Weiteres zum Postscheck-Deal
Wohnen und arbeiten am Turm
Am 7. November stand das Thema Kompromiss beim Postscheck-Areal am Halleschen Ufer eigentlich auf der Tagesordnung im Stadtplanungsausschuss. Es wurde aber vertagt.
Einen Tag später berichtete der "Tagesspiegel" über den Inhalt der Vereinbarung. Einiges war bereits in den vergangenen Wochen bekannt geworden. Dazu kamen jetzt weitere Details.
Demnach verzichtet die CG-Gruppe als Eigentümer und Investor auf Wohnungsbau. Der wird jetzt allein von der kommunalen Gesellschaft Degewo errichtet. Geplant sind 311 neue Wohnungen, davon 244 zu Mietpreisen um die 6,50 Euro pro Quadratmeter. Der Rest ebenfalls im "leistbaren" Segment, worunter Kosten bis maximal zehn Euro zu verstehen sind. Im Gegenzug werden das Postscheck-Hochhaus und sein direktes Umfeld zum reinen Gewerbestandort. Die Idee, in dem Hochhaus auch möblierte Wohnungen einzurichten, ist vom Tisch.
Was bedeutet diese Abmachung? Im Vergleich zu den ursprünglichen Plänen hat sich die Zahl der Neubauwohnungen ungefähr halbiert. Eigentlich sollten es 623 sein. Gleichzeitig verdoppeln sich ungefähr die preisgünstigen Angebote. Um den Zuwachs zu stemmen, muss die Degewo aber weitere Grundstücke auf dem Areal aufkaufen. Noch nicht ganz klar scheint, ob die Wohnungsbaugesellschaft das aus Eigenmitteln oder mit einem Zuschuss des Landes realisiert.
Die Abmachung basiert auf den Ergebnissen eines Vermittlungsgesprächs zwischen der CG-Gruppe und dem Bezirk, das Ende September bei Stadtentwicklungsstaatssekretär Sebastian Scheel (Linke) stattgefunden hat. Wie mehrfach berichtet, hatte es zuvor heftige Auseinandersetzungen namentlich zwischen CG-Chef Christoph Gröner und Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis90/Grüne) gegeben. Gröner warf dem Bezirk vor, sein Bauprojekt zu torpedieren. Ausgedrückt auch durch ein Protestplakat am Postscheck-Turm.
Schmidt verwies wiederum auf die geänderten Pläne, mit denen die CG-Gruppe vorstellig geworden sei. Sie wollte damals den Gewerbeanteil am Gesamtprojekt zu Lasten des Wohnungsbaus erhöhen. Der Baustadtrat hatte nach diesen neuen Wünschen zunächst einen Kompromiss mit der CG-Gruppe ausgehandelt. Der war aber von der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) mehrheitlich abgelehnt worden. Die jetzige Vereinbarung wird dagegen wahrscheinlich Zustimmung finden. Nicht nur der Stadtrat streicht dabei das Mehr an Sozialwohnungen heraus.
Als "endlich einen erfreulichen Ausblick" wird die Einigung auch von der SPD begrüßt. Zumindest von ihrem Kreisvorsitzenden Harald Georgii und dem BVV-Fraktionsvorsitzenden Sebastian Forck. Auch der neue Gewerberaum entlaste die angespannte Situation. Es sollte deshalb ein Angebot an Gewerbetreibende unterbreitet werden, "die in unserem Bezirk von Verdrängung bedroht sind".
Nicht alle Sozialdemokraten sehen den Postschek-Deal allerdings so wohlwollend. John Dahl, Vorsitzender des Stadtplanungsausschusses, reagiert weitaus zurückhaltender. Die CG-Gruppe wollte mehr Gewerbe und das bekomme sie jetzt, konstatiert er. Mehr bezahlbare Wohnungen seien zwar gut, insgesamt gebe es jetzt aber weniger Wohnungsangebote. Außerdem entfalle die eigentlich gewünschte soziale Mischung. Zudem habe das Reduzieren des einstigen Wohnungsumfangs Auswirkungen auf die soziale Infrastruktur. Etwa bei der geplanten Kita. Und vom Kauf der Grundstücke profitiere ebenfalls die CG-Gruppe. Außerdem findet er es suboptimal, dass der Kompromiss bekannt wurde, ehe sich die BVV damit beschäftigen konnte. Das sehe nach "vollendeten Tatsachen" aus.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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