Otto Rechnitz gründete die „Märkische Wachsschmelze“

Otto Rechnitz, hier etwa 1937, verlor seine Fabrik, wurde von den Nazis als Jude verfolgt. | Foto: Archiv Satke
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  • Otto Rechnitz, hier etwa 1937, verlor seine Fabrik, wurde von den Nazis als Jude verfolgt.
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Das Haus Alt-Kaulsdorf 14-18 beherrscht bis heute optisch die Einmündung der Chemnitzer Straße in die B1/B5. Ältere Kaulsdorfer erinnern sich noch daran, dass hier in der DDR Kaffeemaschinen hergestellt wurden.

Das Haus, in dem heute ein Restaurant und ein Hotel ihren Sitz haben, gehörte in den 1920er- und 1930er-Jahren dem jüdischen Fabrikanten Otto Rechnitz. Die dahinter an der Chemnitzer Straße gelegene Produktionshalle war die Hauptproduktionsstätte seiner „Märkischen Wachsschmelze“.

Hier hatte bis 1922 das Ausflugslokal „Götzes Berggarten“ bestanden. Der erfolgreiche Unternehmer kaufte das Grundstück, richtete das Haus als Wohnsitz und Komtur ein und baute den Ballsaal zu einer Produktionsstätte um. Nachdem diese 1927 abgebrannt war, baute er die Produktionshalle nach den alten Grundrissen neu.

Otto Rechnitz wurde am 3.April 1867 als Sohn eines Rabbiners im oberschlesischen Ratibor geboren. Nach dem Abschluss der Oberrealschule machte er sich 1894 in Cottbus als Kaufmann selbstständig. Unter anderem betätigte er sich auch als Erfinder und entwickelte zum Beispiel eine feuersichere Tür.

Die „Märkische Wachsschmelze“ gründete er 1917 in Berlin mit einem Kompagnon. Das Unternehmen baute er an mehreren Standorten über die Jahre später allein weiter aus. Es stellte chemische Produkte her. Das waren neben Wachsen, unter anderem für die Fußbodenpflege, Seifen, Öle, Parfüme und andere kosmetische und pharmazeutische Artikel.

Am 1. April 1933 brachten ihn die Nazis um sein Lebenswerk. Bereits seit deren Machtergreifung Ende Januar war er Schikanen und Todesdrohungen ausgesetzt gewesen. An dem Tag wurde ihm die Geschäftsführung der Fabrik entzogen und deren Bereten verboten.

Kurz nach Kriegsende verstorben

Er gab die Geschäftsführung in die Hände seiner tüchtigen Prokuristin Frieda Hirsekorn. Die Fabrik in deren Eigentum zu übergeben, scheiterte jedoch unter anderem wegen einer Denunziation aus der Belegschaft. Hirsekorn wurden von den Nazi nacheinander drei unfähige Geschäftsführer vor die Nase gesetzt. „Diese wirtschafteten das Unternehmen herunter, sodass es 1937 Konkurs anmelden musste. Bei der anschließenden Versteigerung bekam Frieda Hirsekorn den Zuschlag. Sie leitete die Firma bis zu ihren Tode 1970“, sagt Heimathistorikerin Karin Satke.

Die Familie Rechnitz zog im Jahr 1942 in ein sogenanntes Judenhaus in Tiergarten. Es hatte einem jüdischen Ehepaar gehört, das nach Theresienstadt deportiert worden war. Im März 1943 wurde Otto Rechnitz erstmals von den Nazis abgeholt, aber nach drei Tagen wieder entlassen. Im September kam er in ein Sammellager an der Iranischen Straße in Wedding. Dessen Kommandant erhielt am 20. April 1945 den Befehl, alle Juden zu erschießen, führte diesen aber nicht aus. Otto Rechnitz starb am 9. November 1945 und wurde auf dem Zentralfriedhof Berlin-Lichtenberg bestattet.

Autor:

Harald Ritter aus Marzahn

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