Gefühlt weniger Bauvolumen: Die "Urbane Mitte" wird aus sieben Hochhäusern bestehen
Kreuzberg. Das Großprojekt "Urbane Mitte" am Bahnhof Gleisdreieck soll jetzt in die Beteiligungsphase der sogenannten "Träger öffentlicher Belange" gehen.
Allerdings erst dann, wenn der Stadtplanungsausschuss und nach ihm die BVV diesem weiteren Schritt in Richtung Baugenehmigung zustimmen. Bei der Ausschusssitzung am 4. Oktober wurde das Votum auf Antrag der Linken zunächst vertagt, denn zuvor hatte es noch den einen oder anderen Klärungsbedarf gegeben. Der betraf zum Beispiel das Bauvolumen von 119 000 Quadratmetern. Ursprünglich sei eine Größenordnung von 100 000 Quadratmetern angegeben worden. Die werde jetzt um fast 20 Prozent überschritten.
In die Höhe
Warum das so ist, erschloss sich auch nach mehreren Nachfragen nicht vollständig. Ein Erklärung: Bereits vorhandene Bauwerke müssten ebenfalls mit einberechnet werden. Vor allem die bisher unzugänglichen Bahnviadukte, die öffentlich nutzbar werden sollen. Die Quintessenz: "Gefühlt" handle es sich um weniger Volumen als in der Realität.
Die Baumasse ist vor allem auf Höhe angelegt – in Gestalt von sieben Hochhäusern vom Siebengeschosser bis zu zwei 90-Meter-Türmen.
Der Drang nach oben ergibt sich nicht zuletzt wegen der Form des 43 000 Quadratmeter großen Grundstücks. Es erstreckt sich vom U-Bahnhof Gleisdreieck entlang der ICE-Trasse in Richtung Süden. Auch die geplante S-Bahnlinie 21 soll eines Tages dort unterirdisch durchführen. Außerdem gibt es neue Zugänge zur U-Bahn. Und schließlich sei Wert auf genügend Frei- und Aufenthaltsflächen gelegt worden, erklärte Dr. Markus Vogel, dessen Beratungsbüro für die Projektbetreuung verantwortlich ist. Investor ist die Copro-Immobiliengruppe. Der Siegerentwurf der Architekten Ortner & Ortner habe gerade diese Vorgaben am besten erfüllt. Das Ziel sei ein lebendiges Quartier mit Gastronomie und Einkaufsmöglichkeiten, etwa einer Markthalle. Auch Sportangebote soll es geben.
Keine Wohnungen geplant
Geplant wird die "Urbane Mitte" als reines Büro-, Gewerbe- und Dienstleistungsquartier. Gewohnt werden kann höchstens in einem etwa 12 000 Quadratmeter großen Hotel. Die Idee, zumindest einige Appartements zu errichten, sei verworfen worden, betonte neben Vogel auch Stefanie Schellin vom Büro Freie Planungsgruppe Berlin, das sich im Auftrag des Bezirks um das Bauvorhaben kümmert. Der Grund: In der Umgebung ist es zu laut zum Wohnen. Nicht nur die Bahnstrecken sorgen für hohe Lärmpegel, sondern auch die benachbarte Station Berlin.
Stattdessen sollen zum Beispiel Start-ups einziehen. Aber auch Handwerksbetriebe könnten Platz finden. Ebenso wie Künstler, für die an der Luckenwalder Straße ein Atelierhaus zu bezahlbaren Mietkonditionen errichtet wird. Der Raum für die Kunst unterstreiche, dass kein geschlossenes Geschäftsviertel entstehe, betonte Markus Vogel. Und nicht nur in diesem Fall sei auf die Anregungen und Wünsche während des Beteiligungsverfahrens eingegangen worden.
Verkehrschaos befürchtet
In der Frühphase hatte es Fach- und öffentliche Konzeptworkshops zu dem Projekt gegeben. Manche Ideen fanden dort Berücksichtigung. Aber nicht alle. So war der Hochhausbau teilweise sehr kritisch gesehen worden. Aktuell gab es auch noch einige Fragen zum Verkehrskonzept. Zwar ist geplant, die Zahl der Autoparkplätze möglichst gering zu halten, was aber schon wegen der Größenordnung des Projekts rund 400 Abstellflächen bedeutet. Noch mehr interessierte einige Anwohner aber die An- und Abfahrt und damit verbunden ein befürchtetes Chaos auf den benachbarten Straßen. Er gehe davon aus, dass die meisten Beschäftigten mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad zu ihren Arbeitsplätzen kommen, meinte Markus Vogel. Dafür spreche bereits die gute Anbindung. Auf dem Areal werde es rund 800 Abstellplätze für Zweiräder geben. Dazu weitere 300 öffentliche.
Diese und weitere Themen spielen jetzt auch eine Rolle, wenn sich verschiedene Verwaltungen, also die Träger öffentlicher Belange, mit dem Bauvorhaben beschäftigen. Den entsprechenden Beschluss vorausgesetzt. Als möglicher Baubeginn für die "Urbane Mitte" war das Jahr 2018 avisiert. Aber selbst wenn das klappen sollte, ist erst im nächsten Jahrzehnt alles fertig. tf
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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