über Tod und Trauer

Während der zweitägigen Sägerei und Schmirgelei wurde vor allem viel über Leben, Tod und Trauer gesprochen. Auch über die wissenschaftliche Seite; also, was mit dem Körper nach dem Tod passiert. Es gab auch Übungen wie Aufstellungen, um festzustellen, wie weit man sich schon mit dem Thema beschäftigt hat, sagt Anna Adam. „Über den eigenen Sarg als Bücherregal kann ich mich öfter daran erinnern, dass ich sterblich bin, um dann noch mehr die Kostbarkeit und Einzigartigkeit des Lebens zu spüren“, so Lydia Röder.

Ende Oktober wollen sich die Fünf noch einmal treffen, um die Särge fertig zu bauen. Das Wochenende hat dazu nicht ganz gereicht. Die beiden älteren Männer haben ihre Särge zu Regalen umgebaut. Einer will darin seine Weinflaschen stapeln. Die Kisten kommen in die Wohnung und erfüllen so zu Lebzeiten einen Zweck. Die Angehörigen haben dadurch auch die Möglichkeit, das Thema Sterben als normalen Teil des Lebens zu begreifen. Die Sargnägel für die letzte Reise liegen bereit. Der jüngere Teilnehmer beim Sargbau-Workshop hat sich ein ein Meter großes Sargmodell gebaut, das auch als Schrank genutzt wird. „Er hatte kein Platz in seiner Wohnung für einen Sarg in Originalgröße“, erklärt Anna Adam. Der Fantasie beim Sargbau sind kaum Grenzen gesetzt. Man könnte ihn zu Lebzeiten auch als Sitzbank, Bett oder Kunstwerk nutzen.

Nur natürliches Material erlaubt

Anna Adam hat sich ihren eigenen Sarg noch nicht gebaut, aber schon eine Idee: „Ich möchte mir einen Korb flechten, in dem ich zu Grabe getragen werden kann“, so die Künstlerin. In Berlin herrscht Sargpflicht. Nach dem Bestattungsgesetz gibt es ein paar Vorgaben. So muss der Sarg aus natürlichem Material bestehen, das in der Erde verrotten kann. Holz ist da natürlich kein Problem. Auch die Dekorationsmaterialien im Sarg müssen gut verrotten können. Stoffe wie Baumwolle, Seide, Wolle oder Leinen eignen sich dafür. „Normale Lacke aus dem Baumarkt dürfen nicht verwendet werden, nur wasserlösliche Farben oder Sarglack“, weiß Lydia Röder.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 2.662× gelesen
BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 2.000× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 2.631× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 3.537× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.