Kein Milieu für Milieuschutz
Kreuzberg. Das Milieuschutzgebiet Hornstraße sollte eigentlich um den Bereich zwischen Yorck- und Hageberger Straße, Großbeerestraße und Mehringdamm erweitert werden.
Aber daraus wird wohl nichts. Die Voraussetzungen sind in dem Karree rund um Riehmers Hofgarten nicht mehr gegeben. Das wurde den Mitgliedern des Stadtplanungsausschuss jetzt in einer geheimen Beratung durch das Stadtplanungsamt mitgeteilt.
Milieuschutz bedeutet, dass bestimmte Modernisierungen untersagt sind oder zumindest genehmigt werde müssen. Das betrifft zum Beispiel den Einbau eines zweiten Badezimmers oder eines weiteren Balkons. Auch bestimme hochwertige Materialien sollten nicht verwendet werden und das Umwandeln von Miet- in Eigentumswohnungen ist bei Bestandsbauten nicht erlaubt.
Im avisierten Gebiet greifen diese Verbote aber nicht mehr. Denn dort gibt es anscheinend nur noch sehr wenig Wohnungen, die nicht saniert sind. Die Rede war von etwa 40 bei einem Gesamtbestand von rund 600. Wohl schon aus diesem Grund leben dort auch nur noch sehr wenige Menschen, die als Bezieher niedriger Einkommen eingestuft werden. Ihr Anteil sei mit etwa drei Prozent der Gesamtbevölkerung des Quartiers angegeben worden, berichteten Teilnehmer der nichtöffentlichen Sitzung. Bei 40 Prozent der Wohnungen handle es sich außerdem um Eigentumsobjekte. Das ist für Berlin ein sehr hoher Wert. Insgesamt leben in der Stadt weniger als 20 Prozent in einer eigenen Immobilie.
Um als Milieuschutzgebiet ausgewiesen zu werden, sind die Hürden ohnehin einigermaßen hoch. Wegen der zahlreichen Einschränkungen muss nachgewiesen werden, dass dieses Vorgehen aus sozialen oder gesellschaftlichen Erwägungen gerechtfertigt ist, um die Struktur eines Kiezes zu erhalten und Belastungen für die Bewohner abzuwehren. Das lässt sich in einem Quartier, in dem anscheinend eher gut situierte Bewohner zu Hause sind, schwer begründen. Zusammengefasst: Das dortige Milieu spricht gegen den Milieuschutz.
Auch das Thema leerstehende Wohnungen spielte bei den Beratungen eine Rolle. Es hatte im Herbst 2015 durch den Vorstoß der Grünen-Fraktion in der BVV zusätzliche Brisanz bekommen. Sie forderten, Immobilien, die aus spekulativen Gründen unbewohnt sind, als Unterkünfte für Obdachlose und Flüchtlinge zu beschlagnahmen. Als Beispiel wurde der derzeit ungenutzte Bestand in Riehmers Hofgarten genannt.
An den ist aber wohl nicht heranzukommen. Zwar befinden sich anscheinend die Mehrzahl der nicht genutzten Wohnungen in den Riehmers-Gebäuden zwischen Yorck- und Hageberger Straße. Allerdings werden sie aktuell saniert. Insgesamt wird der Leerstand im Gesamtgebiet mit sechs Prozent angegeben. Ausgehend von ungefähr 600 Wohnungen wäre das knapp 40.
Warum das Stadtplanungsamt diese Erkenntnisse unter Ausschluss der Öffentlichkeit bekanntgeben musste, war auch manchen Ausschussmitglieder unverständlich. So geheimnisvoll seien sie eigentlich nicht gewesen. Höchstens vielleicht die Anmerkung, dass möglicherweise weitere Gebiete in der Umgebung auf ihre Voraussetzungen für einen Milieuschutz geprüft werden könnten. tf
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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