Ein Museum des Exils
Geplanter Standort am Anhalter Bahnhof gefällt nicht allen

Auf der Fläche zwischen der Ruine des Eingangsportals und dem Lilli-Henoch-Sportplatz soll das Exilmuseum gebaut werden. | Foto: Foto: nik_t, Fotolia.com
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Professor Christoph Stölzl brennt für diese Idee. Deshalb konfrontierte er die Mitglieder des Stadtplanungsausschusses am 20. Juni auch mit einem längeren Vortrag.

Der Gründungsdirektor des Deutschen Historischen Museums, ehemalige Berliner Kultursenator und heutige Rektor der Hochschule für Musik in Weimar gehört zu den Initiatoren einer besonderen Erinnerungsstätte: einem Museum des Exils. Es soll die Tragödie von Flucht und Vertreibung aus Deutschland während der Zeit des Nationalsozialismus dokumentieren, sie vor allem anhand biografischer Beispiele multimedial aufzeigen. Es soll deutlich machen, welcher Verlust durch die erzwungene Emigration vieler Künstler, Wissenschaftler, Unternehmer und Intellektueller entstanden ist und Bezüge zum heutigen Massenexodus in vielen Teilen der Welt herstellen. Angeregt wurde das Vorhaben vor allem von der Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller.

Auch wenn Christoph Stölzl bereits einige inhaltliche Linien aufzeigte, das Projekt befindet sich noch im Anfangsstadium. Für den Bereich Stadtplanung spielte auch weniger eine Rolle, was dort vorgesehen ist, sondern wo und wie. Denn errichten will die Exil-Stiftung das Haus am Anhalter Bahnhof. Exakt zwischen der Ruine des Eingangsportals und der Grenze zum Lilli-Henoch-Sportplatz am Askanischen Platz. Dieser Ort bedeutete für viele Betroffene den ersten Schritt in die Emigration. Herzzerreißende Szenen hätten sich auf dem Bahnhof abgespielt, machte Stölzl deutlich.

Bebauungsplan müsste geändert werden

Sollte das Museum wirklich dort entstehen, müsste der Bebauungsplan geändert werden. Denn bisher ist das vorgesehene Areal als Grünfläche ausgewiesen. Deshalb sind auch die Stadtplaner involviert. Noch gibt es dafür keine Eile, aber sie sollten rechtzeitig von den Plänen informiert werden.

Was folgte, war eine fast klassische Debatte. Das Vorhaben fanden alle toll. Aber gegen den Standort gab es Einwände. Vor allem aus der SPD.

Die Eingangsruine stehe bereits für sich als Mahnmal, meinte deren Fraktionsvorsitzender Sebastian Forck, den eine besondere Familiengeschichte mit dem Anhalter Bahnhof verbindet (siehe Berliner Woche, Ausgabe 14/2018). Er halte deshalb das Projekt an dieser Stelle für keine gute Lösung. Es käme ja auch niemand auf die Idee, vor die Gedächtniskirche ein Museum zu setzen. Andere Redner fragten, ob die Fläche überhaupt ausreicht. Auch weitere Angebote im Umfeld des Neubaus wurden befürchtet. Und ist die Finanzierung überhaupt sicher gestellt?

Das Museum basiere auf einer privaten Initiative, hatte Christoph Stölzl bereits zuvor erklärt. Das Geld komme aus der Stiftung von Bernd Schultz, dem langjährigen Chef des Kunstauktionshauses Villa Grisebach. Nicht näher ging er auf eingeworfene Summen zwischen 25 und 30 Millionen Euro ein, die dafür wahrscheinlich aufgewendet werden müssten. Nur so viel: Die Kosten wären gedeckt. Aber natürlich hätte niemand etwas dagegen, wenn sich auch die öffentliche Hand engagiere.

In guter Gesellschaft

Die Gedächtniskirche sehe er als gutes Beispiel, wie sich eine Erinnerung an die Schrecken des Krieges mit etwas neuem verbinde, so der Professor. Ähnliches soll auch am Anhalter Bahnhof passieren.  Er hätte sich schon wegen seines direkten Bezugs sehr schnell als geeigneter Platz herausgestellt. Dazu würden in seiner Umgebung zwei weitere Einrichtungen liegen, die sich auf ihre Weise mit den Katastrophen des 20. Jahrhunderts auseinandersetzen. Zum einen die Topographie des Terrors an der Niederkirchner Straße. Dort stehen speziell die nationalsozialistischen Täter im Fokus, deren Opfer auch die Exilanten wurden. Außerdem die geplante Erinnerungsstätte für Flucht und Vertreibung nicht nur der deutschstämmigen Bevölkerung aus den ehemaligen Ostgebieten vis-a-vis an der Stresemannstraße.

Angst vor einem Biergarten oder anderen Verköstigungsstätten im Umfeld wären ebenfalls unbegründet. Solche Pläne gebe es nicht. Auch hier wieder das Gegenargument, in ihrem aktuellen Zustand stehe die Fläche am Anhalter Bahnhof nicht für eine herausgehobene Erinnerungskultur.

Fazit: Es wird weiter nachgedacht. Dazu wurde Stölzl und seinen Mitstreitern angeraten, mit ihren Plänen auch noch im Kulturausschuss vorstellig zu werden. Immerhin, die Bedeutung eines solchen Museums schien unstrittig. Auch als eine weitere Visitenkarte für Kreuzberg.

Auf der Fläche zwischen der Ruine des Eingangsportals und dem Lilli-Henoch-Sportplatz soll das Exilmuseum gebaut werden. | Foto: Foto: nik_t, Fotolia.com
Lufbild vom Areal am Anhalter Bahnhof. Auf der Fläche hinter dem Portal soll das Exilmuseum gebaut werden. | Foto: Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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