Kein Milieu für Milieuschutz

In Riehmers Hofgarten lebte US-Regisseur Quentin Tarantino während der Dreharbeiten zu "Inglourious Basterds". Nicht nur wegen solcher Bewohner braucht dieses Gebiet keinen Milieuschutzstatus. | Foto: Thomas Frey
  • In Riehmers Hofgarten lebte US-Regisseur Quentin Tarantino während der Dreharbeiten zu "Inglourious Basterds". Nicht nur wegen solcher Bewohner braucht dieses Gebiet keinen Milieuschutzstatus.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Kreuzberg. Das Milieuschutzgebiet Hornstraße sollte eigentlich um den Bereich zwischen Yorck- und Hageberger Straße, Großbeerestraße und Mehringdamm erweitert werden.

Aber daraus wird wohl nichts. Die Voraussetzungen sind in dem Karree rund um Riehmers Hofgarten nicht mehr gegeben. Das wurde den Mitgliedern des Stadtplanungsausschuss jetzt in einer geheimen Beratung durch das Stadtplanungsamt mitgeteilt.

Milieuschutz bedeutet, dass bestimmte Modernisierungen untersagt sind oder zumindest genehmigt werde müssen. Das betrifft zum Beispiel den Einbau eines zweiten Badezimmers oder eines weiteren Balkons. Auch bestimme hochwertige Materialien sollten nicht verwendet werden und das Umwandeln von Miet- in Eigentumswohnungen ist bei Bestandsbauten nicht erlaubt.

Im avisierten Gebiet greifen diese Verbote aber nicht mehr. Denn dort gibt es anscheinend nur noch sehr wenig Wohnungen, die nicht saniert sind. Die Rede war von etwa 40 bei einem Gesamtbestand von rund 600. Wohl schon aus diesem Grund leben dort auch nur noch sehr wenige Menschen, die als Bezieher niedriger Einkommen eingestuft werden. Ihr Anteil sei mit etwa drei Prozent der Gesamtbevölkerung des Quartiers angegeben worden, berichteten Teilnehmer der nichtöffentlichen Sitzung. Bei 40 Prozent der Wohnungen handle es sich außerdem um Eigentumsobjekte. Das ist für Berlin ein sehr hoher Wert. Insgesamt leben in der Stadt weniger als 20 Prozent in einer eigenen Immobilie.

Um als Milieuschutzgebiet ausgewiesen zu werden, sind die Hürden ohnehin einigermaßen hoch. Wegen der zahlreichen Einschränkungen muss nachgewiesen werden, dass dieses Vorgehen aus sozialen oder gesellschaftlichen Erwägungen gerechtfertigt ist, um die Struktur eines Kiezes zu erhalten und Belastungen für die Bewohner abzuwehren. Das lässt sich in einem Quartier, in dem anscheinend eher gut situierte Bewohner zu Hause sind, schwer begründen. Zusammengefasst: Das dortige Milieu spricht gegen den Milieuschutz.

Auch das Thema leerstehende Wohnungen spielte bei den Beratungen eine Rolle. Es hatte im Herbst 2015 durch den Vorstoß der Grünen-Fraktion in der BVV zusätzliche Brisanz bekommen. Sie forderten, Immobilien, die aus spekulativen Gründen unbewohnt sind, als Unterkünfte für Obdachlose und Flüchtlinge zu beschlagnahmen. Als Beispiel wurde der derzeit ungenutzte Bestand in Riehmers Hofgarten genannt.

An den ist aber wohl nicht heranzukommen. Zwar befinden sich anscheinend die Mehrzahl der nicht genutzten Wohnungen in den Riehmers-Gebäuden zwischen Yorck- und Hageberger Straße. Allerdings werden sie aktuell saniert. Insgesamt wird der Leerstand im Gesamtgebiet mit sechs Prozent angegeben. Ausgehend von ungefähr 600 Wohnungen wäre das knapp 40.

Warum das Stadtplanungsamt diese Erkenntnisse unter Ausschluss der Öffentlichkeit bekanntgeben musste, war auch manchen Ausschussmitglieder unverständlich. So geheimnisvoll seien sie eigentlich nicht gewesen. Höchstens vielleicht die Anmerkung, dass möglicherweise weitere Gebiete in der Umgebung auf ihre Voraussetzungen für einen Milieuschutz geprüft werden könnten. tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

52 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Schonende Verfahren für Ihre Rückengesundheit werden am 19. März vorgestellt. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Informationen für Patienten
Minimal-Invasive Wirbelsäulenchirurgie

Leiden Sie unter anhaltenden Rückenschmerzen oder Wirbelsäulenbeschwerden? Moderne minimal-invasive Operationsverfahren ermöglichen eine schonendere Behandlung mit schnelleren Genesungszeiten. Erfahren Sie mehr über innovative Therapiemöglichkeiten bei unserem Infoabend mit Dr. (Univ. Kermanshah) Kamran Yawari, Teamchefarzt des Caritas Wirbelsäulenzentrums. In seinem Vortrag erläutert er die Vorteile minimal-invasiver Wirbelsäulenchirurgie und zeigt auf, wann und für wen diese Methoden sinnvoll...

  • Reinickendorf
  • 18.02.25
  • 102× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es gibt und wie moderne Behandlungsmöglichkeiten helfen können.  | Foto: pixel-shot.com, Leonid Yastremskiy

Proktologie: Ende gut, alles gut!

Unser Darm ist mit seinen 5 bis 7 Metern Länge ein wahres Wunderwerk unseres Körpers. Doch wenn es am Ende des Darms zu Erkrankungen kommt, kann das die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen – auch wenn man es nicht sieht. Aus Scham werden diese Probleme oft verschwiegen, dabei gibt es in den meisten Fällen gute Behandlungsmöglichkeiten. Wir laden Sie herzlich zu unserem Informationsabend ein! Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es...

  • Reinickendorf
  • 19.02.25
  • 57× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 467× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 1.063× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.