Welche Rolle spielt Bezirksbürgermeisterin Frau Herrmann bei dem umstrittenen Großbauprojekt in der Blücherstraße?

Das Projekt in der Blücherstr. 26 war schon mehrmals Thema in der Berliner Woche.

Seit Beginn betont die Initiative für den Kiezerhalt, dass sie die geplanten sozialen Nutzungen begrüßt, so bereits im Sommer 2015 bei ihrem allerersten offiziellen Termin in der Sprechstunde von Frau Herrmann.

Was kritisiert wird, ist eine überproportionale Verdichtung und städtebauliche Defizite in der Planung, auch mit Blick auf die Situation der Bestandsbewohner. Darüber hinaus: ein viel zu hoher Verlust an Stadtnatur. Und zwar sowohl auf dem jetzt noch naturnahen Spielplatz als auch vor allem im Park des ehemals städtischen Altersheims. (Auch wenn Frau Herrmann (im JH-Ausschuss) befand, dass sei kein Park, weil da nämlich ein Zaun drum sei.)

Dieser Park wurde geplant von einem der innovativsten Landschaftsplaner der Bundesrepublik, Walter Rossow, in enger Zusammenarbeit mit Ernst May - beide waren übrigens Vertreter städtischer Verdichtung! Für das Gelände Blücher 26 sahen sie aber die Notwendigkeit, einen Ausgleich zu schaffen zu den gründerzeitlichen Dichten der Umgebungsbebauung (GFZ z.T. über 4,0). Sie folgten den Prinzipien des Baunutzungsplanes:
„… das im Baunutzungsplan 1958/60 festgesetzte Maß der Nutzung bleibt bewusst und gewollt deutlich hinter dem nicht mehr für verträglich gehaltenen sehr hohen Nutzungsmaß der Berliner Gründerzeitbebauung zurück. Der Plangeber des Baunutzungsplans 1958/60 hat sich gerade bewusst dafür entschieden, ein deutlich niedrigeres Nutzungsmaß für neu zu realisierende Bebauung festzusetzen." (RA K. Sommer)

Inzwischen kritisieren wir außerdem die, wie es nicht nur uns erscheint, sehr einseitig wirkende Parteinahme der Grünen für die Interessen der Blücher 26 Housing GmbH (keine, wie von Frau Herrmann im JHA suggeriert, gemeinnützige Gesellschaft).

Ausgerechnet von den Grünen werden zwei BVV-Beschlüsse, die (u.a.) die Einrichtung einer Bürgerbeteiligung fordern, ignoriert! Umweltgerechtigkeit, Klimaschutz und Lebensqualität der Bewohner und Anwohner sind kein Thema. Dass ihnen ihr Wahlprogramm offenbar "scheißegal" sei, wird der SPD von Andreas Weeger (Grüne) in der BVV der SPD vorgeworfen , aber an die eigene grüne Nase fasst sich offensichtlich keiner. Papier ist geduldig.

Die Bewohner und Bewohnerinnen des Heinrich-Plett-Hauses trauern den Zeiten hinterher, als sie von Ex-Bürgermeister Franz Schultz (Grüne) persönlich auf dem Laufenden gehalten und in die Planungen einbezogen wurden. Planungen übrigens, die für die Bestandsbewohner viele Verbesserungen ihres Lebensumfelds vorsahen, von denen jetzt keine Rede mehr ist, das Gegenteil ist der Fall. Von den sozialen Trägern, deren erste "Amtshandlung" 2012 offenbar war, die Gemeinschaftsräume abzuschaffen, bekommen sie die Auskunft, man werde informieren, wenn es mit dem Bauen losgehe. Die angekündigte Sanierung ist auf unbestimmte Zeit verschoben.

Aufgrund der vielen Köche, die bei der Blücher inzwischen mitgekocht haben, scheint der Brei verdorben. Aufgrund von Gesprächsverweigerung und u.E. unnötig verhärteten Fronten, droht jetzt eine städtebauliche Fehlplanung Gestalt anzunehmen.
Unsere Bürgerinitiative ist für eine Lösung,
- die die vorgesehenen sozialen Nutzungen ermöglicht
- die Lebensqualität der Bewohner (jetzige und zukünftige) und der Anwohner erhält
- also möglichst kiez- und umweltverträglich ist, und zwar für alle.

Warum gelten die fachlichen Einwände und kritischen Stellungnahmen der Experten für Ernst May und Walter Rossow, Florian Seidel, Andrea Koenecke und Peter Kluska nichts, allesamt Architekten und Landschaftsplaner? Warum wurden die gar nicht hinzugezogen, wenn es doch offiziell um das wichtige städtebauliche Erbe dieser eminenten Vertreter der Nachkriegsmoderne geht? Stattdessen verlautbart das eigentlich offiziell mit der "Rettung" des Ernst-May-Erbes vom Senat (über das Baukollegium) beauftragte Architekturbüro Clark und Kuhn, man habe schon mal so geplant, dass man "hinterher" (nach dem Abriss des Gebäudes? Zur Erinnerung: die Sanierung wurde auf unbestimmte Zeit verschoben) "gut weiterbauen" könne.

Es kann nicht sein, dass auf dem gesamten Grundstück einzelne Häuser verteilt werden, zerstückelte Restflächen übrig lassen und den Baumbestand drastisch dezimieren. Nach Süden (nach dorthin haben die meisten der Kleinstwohnungen, max. 29 qm, ihre einzigen Fenster!) gibt es eine herrliche Wiese mit großen Bäumen, wo man nicht einfach alles verbauen darf (drei große Blöcke sind geplant).

Nach Norden an der Blücherstraße wiederum gibt es laut Expertenmeinung weniger wertvolle Freibereiche, z.T. Parkplatzflächen, die sich zum Neubau im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben eignen würden. Ausgerechnet dort wird aber nur eine Kita und ein schmaler Wohnriegel hingesetzt. Warum muss das so sein?

Auch der an der Planung des Rossow-Gartens beteiligte Grünplaner Peter Kluska hat jüngst in seinem Artikel in der Zeitschrift Garten + Landschaft auf diese Diskrepanz hingewiesen: http://kiezerhalten.blogspot.de/2016/11/wohnanlage-von-may-und-rossow-bedroht.html

Eine Kuriosität gibt es

Die Bürgerinitiative, in der auch die Bestandsbewohner vertreten sind, sorgt sich um den Fortbestand des schützenswerten May/Rossow-Ensembles, des sanierungsbedürftigen Gebäudes, des Gartens und des Spielplatzes. Der Garten und der Spielplatz liegen in der Schleiermacherstraße und sind von der Blücherstraße aus nicht zu sehen. Um die Ecke in der Blücherstraße genießt unsere Bürgermeisterin Monika Herrmann in ihrer Wohnung den unverbauten Blick Richtung Heinrich-Plett-Haus.
So wie jetzt gebaut werden soll, wird sich daran nicht viel ändern. Der schmale Riegel wird nicht viel Aussicht wegnehmen, dafür aber eine weitere Verdichtung an der Blücherstraße für immer verunmöglichen.

„Not in my backyard“?

Bebauungsplan für die Blücherstraße 26: "Mit mir nicht!" Frau Herrmann?


Monika Herrmann mischt sich normalerweise nicht in die Stadtplanung ein. Ausgerechnet hier aber macht sie Druck. Am Rande der Sitzung des Stadtplanungsausschusses im Mai (unsere Initiative hatte dort ihr Anliegen ausführlich vorgestellt) wurden zwei Mitglieder unserer Initiative zufällig Zeugen eines kurzen Gesprächs zwischen Baustadtrat Panhoff und Monika Herrmann, in dem Panhoff sinngemäß meinte, mein Gott, sollen Sie halt ihren blöden B-Plan kriegen - Antwort Herrmann: Nein, wir ziehen das durch. "Mit mir nicht."

Was eigentlich?

Zu Beginn war da ein Plan, der an der Blücherstraße noch einen langen Riegel mit Eckbebauung vorsah. Irgendwie gefiel das nicht und am Ende beauftragte der Senat ein anderes Büro, einen neuen Plan zu erstellen. Dieser sah an der Blücherstraße nun plötzlich nur noch die beiden kleinen Häuser vor, dafür im eigentlichen Garten des nach Licht, Luft, Sonne ausgerichteten sozialen Wohnungsbaus den überwiegenden Teil der Bauten. Und das soll nach Monika Herrmanns Meinung ohne Bauleitplanung „durchgezogen“ werden.

Frau Herrmann hatte sich bei dem oben erwähnten 1. Treffen mit unserer Initiative aufgrund ihrer Wohnung gegenüber der Blücher 26 als befangen erklärt und sagte, dass Sie sich deshalb aus dem Prozess ganz raushalte. Dem haben wir Glauben geschenkt.

Im Hintergrund agiert sie aber offenbar völlig anders. Sie ist vermutlich nicht nur wegen der inhaltlichen Ausrichtung, sondern naheliegender weise auch wegen des jahrelangen engen Kontakts zu den Sozialträgern eine vehemente Befürworterin des Bauprojektes, an der augenscheinlich sämtliche Sachargumente abprallen, mitunter Tatsachen geleugnet oder verdreht werden. Manche nennen das Kreuzberger Filz. Kann Herr Fleischmann von der Blücher 26 Housing GmbH es sich deswegen erlauben, verhältnismäßig ignorant den Bürgern gegenüber aufzutreten und sich jedem Gespräch auf Augenhöhe komplett zu verweigern? Warum tritt Vita e.V. als 2/3-Eigner so selten in Erscheinung?

Jedenfalls, dass sich Frau Herrmann uns gegenüber für befangen erklärt und dann das Ganze intern voranschiebt, ist sehr irritierend.

Wir beantragen, dass die neue BVV und der neue Senat die Planungen noch einmal grundsätzlich auf ihre Sinnhaftigkeit prüft. Immerhin wird hier eine wertvolle Grünfläche verbaut und ein städtebauliches Erbe beschädigt, obwohl es leicht anders ginge. Der ursprüngliche Plan sollte wieder das Leitbild der Entwicklung darstellen, der BVV-Beschluss dazu existiert seit Februar 2016! Der eingereichte Bauantrag muss sofort gestoppt werden, damit eine städtebaulich, sozial und ökologisch überzeugendere Lösung für ALLE gefunden werden kann. Soziales Wohnen und Kiezerhalt sind vereinbar.

Fotos von Dagmar Ruth Arnold

Autor:

Initiative für den Kiezerhalt Blücher/Schleiermacherstr. aus Kreuzberg

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