Inge und Paul Lemm sind seit 70 Jahren verheiratet
Trotzdem fuhren Paul und Inge Lemm an diesem Tag zum Rathaus Spandau und schlossen den Bund fürs Leben. "Paul war damals Soldat und bekam nur noch für eine Heirat Urlaub", erinnert sich die Ehefrau. Deshalb hätten sie sich für eine schnelle Trauung entschieden, obwohl sie erst 19, ihr Ehemann vier Jahre älter war. Ein Schritt, den sie nie bereut haben. Und der jetzt dafür sorgte, dass sie vor einigen Tagen das seltene Fest der Gnadenhochzeit, also 70 gemeinsame Ehejahre, feiern konnten.
Beide stammen aus der Wilhelmstadt. Zum ersten Mal bewusst begegnet sind sie sich aber auf dem alten Sportplatz an der Neuendorfer Straße. Dort begann 1937 Pauls Fußballkarriere beim Spandauer SV, die ihn später zu einem der bekanntesten Kicker aus dem Havelbezirk machte. Inge gehörte mit ihrem Vater zu den regelmäßigen Zuschauern.
Einmal, so erzählt sie, stand sie am Spielfeldrand ziemlich nah an ihrem späteren Ehemann, der gerade einen Einwurf ausführen wollte. "Bevor es dazu kam, tippte ich ihm den Ball weg." Paul war perplex und vergaß sie nicht mehr. Einige Zeit später trafen sie sich auf einer Silvesterfeier wieder.
Gleich nach der Trauung musste der Ehemann wieder zurück an die Front. Im Frühjahr 1945 wurde er in der Nähe von Zittau in Sachsen von der Sowjetarmee interniert. Dass ihm danach eine jahrelange Kriegsgefangenschaft erspart blieb, sei seinem humoristischen Talent zu verdanken, ist Paul Lemm überzeugt. Im Lager trat er nämlich als Unterhalter auf, trug eigene Gedichte und gesammelte Witze vor.
Die Vorführungen hätten dem Kommandanten so gefallen, dass er ihn nach einigen Wochen freiließ, während die meisten Kameraden als Kriegsgefangene in die Sowjetunion gebracht wurden. Sein Hobby ließ ihn auch später nicht mehr los.. Erst vor Kurzem hat er ein Buch mit seinen gesammelten Werken herausgebracht.
Nach seiner Rückkehr wurde der Fußball zum großen Thema. Auch andere Vereine wurden auf Paul Lemms Talent aufmerksam. Unter anderem spielte er in den folgenden Jahren bei Schwaben Augsburg und Eintracht Frankfurt. Seine Frau erinnert sich vor allem an häufige Umzüge.
"Kaum hatten wir uns irgendwo eingelebt, ging es schon wieder weiter." Und das zu einer Zeit, als Fußballspieler in Deutschland noch kein Beruf war. "Er hat gekickt, ich habe das Geld verdient", lacht Inge. Auch wenn sie die Leidenschaft ihres Mannes teilte, war sie froh, dass es nach einigen Wanderjahren wieder zurück nach Spandau ging.
Dort leben die beiden mittlerweile in der Seniorenresidenz Havelblick. Sie haben einen Sohn und einen Enkel und seien zufrieden und dankbar, dass ihnen eine so lange gemeinsame Zeit geschenkt ist, erzählen die beiden. Und schön wäre es, wenn sie auch noch das 75. Ehejubiläum, also die Kronjuwelenhochzeit schaffen würden.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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