Geläut der Jesuskirche überstand unbeschadet zwei Kriege
Die Glocken der Kaulsdorfer Jesuskirche sind täglich zu hören, zu sehen sind sie aber nicht. Die Fenster des Glockenturms sind mit hölzernen Lamellen versehen, sodass der Klang herausdringt, das Auge aber nicht hineinsehen kann.
Ähnlich verborgen bleibt dem Spaziergänger die Geschichte dieser Glocken. Es handelt sich um drei Glocken unterschiedlicher Größe und unterschiedlichen Alters. Die Kleinste mit einem Durchmesser von 67 Zentimetern ist die Älteste. Sie wurde um 1300 gegossen, stammt also aus der Zeit der Gründung von Kaulsdorf und des Baus der ersten Kirche.
Der Guss der großen Glocke ist mit 1518 datiert. Sie misst im Durchmesser stattliche 94,5 Zentimeter und ist wie die anderen beiden Glocken aus Bronze. Durch einen nicht mehr ganz nachvollziehbaren Zufall wurde sie während des Zweiten Weltkrieges nicht eingeschmolzen und konnte der Evangelischen Kirchengemeinde am 5. Februar 1948, also vor 70 Jahren, unversehrt wieder zurückgegeben werden.
Das Material, aus dem Kirchenglocken gegossen sind, zog zu allen Zeiten die Begehrlichkeiten der Hersteller von Kanonen und anderer Kriegstechnik auf sich. Schon während des Ersten Weltkrieges entgingen die Kaulsdorfer Glocken wie durch ein Wunder der kriegstechnischen Verwertung. Auf Drängen der Gemeinde und wegen ihres historischen Wertes und besonderen musikalischen Zusammenklanges wurden sie vom Abtransport 1917 befreit.
Die Nazis kannten dagegen keine Gnade. Der Gemeinde gelang es aber, den Abtransport der großen und der mittleren Glocke von März 1940 bis Ende Februar 1942 hinauszuschieben. Darüber existiert ein umfangreicher Schriftverkehr mit den kirchlichen und staatlichen Dienststellen. Die kleine Glocke durfte bleiben.
Die damalige Superintendentur der Kirche verfügte allerdings, dass der Abbau der beiden Glocken so geräuschlos wie möglich zu verlaufen habe. „Besondere Glockenabnahmefeiern sind zu unterlassen“, heißt es in einem Schreiben.
„Warum die beiden Glocken während des Rests des Krieges dem Einschmelzen entgangen sind, darüber gibt es keine Unterlagen“, sagt Joachim Klee, Mitglied des Gemeinderates und Leiter des Kaulsdorfer Turmmuseums. Im Januar 1946 erkundigte sich schließlich der damalige Pfarrer Kurt Schachtschneider bei der Demontagefirma und der Polizei nach dem Verbleib der Glocken. Zunächst hieß es, sie seien eingeschmolzen und unwiderruflich verloren. Nach weiteren umfangreichen Bemühungen der Gemeinde und des Konsistoriums stellte sich 1948 heraus, dass die große Glocke in Apolda aufgefunden wurde. „Über die Auffindung, Rückführung und Montage der mittleren Glocke existiert kein Schriftverkehr“, erläutert Klee. Diese, aus dem Jahr 1740 stammende Glocke, 76,5 Zentimeter im Durchmesser und 250 Kilogramm schwer, müsse zwischen 1949 und 1953 eingebaut worden sein. Die Unterlagen sagen, dass das Kaulsdorfer Geläut ab dem 4. November 1953 wieder vollständig war.
Autor:Harald Ritter aus Marzahn |
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