An den Plänen für Campus Ohlauer gibt es Kritik
Kreuzberg. Am 6. April bekamen die Mitglieder des Stadtplanungsausschuss zum ersten Mal mehr Details zum geplanten Neubau auf dem Gelände der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule.
Unter dem Namen "Campus Ohlauer" soll dort ein fünf- bis siebenstöckiger Gebäudekomplex entstehen, in dem es bezahlbare Wohnungen für Flüchtlinge, Studenten oder von Obdachlosigkeit betroffene Frauen geben wird. Das Projekt wird im Rahmen eines Senatsprojeks für besondere Wohnvorhaben errichtet. Bauherr ist die Wohnungsbaugesellschaft Howoge.
Der Neubau werde über eine Bruttogeschossfläche von 10 000 Quadratmetern verfügen, erklärte deren Vertreter Stefan Schautes. Davon seien 6661 Quadratmeter für Wohnen vorgesehen, knapp 1000 sind für die Else-Ury-Bibliothek reserviert, die von ihrem bisherigen Standort in der Glogauer Straße in Räume im Erdgeschoss ziehen soll. Auch eine Fahrradtiefgarage ist Teil der Planungen. Die Wohnfläche verteile sich auf 140 Appartements, in unterschiedlicher Größe und variabel, wozu auch die Modulbauweise beitrage. Unterteilt ergebe das 37 Sozialwohnungen, 56 für Studenten, 35 sollen an Geflüchtete gehen und zwölf sind Frauen in Not vorbehalten. Angaben, die für die ersten Einwände im Ausschuss sorgten. Teile man die Fläche durch die Zahl der Wohnungen, bleibe im Durchschnitt eine Größe von 47 Quadratmetern, hatte der SPD-Bürgerdeputierte Volker Härtig ausgerechnet. Von großzügigem Komfort könne da wohl keine Rede sein. Härtig: "Wollen wir diese Art von Wohnungsbau?"
Ähnlich sahen das die Piraten, deren Bürgerdeputierter Carsten Joost auch hier eine Alternativskizze angefertig hatte. Sie forderten in einem Antrag, die bisherigen Planungen noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. Das könne aber höchstens noch marginal passieren, machte Immobilienstadträtin Jana Borkamp (Bündnis90/Grüne) deutlich. Schon deshalb, weil das Projekt einigen Vorgaben unterliege. So sollen etwa die Baukosten nicht mehr als 1600 Euro pro Quadratmeter betragen. Denn nur dann könnten günstige Mieten festgeschrieben werden und das Vorhaben rentiere sich.
Angezählt wurden die Piraten auch, weil sie in der Begründung ihres Antrags von "Menschen mit schwierigen Lebensbiografien" gesprochen haben, die dort einziehen sollen. Abgesehen davon, dass es erstaunlich sei, selbst Studenten auf diese Weise zu charakterisieren, wäre solche Aussagen diskriminierend, so die Grünen. Natürlich seien das häufig Leute, die einen schwierigen Weg hatten, um dort anzukommen, konterte Piraten-Fraktionschef Ralf Gerlich. Gleichzeitig betonte er noch einmal, dass es gar nicht um das Vorhaben als solches gehe, wohl aber um das wie.
Auch einige Anwohner wandten sich gegen das Projekt. Minimum 300 neue Nachbarn seien zu viel für den Kiez, meinen sie. Erinnert wurde auch noch einmal an die Zeit, als die Gerhart-Hauptmann-Schule mit mehr als 200 Personen besetzt war. Außerdem kamen Argumente wie mehr Lärm und Verkehr, der Wegfall der Frischluftschneiße, das Verschwinden von Bäumen und insgesamt einem der letzten grünen Bereiche im Quartier. Aussagen, die vor allem im Umweltausschuss als eine Art St. Florian-Prinzip gewertet wurden. "Für mich hört sich das so an - ich will das nicht vor meiner Haustür haben", meinte dessen Vorsitzende Peggy Hochstätter. "Wir müssen allein rund 50 000 Flüchtlinge unterbringen", erklärte Jana Borkamp. Sie sollten nicht allein in Containern oder mobilen Unterkünften leben, sondern möglichst dort, wo sie mit anderen Bevölkerungsgruppen zusammen kommen. Darum gehe es auch beim Campus Ohlauer, einschließlich seiner weiteren Angebote, wie der Bibliothek oder Gemeinschaftseinrichtungen.
Zu dem Vorhaben soll am 19. Mai eine Bürgerinformation stattfinden. Ort und Zeit werden noch bekannt gegeben. Dass weder die Bevölkerung noch der zuständige Ausschuss lange nicht umfassend darüber unterrichtet wurden, war ein weiterer Kritikpunkt. Zumal der Baubeginn bereits für den Herbst vorgesehen ist. Borkamp begründete das damit, dass die Pläne erst im Detail vorliegen sollten, ehe sie öffentlich präsentiert werden. Vertreter anderer Fraktionen sahen das genau umgekehrt und verwiesen auf das normalerweise im Bezirk übliche Procedere einer frühzeitigen Bürgerbeteiligung. tf
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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