Auch an der Blücherstraße wird mangelnde Bürgerbeteiligung beklagt

Claudia Bartholomeyczik (vorne) und weitere Mitglieder der Initiative für den Kiezerhalt auf dem Spielplatz an der Schleiermacherstraße. Sie kritisieren vor allem, dass die Neubauvorhaben weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorangetrieben wurden. | Foto: Thomas Frey
3Bilder
  • Claudia Bartholomeyczik (vorne) und weitere Mitglieder der Initiative für den Kiezerhalt auf dem Spielplatz an der Schleiermacherstraße. Sie kritisieren vor allem, dass die Neubauvorhaben weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorangetrieben wurden.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Kreuzberg. Als Ergebnis der Veranstaltung stand auch hier, dass es eine weitere geben soll. Auch sonst ähnelte der Verlauf der Bürgerversammlung am 26. Mai zu den Neubauplänen an der Blücherstraße 26/26a der zum Campus Ohlauer eine Woche zuvor.

In beiden Fällen geht es um ein Sozialprojekt. Und hier wie dort wird mangelnde Bürgerbeteiligung und Transparenz beklagt.

Das Gelände, das sich entlang der Blücher- und Schleiermacherstraße zieht und auf dem sich das Heinrich-Plett-Haus befindet, gehört seit 2012 der Blücher Housing GmbH, hinter der sich zu zwei Drittel der Träger Jugendwohnen im Kiez (Juwo) und zu einem Drittel der ebenfalls in der Sozialwirtschaft tätige "Verein für Integrative Therapeutische Angebote", kurz Vita, verbirgt. Beide planen auf dem Grundstück insgesamt fünf Neubauprojekte. Bei Juwo liegen sie im Bereich betreute Jugendwohngemeinschaften, Einzelwohnen für Jugendliche sowie einer Kita. Vita will hier Wohnungen für Menschen mit seelischen Behinderungen und Pflegebedürftige schaffen.

Schwierige Suche

Es werde immer schwieriger, dafür geeignete Plätze zu finden, erklärten Jugendwohnen im Kiez-Geschäftsführer Gunter Fleischmann und sein Vita-Kollege Florian Schirmer. Hier gebe es die Möglichkeit dazu. Ihr Vorhaben wird vom Bezirk, namentlich von Bürgrmeisterin Monika Herrmann und Baustadtrat Hans Panhoff (beide Bündnis 90/Grüne) unterstützt. Es entwickelte sich aber nicht zum Selbstläufer.

Claudia Bartholomeyczik ist inzwischen das bekannteste Gesicht der "Initiative für den Kiezerhalt", die gegen die Pläne mobil macht. Nur durch Zufall sei im vergangenen Jahr bekannt geworden, dass der Spielplatz an der Schleiermacherstraße überbaut und die Anlage auf das Innere des Areals verlegt werden soll, erinnert sie bei der Veranstaltung im Leibniz-Gymnasium.

Der Kampf um den Spielplatz war dann auch das erste Ziel der Initiative. Ausgefochten wurde er schon bei einer Bürgerversammlung im Juni 2015. Damals habe es geheißen, an dem Vorhaben ließe sich nichts mehr ändern, sagt Claudia Bartholomeyczik. Was dann aber doch passierte. Auf dem Gelände der Spielfläche gibt es, außer an einer kleinen Stelle, keinen Neubau. Außerdem sollen manche Gebäude statt ursprünglich sieben nur noch sechs Etagen hoch werden. Das zeige, dass auf die Einwände der Bevölkerung eingegangen werde, meinte Hans Panhoff. Aber nicht nur die, sondern auch das Baukollegium des Senats war wohl dafür verantwortlich. Dort hatte es ebenfalls Kritik gegeben.

Wofür der ganze Platz?

Und es blieben weitere Nachfragen. Zu den jetzt bestehenden 5000 Quadratmetern Nutzfläche sollen weitere 10 000 hinzukommen, meinte eine Frau. Nur für etwas mehr als 8000 Quadratmeter gebe es aber bereits einen feststehenden Bedarf. "Wofür werden die anderen Flächen gebraucht?" Das müsse und werde sich mit der Zeit entwickeln, meinte Gunter Fleischmann. Ohnehin wäre nicht geplant, alle Gebäude in einem Zug zu erstellen. Wichtig sei vor allem die Kita an der Blücherstraße. Hier müsste eigentlich bis Juli ein Förderantrag eingereicht werden. Der könne aber erst gestellt werden, wenn die Pläne vorher abgesegnet seien, warb er für mehr Tempo. Konkret benannt wurde dagegen, dass 19 der 42 Bäume auf dem Grundstück gefällt werden sollen.

Vieles sei noch immer vage geblieben, deshalb könne sie zu den Veränderungen auf die Schnelle wenig sagen, meinte Claudia Bartholomeyczik. Sie parierte damit eine Aufforderung des Baustadtrats, sie und andere sollten konkrete Gegenvorschläge auf den Tisch legen.

Was dann wieder in die Frage mündete, wie Bürgerbeteiligung an dieser Stelle ausstehen soll. Das müsse über einen Bebauungsplan geregelt werden, meint die Initiative und beruft sich dabei auch auf die Stellungnahme eines beauftragten Juristen, der das derzeitige Vorgehen für rechtlich nicht gedeckt hält. Maßstab für den Bezirk ist wiederum ein sogenannter Bauerwartungsplan aus dem Jahr 1960. Vier Jahre später errichtete der Architekt Ernst May das Heinrich-Plett-Seniorenwohnheim. Unterstützt wurde er dabei von dem Landschaftsplaner Walter Rossow. Dessen großzügig gestaltete Grünfläche auf dem Grundstück ist für viele ebenfalls ein entscheidendes Argument, um gegen die Pläne vorzugehen. Und insgesamt geht es darum, wie viel Nachverdichtung Kreuzberg noch verträgt und warum sie vor der eigenen Haustür stattfinden soll.

Transparenz gefordert

Anderen Menschen den Zuzug zu verwehren und sich gegen alle Veränderungen zu stellen, sei auch keine Lösung, lauteten die Gegenargumente. Was gar nicht der Fall sei, konterte Claudia Bartholomeyczik. Das Vorhaben werde nicht grundsätzlich abgelehnt. Entscheidend sei aber, in welcher Form es dort Neubauten geben soll und wie das kommuniziert werde.

Hier zeigt sich das entscheidende Problem nicht nur bei dieser Auseinandersetzung. Wenn es um ein Projekt mit sozialem oder anderem wohlwollend betrachtetem Auge geht, spielt das Thema Bürgerbeteiligung anscheinend nicht die entscheidende Rolle. Die betroffene Bevölkerung verlangt aber auch dann eine weitgehende Transparenz.

Gibt es die nicht, kann das zu Gerüchten und sogar Verschwörungstheorien führen. Wie können zwei Sozialträger die Baukosten von geschätzt 30 Millionen Euro überhaupt aufbringen, wurde die beiden Geschäftsführer ebenfalls gefragt. Stecke dahinter vielleicht ein nicht genannter Großfinanzier, der "unbekannte König", wie es ein Redner ausdrückte? Das stellten Fleischmann und Schirmer energisch in Abrede. Nur ihre Gesellschaften seien die Bauherren. tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

50 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 2.676× gelesen
BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 2.021× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 2.643× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 3.550× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.