Geläut der Jesuskirche überstand unbeschadet zwei Kriege

Der besondere musikalische Zusammenklang rettete die drei Bronzeglocken vor dem Einschmelzen im Ersten Weltkrieg. | Foto: Klee
3Bilder
  • Der besondere musikalische Zusammenklang rettete die drei Bronzeglocken vor dem Einschmelzen im Ersten Weltkrieg.
  • Foto: Klee
  • hochgeladen von Harald Ritter

Die Glocken der Kaulsdorfer Jesuskirche sind täglich zu hören, zu sehen sind sie aber nicht. Die Fenster des Glockenturms sind mit hölzernen Lamellen versehen, sodass der Klang herausdringt, das Auge aber nicht hineinsehen kann.

Ähnlich verborgen bleibt dem Spaziergänger die Geschichte dieser Glocken. Es handelt sich um drei Glocken unterschiedlicher Größe und unterschiedlichen Alters. Die Kleinste mit einem Durchmesser von 67 Zentimetern ist die Älteste. Sie wurde um 1300 gegossen, stammt also aus der Zeit der Gründung von Kaulsdorf und des Baus der ersten Kirche.

Der Guss der großen Glocke ist mit 1518 datiert. Sie misst im Durchmesser stattliche 94,5 Zentimeter und ist wie die anderen beiden Glocken aus Bronze. Durch einen nicht mehr ganz nachvollziehbaren Zufall wurde sie während des Zweiten Weltkrieges nicht eingeschmolzen und konnte der Evangelischen Kirchengemeinde am 5. Februar 1948, also vor 70 Jahren, unversehrt wieder zurückgegeben werden.

Das Material, aus dem Kirchenglocken gegossen sind, zog zu allen Zeiten die Begehrlichkeiten der Hersteller von Kanonen und anderer Kriegstechnik auf sich. Schon während des Ersten Weltkrieges entgingen die Kaulsdorfer Glocken wie durch ein Wunder der kriegstechnischen Verwertung. Auf Drängen der Gemeinde und wegen ihres historischen Wertes und besonderen musikalischen Zusammenklanges wurden sie vom Abtransport 1917 befreit.

Die Nazis kannten dagegen keine Gnade. Der Gemeinde gelang es aber, den Abtransport der großen und der mittleren Glocke von März 1940 bis Ende Februar 1942 hinauszuschieben. Darüber existiert ein umfangreicher Schriftverkehr mit den kirchlichen und staatlichen Dienststellen. Die kleine Glocke durfte bleiben.

Die damalige Superintendentur der Kirche verfügte allerdings, dass der Abbau der beiden Glocken so geräuschlos wie möglich zu verlaufen habe. „Besondere Glockenabnahmefeiern sind zu unterlassen“, heißt es in einem Schreiben.

„Warum die beiden Glocken während des Rests des Krieges dem Einschmelzen entgangen sind, darüber gibt es keine Unterlagen“, sagt Joachim Klee, Mitglied des Gemeinderates und Leiter des Kaulsdorfer Turmmuseums. Im Januar 1946 erkundigte sich schließlich der damalige Pfarrer Kurt Schachtschneider bei der Demontagefirma und der Polizei nach dem Verbleib der Glocken. Zunächst hieß es, sie seien eingeschmolzen und unwiderruflich verloren. Nach weiteren umfangreichen Bemühungen der Gemeinde und des Konsistoriums stellte sich 1948 heraus, dass die große Glocke in Apolda aufgefunden wurde. „Über die Auffindung, Rückführung und Montage der mittleren Glocke existiert kein Schriftverkehr“, erläutert Klee. Diese, aus dem Jahr 1740 stammende Glocke, 76,5 Zentimeter im Durchmesser und 250 Kilogramm schwer, müsse zwischen 1949 und 1953 eingebaut worden sein. Die Unterlagen sagen, dass das Kaulsdorfer Geläut ab dem 4. November 1953 wieder vollständig war.

Autor:

Harald Ritter aus Marzahn

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

20 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Schonende Verfahren für Ihre Rückengesundheit werden am 19. März vorgestellt. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Informationen für Patienten
Minimal-Invasive Wirbelsäulenchirurgie

Leiden Sie unter anhaltenden Rückenschmerzen oder Wirbelsäulenbeschwerden? Moderne minimal-invasive Operationsverfahren ermöglichen eine schonendere Behandlung mit schnelleren Genesungszeiten. Erfahren Sie mehr über innovative Therapiemöglichkeiten bei unserem Infoabend mit Dr. (Univ. Kermanshah) Kamran Yawari, Teamchefarzt des Caritas Wirbelsäulenzentrums. In seinem Vortrag erläutert er die Vorteile minimal-invasiver Wirbelsäulenchirurgie und zeigt auf, wann und für wen diese Methoden sinnvoll...

  • Reinickendorf
  • 18.02.25
  • 243× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es gibt und wie moderne Behandlungsmöglichkeiten helfen können.  | Foto: pixel-shot.com, Leonid Yastremskiy

Proktologie: Ende gut, alles gut!

Unser Darm ist mit seinen 5 bis 7 Metern Länge ein wahres Wunderwerk unseres Körpers. Doch wenn es am Ende des Darms zu Erkrankungen kommt, kann das die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen – auch wenn man es nicht sieht. Aus Scham werden diese Probleme oft verschwiegen, dabei gibt es in den meisten Fällen gute Behandlungsmöglichkeiten. Wir laden Sie herzlich zu unserem Informationsabend ein! Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es...

  • Reinickendorf
  • 19.02.25
  • 208× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 592× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 1.182× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.