Dem Vergessen entzogen: Fontanepromenade 15 wird Erinnerungsort

In der Fontanepromenade 15 wird künftig über die Vergangenheit dieses Gebäudes informiert. | Foto: Initiative Gedenkort
  • In der Fontanepromenade 15 wird künftig über die Vergangenheit dieses Gebäudes informiert.
  • Foto: Initiative Gedenkort
  • hochgeladen von Thomas Frey

Es ist auch in Friedrichshain-Kreuzberg oft davon die Rede, dass Geschichte sicht- und damit erlebbar gemacht werden muss. An der Fontanepromenade 15 passiert das jetzt. Zumindest in einem Raum des Gebäudes.

Zu verdanken ist das einer Initiative, die sich seit 2016 vehement für den Erhalt dieses Erinnerungsstätte eingesetzt hat. Auch der Eigentümer signalisierte Zustimmung, sollten sich Interessengruppen, Vereine oder jüdische Gemeinden dafür interessieren, einen Teil der Immobilie als Gedenkort zu nutzen. Ortsübliche Miete vorausgesetzt.

Die Finanzierung stellte schließlich das Berliner Abgeordnetenhaus sicher. Wenn auch erst in der dritten Lesung zum Doppelhaushalt 2018/19 am 14. Dezember vergangenen Jahres. So wird dieses Haus dem Vergessen entzogen.

Die Fontanepromenade 15 war eine der Berliner Schreckensadressen in der Nazizeit. Dort befand sich von 1938 bis 1943 das jüdische Arbeitsamt. Juden mussten dort vorstellig werden und wurden zur Zwangsarbeit befohlen. Oder zur Deportation. Es war "eine Schnittstelle zwischen Verwertung und Vernichtung", so die Initiative. "Schikanepromenade" wurde sie damals von den Betroffenen genannt.

An diese Geschichte ist lange kaum erinnert worden. Erst 2013 erfuhr sie durch eine Informationstafel anlässlich des Themenjahrs "Zerstörte Vielfalt" größere Aufmerksamkeit. Ungefähr zur selben Zeit stand das Haus zum Verkauf. Davor war es lange von einer Mormonengemeinde genutzt worden.

Ein möglicher Erwerb spielte im Bezirk nur kurz und ablehnend eine Rolle. Auch in der Gedenktafelkommission, dem eigentlich berufenen Gremium für die Erinnerungsarbeit. 800 000 Euro sollte das Gebäude kosten. Zu teuer. Zum Vergleich: Die bis 11. Januar besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule hat seit Ende 2012 rund fünf Millionen Euro verschlungen. Mit nur einem Teil dieser Summe hätte nicht nur die Immobilie gesichert, sondern auch noch Einrichtung, Unterhalt, sogar Personal finanziert werden können. Fairerweise muss aber auch gesagt werden, dass andere Institutionen der Berliner Erinnerungskultur ebenfalls kein großes Interesse an der Fontanepromenade 15 zeigten.

Geändert hat sich das erst, als das Objekt an einen privaten Investor verkauft war, der 2016 damit begann, es zu einem Wohnhaus umzubauen. Das rief Akteure wie die Initiative "Wem gehört Kreuzberg" auf den Plan. Auch die Schriftstellerin und Holocaust-Überlebende Inge Deutschkron schaltete sich ein. Sie kannte die "Schikanepromenade" noch aus eigenem Erleben.

Gefordert wurde ein sofortiger Baustopp. Der ließ sich nicht mehr durchsetzen, aber immerhin ein Raum, in dem zum Beispiel mit Veranstaltungen und Forschungsvorhaben das dunkle Kapitel dieses Hauses den Besuchern nahe gebracht wird.

Das soll zwar bald passieren, noch sind aber nicht alle Bauarbeiten beendet. Deshalb findet die Veranstaltung zum Auschwitz-Gedenktag am 24. Januar in der Wilhelm-Liebknecht-/Namik-Kemal-Bibliothek an der Adalberstraße 2 statt. Beginn ist um 19 Uhr. Unter dem Titel "Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben ist..." spielt der Liedermacher Zhenja Oks vertonte Lyrik von Paul Celan.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

50 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
 Ist Ihr Herz gesund? Informieren Sie sich am 20. November über Herzschwäche und wie man sie erkennt und behandelt. | Foto: Caritas-Klinik Maria Heimsuchung

Infos über Herzinsuffizienz
Vortrag: „Herzschwäche erkennen und behandeln“

Die Caritas-Klinik Maria Heimsuchung lädt Sie herzlich zu einem informativen Vortrag am 20. November 2024 von 17 bis 18 Uhr ein. Unter dem Titel „Stärke dein Herz – Herzschwäche erkennen und behandeln“ erfahren Sie Wissenswertes über die frühzeitige Erkennung und moderne Behandlungsmöglichkeiten der Herzinsuffizienz. Dr. med. Philipp Krauser, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie sowie Oberarzt im Caritas Kardiozentrum Berlin, wird in dem Patienteninformationsabend auf die typischen...

  • Pankow
  • 30.10.24
  • 858× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 373× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen? Erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Infoabend am 12. November
Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen

Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen, die jeden Schritt zur Qual machen oder Ihnen sogar in Ruhe keine Erholung gönnen? Es muss nicht so bleiben! Besuchen Sie unseren Infoabend "Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen: Schonende & komfortable OP-Methode!" und erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen – schonend, effektiv und ohne Angst vor einem Eingriff. Expertenwissen kommt beim Infoabend am 12. November aus erster Hand: Tariq Qodceiah, Chefarzt...

  • Reinickendorf
  • 01.11.24
  • 703× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 779× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 353× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.