Topographie des Terrors feiert ihr 30-jähriges Bestehen
Kreuzberg. Am 5. Juli feierte die "Topographie des Terrors" ihren 30. Geburtstag. Was vielleicht irritiert, denn das Gebäude wurde erst 2010 eingeweiht.
Es hatte aber eine lange Vorgeschichte, die sogar noch hinter den 4. Juli 1987 zurückreicht. An diesem Tag wurde im Rahmen der damaligen 750-Jahr-Feier Berlins die Dokumentation "Topographie des Terrors" auf dem Gelände eröffnet. Dass sie möglich wurde, war verschiedenen Initiativen zu verdanken, die der Senat anlässlich des Festjubiläums aufgriff. In relativ bescheidenem Rahmen wurde in einem temporären Ausstellungshalle gezeigt, welche Schrecken einst von diesem Ort ausgegangen waren.
Auf dem Grundstück an der ehemaligen Prinz-Albrecht-Straße, heute Niederkirchnerstraße, und der Wilhelmstraße befanden sich während des "Dritten Reichs" die Zentralen des Nationalsozialistischen Terrors: die Geheime Staatspolizei (Gestapo), die Reichsführung der SS und das Reichssicherheitshauptamt. Hier wurden Widerstandskämpfer eingesperrt, gefoltert und die meisten danach ermordet. Hier wurden der Holocaust und weitere Vernichtungsaktionen geplant.
In der Nachkriegszeit war das Gelände in Vergessenheit geraten. Seine Lage direkt an der Mauer und damit an der West-Berliner Peripherie tat dazu ein übriges. Genutzt wurde es durch eine Bauschuttfirma sowie als Parcours zum Auto fahren ohne Führerschein.
Die Ausstellung vor 30 Jahren war eigentlich nur bis zum Ende der 750-Jahr-Feierlichkeiten gedacht. Dagegen sprach aber schnell das große Interesse. Das mündete in ein inhaltliches und bauliches Konzept für einen festen Ausstellungs-, Dokumentations- und Erinnerungsort.
Was den Bau betraf, sollte es in der Folgezeit einige Hindernisse und Kapriolen geben, die bei der Feierstunde wohlweislich ausgespart wurden. Vom Siegerentwurf des ersten Architektenwettbewerbs wurden nur drei Türme realisiert. Sie wurden 2004 abgerissen. Erst der zweite Wettbewerb brachte das heutige Ergebnis: ein schlichter und funktionaler Bau, der vor allem durch seinen Inhalt wirken soll. Die ausgegrabenen Kellerreste wurden bald zu einem ganz eigenen Anziehungspunkt. Was die Topographie des Terrors inhaltlich werden soll, habe bereits 1992 weitgehend festgestanden, erklärte Prof. Reinhard Rürup, ehemaliger wissenschaftlicher Leiter der Stiftung. Ausgegangen worden sei dabei von diesem "einzigartigen Ort in der Geschichte der Nazis und ihrer Verbrechen". Was auch bedeutete, es ist ein Ort der Täter. Der Aufbau des NS-Terrorapparats wird ebenso erklärt, wie die handelnden Personen. Und es geht auch immer wieder um die Beziehung des Regimes zum Volk. Sie konterkarieren mit einer Wand, auf der sich Polizeifotos der Opfer befinden, aufgenommen genau an dieser Stelle. Es ist diese direkte Erfahrung, auf die sich die meisten Besucher einlassen und die Andreas Nachama, den Direktor der Stiftung, immer wieder fasziniert. So als würde manchen erst beim Rundgang bewusst werden, wo sie sich hier befinden.
Geschichte dort zu zeigen, wo sie sich ereignet hat, ist inzwischen ein fast flächendeckendes Konzept. Es gebe aber in Berlin noch weitere solcher authentischer Plätze, die mehr in das öffentliche Bewusstsein gerückt werden sollten, meinte Kultursenator Klaus Lederer (Linke). Gerade auch die "Orte der Opfer". Konkret nannte er dabei das Gebäude des Jüdischen Arbeitsamtes in der Fontanepromenade 15.
Nicht nur dort waren und sind solche Ideen auch eine Geldfrage. Anders ist das bei der Topographie des Terrors, die als nationale Aufgabe gilt und deren Finanzierung je zur Hälfte vom Bund und dem Land Berlin übernommen wird. Woran sich natürlich nichts ändern wird, wie Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) betonte. Die Topografie sowie auch andere Gedenkstätten sollen für einen direkten Bezug zur Geschichte sorgen und dabei helfen, Lehren aus der Vergangenheit für die Gegenwart und Zukunft zu ziehen. Und je weniger die Zeitzeugen des Nationalsozialismus werden, umso wichtiger würden solche Orte. tf
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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