Wo bleiben die Initiativen?: Streit um die künftige Eigentümerschaft des Dragonerareals
Beim Kampf um die Übertragung des Dragnonerareals an das Land Berlin zogen Politik und verschiedene Interessengruppen noch an einem Strang. Inzwischen zeigen sich allerdings einige Differenzen.
Die größte gibt es inzwischen bei der Frage der künftigen Eigentümerschaft. Denn aktuell beabsichtigt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, das etwa vier Hektar große Grundstück zwischen Rathaus Kreuzberg und Obentrautstraße an zwei landeseigene Wohnungsbaugesellschaften zu übergeben, namentlich an die WBM und die Degewo.
Dagegen wehren sich verschiedene Initiativen. Sie befürchten dadurch weniger Einfluss bei der künftigen Gestaltung der Fläche. Zudem sei ihnen bisher immer eine kooperative Beteiligung zugesagt worden, machten mehrere Vertreter bei der Sitzung des Stadtplanungsausschusses am 15. November deutlich. Dass sie von den Senatsplänen eher nebenbei bei einer Veranstaltung am 6. November erfahren hatten, sorgte für weiteren Unmut.
Da ging es ihnen wie Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis 90/Grüne), der nach eigenen Angaben ebenfalls erst bei diesem Termin davon Kenntnis bekommen hatte. Auch er sieht die Art des Vorgehens kritisch, hält aber, ebenso wie mehrere Bezirksverordnete, die Übergabe in den Bestand der kommunalen Wohnungswirtschaft "nicht für den schlechtesten Weg". Allerdings sollte nach seiner Meinung nur eine Gesellschaft den Zuschlag bekommen. Denn schon die habe sich mit mehreren weiteren Akteuren auseinanderzusetzen. Mit Co-Bauherren ebenso, wie mit den Initiativen.
Dass deren Mitspracherecht gewahrt bleiben müsse, war ebenfalls weitgehender Konsens. Darauf zielte auch eine von den Grünen eingebrachte Beschlussempfehlung ab. Sie verlangt unter anderem, die bisherige Festlegung des Senats offen zur Diskussion zu stellen und ernsthaft zu prüfen, welche anderen Trägermodelle in Frage kommen könnten. Die Vorlage wurde zunächst vertagt. Auch weil in dieser Richtung ohnehin weitere Gespräche anstehen.
Die Sprecher der Interessengruppen hatten sich allerdings ein deutlicheres Votum gewünscht und zeigten sich deshalb wenig zufrieden. "Kein cooler Umgang" sei das, erklärte Enrico Schönberg von "Stadt von Unten". Die Initiativen fordern, dass das Gelände zunächst an einen Treuhänder geht, der keine eigenen Absichten verfolgt. Der Hintergrund für diesen Vorstoß liegt auf der Hand: Mit dem Einstieg von kommunalen Wohnungsunternehmen werden Fakten geschaffen.
Ohnehin weckt das Dragonerareal zahlreiche Begehrlichkeiten: Wohnungen, vor allem im preisgünstigen Bereich, soll es dort geben, ebenso Gewerbe und Kultur. Aber auch weitere Einrichtungen zur sozialen Infrastruktur bis hin zu einem Schulstandort spielen eine Rolle. Auch stellt sich die Frage, wie hoch der Anteil an Grünflächen sein soll. Und das alles sollte außerdem in einem einigermaßen überschaubaren Zeitraum ausgehandelt werden, wurde von einigen Ausschussmitgliedern ebenfalls angemerkt – gerade mit dem Verweis auf den dringend benötigtem Wohnraum.
Endgültig in den Bestand des Landes soll das Dragonerareal im Mai 2018 gehen. Die Übertragung ist Teil des Hauptstadtvertrags zwischen dem Bund und Berlin.
Wie mehrfach berichtet, wollte die bundeseigene Liegenschaftsverwaltung BImA das Gelände in zwei Anläufen durch ein Höchstbieterverfahren verkaufen. Bei ersten Mal zog der Kaufinteressent, auch wegen großem Widerstand, wenig später sein Angebot zurück. In der zweiten Runde ging das Grundstück für kolportierte 36 Millionen Euro an die in Wien ansässige Dragonerhöfe GmbH. Dagegen gab es erneut großen Protest, der auch vom Senat aufgenommen wurde. Er erreichte im Bundesrat eine Ablehnung des Kaufvertrags. Das mündete nach weiteren Diskussionen und Verzögerungen in die im Frühjahr 2017 vereinbarte Übergabe.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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