Flanieren statt radeln
Planer empfehlen Vorzugsvariante für "Radbahn U1"
Seit acht Jahren ist die „Radbahn U1“ unter dem U-Bahn-Viadukt an der Skalitzer Straße in Planung. Nun liegt mit der Machbarkeitsstudie eine favorisierte Variante vor. Unter dem Viadukt soll demnach gar nicht Rad gefahren, sondern nur flaniert werden.
Ein moderner schneller Radweg quer durch Kreuzberg. Das war die Vision für die Radbahn unter der U1. Angestoßen hatten die Idee Architekten und Stadtplaner, die inzwischen im Verein „Paper Planes“ organisiert sind. Unter dem U-Bahn-Viadukt, so der Vorschlag, soll der Radweg bis zum Zoologischen Garten führen. Ob das funktionieren kann, und welche Folgen das für die verschiedenen Verkehrsteilnehmer hat, sollte eine Machbarkeitsstudie zunächst für die Strecke vom Kottbusser Tor bis zur Oberbaumbrücke prüfen. Deren Ergebnisse stellte jetzt die Senatsmobilitätsverwaltung vor. Zwei Varianten wurden dabei gegenübergestellt.
Die von den Verkehrsplanern favorisierte Variante hat mit der Vision von 2015 nur noch wenig zu tun. Denn sie sieht vor, dass unter dem Viadukt gar nicht mehr Rad gefahren, sondern nur noch flaniert wird. Radfahrer und Fußgänger sollen sich in dieser Vorzugsvariante stattdessen die gesamte nördliche Fahrbahn der Skalitzer Straße teilen, die für Autos und Lkw gesperrt wird – außer für Lieferfahrzeuge und Entsorger. Mit dieser „Mobilitäts- und Frischluftachse“ werde ein deutlich erweitertes Platzangebot für den Rad- und Fußverkehr ermöglicht, so die Senatsverwaltung, sowie „Raum für zusätzliche Stadtbäume und entsiegelte Flächen geschaffen“. Die andere Variante, die modifiziert auf der ursprünglichen Idee von Paper Planes beruht, führt den Radweg nicht nur unter dem Viadukt, sondern auch neben der Hochbahn. Der Grund: Der Platz direkt unter der Überdachung ist für einen beidseitigen Radverkehr wegen des neuen Mobilitätsgesetzes zu schmal.
Testfeld zwischen Görlitzer Bahnhof
und Kottbusser Tor
Verbindlich festgelegt ist die Vorzugsvariante der Planer laut Senatsverwaltung aber noch nicht. Vorher müssten noch die „verkehrlichen Auswirkungen auf das anliegende Straßennetz ermittelt werden“. Dafür ist demnach jetzt eine Vorplanung für den Abschnitt von der Oberbaumbrücke bis zum Halleschen Ufer vorgesehen. Sollte die Vorzugsvariante realisiert werden, lägen die Kosten bei knapp vier Millionen Euro. Der Komplettumbau des Kottbusser Tors für die Radbahn würde 1,5 Millionen Euro teuer.
Billiger wäre dagegen eine Minimalversion der Vorzugsvariante, die laut Planern knapp 2,3 Millionen Euro kosten würde. Paper Planes bereitet indes unabhängig von der Entscheidung ein sogenanntes Reallabor vor. Dafür soll wie berichtet im August ein 200 Meter langes Testfeld direkt unter dem Viadukt entstehen und zwar zwischen den U-Bahnhöfen Görlitzer Bahnhof und Kottbusser Tor. Diskutiert und erprobt werden hierbei die Gestaltung des öffentlichen Raums, verschiedene Bodenbeläge, Beleuchtungen, Fahrradleitsysteme, Randbepflanzungen und Stadtmobiliar.
Das „Reallabor Radbahn“-Projekt wurde als nationales Projekt des Städtebaus ausgezeichnet und erhielt 2019 bereits Fördermittel in Höhe von 3,3 Millionen Euro. Die Finanzierung läuft noch bis Ende 2023. Die Berliner konnten sich an dem Projekt unter anderem auf mein.berlin.de beteiligen.
Die Machbarkeitsstudie ist hier nachlesbar: https://bwurl.de/196f.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
1 Kommentar
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.