„Ein Schelm, wer böses dabei denkt“: Debatten zur Blücherstraße als absurdes Theater

Ein Erfolg für die Bürgerinitiative: Der Spielplatz an der Schleiermacherstraße bleibt weitgehend erhalten. Dafür gab es für zwei andere Flächen auf dem Areal inzwischen Baugenehmigungen. | Foto: Thomas Frey
  • Ein Erfolg für die Bürgerinitiative: Der Spielplatz an der Schleiermacherstraße bleibt weitgehend erhalten. Dafür gab es für zwei andere Flächen auf dem Areal inzwischen Baugenehmigungen.
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Das Thema ist eigentlich ernst. Aber seine Beschäftigung erinnert inzwischen manchmal an Slapstick.

Es geht um die unendliche Geschichte der geplanten Neubauvorhaben auf dem Grundstück Blücherstraße 26/26a. Wie berichtet, hatte das Bezirksamt zwei Baugenehmigungen ausgesprochen, obwohl gleichzeitig ein Antrag für einen Bebauungsplan im Umlauf ist. Der zuständige Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis 90/Grüne) bezog sich bei diesem Schritt auf rechtliche Vorgaben. Er müsste deshalb auch nicht vom Bezirksparlament abgesegnet werden. Das ist formal richtig. Trotzdem sah sich eine große Mehrheit in der BVV bei ihren Mitwirkungsrechten ausgebremst. Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich seither die Debatte, und sie hat inzwischen Anklänge eines absurden Theaters. Sogar einen Titel für das Stück gibt es mittlerweile. Er lautet: "Ein Schelm, wer böses dabei denkt."

Eingeführt hat ihn Lothar Jösting-Schüßler, Bezirksverordneter der Linken. Er bekleidet in dieser Aufführung die Rolle des versierten Volkstribuns. Es sei einiges sehr komisch gelaufen, lautete unter anderem sein Text. Zum Beispiel, dass der von der SPD eingebrachte B-Plan-Antrag erst einmal in die Niederungen diverser Ausschüsse versenkt worden sei. Und zwar just in solchen Gremien, bei denen die Grünen den Vorsitz führten. Ein solches Vorgehen könne bereits in Konflikt mit der Geschäftsordnung geraten.

Sekundiert wurde dieser Auftritt von Marlene Heihsel (FDP), bei sonstigen Vorstellungen der BVV eine eher ungewöhnliche Konstellation. Den Ausführungen des Kollegen Jösting-Schüßler könne sie in diesem Fall voll und ganz zustimmen, hieß es im Libretto der Liberalen. Sie bemängelte vor allem, dass der Bezirk Bürgerbeteiligung und die Unterstützung für Bürgerinitiativen normalerweise besonders hoch halte. Nicht aber im Fall der Blücherstraße.

Diese Beiträge waren nur das Präludium für den Einsatz von Volker Härtig, Bürgerdeputierter der SPD. Er wird regelmäßig mit dem Part des Provokateurs besetzt. Auch bei dieser Inszenierung lief er in seinem Charakterfach zu Hochform auf, gipfelnd in die schon mehrfach geäußerte Vermutung, es sei nicht auszuschließen, dass die beiden Investoren des Geländes, zwei Sozialträger, die dort unter anderem Wohnungen für betreute Jugendliche errichten wollen, "begünstigt behandelt" worden seien.

Das war das Stichwort für die Grünen, die sich ansonsten weitgehend auf die Position des Zuhörers beschränkt hatten. Wenn Härtig solche Anschuldigungen stelle, solle er konkret werden, forderte ihr Fraktionsvorsitzender Julian Schwarze. Er beantragte auch ein Wortprotokoll der Blücher-Aufführung. Um diese Passagen auf mögliche justiziable Auslassungen abzuklopfen? Auch Stadtrat Schmidt geizte eher mit Beiträgen in diesem Schauspiel. Er erinnerte an einen König im klassischen Drama, der das Treiben um ihn herum betrachtet, wissend, dass das Schicksal längst anders entschieden hat und er nur als dessen Träger fungiert. Immerhin habe das Bezirksamt die Baugenehmigungen abgesegnet, ließ er verlauten. Nicht mit unserem Mitglied, stellte Volker Härtig klar. Das habe bei dieser Sitzung gefehlt.

Und dann waren da noch der Ausschussvorsitzende John Dahl (SPD) in der Rolle des süffisanten Erzählers und die Bürger rund um die Blücherstraße als Chor. Falsche Angaben, vollendete Tatsachen, schallte es von dort. Sie waberten durch den Raum, prallten bei den einen ab, wurden von anderen aufgenommen, ohne dass klar wurde, wie sie dem Stück eine vielleicht andere Wendung geben könnten.

Die Inszenierung wird in den kommenden Wochen noch angereichert mit einem Antrag, der längst in weiten Teilen überholt ist. Was aber auch heißt, sie bleibt noch eine Weile auf dem Spielplan.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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