Widerstand des freien Polen
Topographie des Terrors zeigt Ausstellung zum Warschauer Aufstand
Am 1. August 1944, also vor ziemlich genau 75 Jahren, begann in Warschau der Aufstand gegen die deutsche Besatzung. Er dauerte 63 Tage.
Während dieser Zeit gelang es der polnischen Heimatarmee, unterstützt von der Zivilbevölkerung, weite Teile vor allem der Innenstadt unter ihre Kontrolle zu bekommen. Auch wenn die Erhebung am Ende scheiterte, gilt sie bis heute als ein Nachweis des Widerstandes eines freien Polen.
Das wird auch bei der Ausstellung deutlich, die bis zum 13. Oktober in der Topographie des Terrors, Niederkirchner Straße 8, gezeigt wird. Sie wurde 2014 vom Museum des Warschauer Aufstandes in der polnischen Hauptstadt erstellt. Schirmherren sind die beiden Staatspräsidenten Andrzej Duda und Frank-Walter Steinmeier.
Der Aufstand scheiterte, weil er keine oder nur wenig Hilfe von außen bekam, lautet die Kernthese der Ausstellung. Die sowjetischen Truppen hätten sich im Sommer 1944 vor Warschau befunden, aber auf Befehl Stalins nicht eingegriffen. Dadurch sei es der deutschen Wehrmacht und der SS gelungen, den Freiheitskampf des polnischen Volkes brutal niederzuschlagen. Rund 18 000 Soldaten sind dabei gefallen. Dazu zwischen 130 000 und 150 000 Zivilisten. Wer überlebte, wurde evakuiert oder deportiert, Warschau auf Befehl Hitlers und Himmlers zu großen Teilen dem Erdboden gleichgemacht. Hitlers Werk und Stalins Beitrag könnte deshalb der inoffizielle Titel der Ausstellung heißen. Beide hätten hier noch einmal zusammen gearbeitet, heißt es sarkastisch an einer Stelle.
Warum sich der Sowjetdiktator passiv verhielt, wird ebenfalls deutlich gemacht. Er hatte kein Interesse an einem freien Polen. Das Land sollte in seinen Machtbereich gelangen und kommunistisch regiert werden. So war das bereits mit den Westalliierten 1943 bei der Konferenz in Teheran ausgehandelt worden. Deshalb hätte es auch nur zögerliche Hilfe durch Amerikaner und Briten für die Aufständischen gegeben. Und wenn, wäre sie häufig verpufft. Dass eine Unterstützung aus der Luft nicht ganz einfach war, wird allerdings ebenfalls erwähnt.
Kinos und Cafés öffneten wieder
Dem gegenüber gestellt wird der Kampf in der Stadt und sein großer Rückhalt. Fotos aus den ersten Tagen zeigen Menschen aller Schichten und Berufsgruppen, die sich auf unterschiedliche Weise daran beteiligen. In den befreiten Gebieten wären zahlreiche Zeitungen erschienen. Kinos hätten wieder geöffnet, sogar einigen Straßencafés. Das alles unter schwierigen und teils katastrophalen Bedingungen. Von Beginn an fehlte es den Aufständischen an genügend Waffen. Sie mussten erst erbeutet werden. Lebensmittelvorräte hätte es schon nach wenigen Wochen kaum noch gegeben. Um für weiteres Trinkwasser zu sorgen, wurden zahlreiche Brunnen gebohrt; organisiert, wie manches andere, von einer während der 63 Tage amtierenden Stadtverwaltung. Gerade solche Beschreibungen scheinen auch über die Erhebung selbst hinauszugehen. Sie sollen darauf verweisen, welchen Weg Polen danach genommen hätte, wäre es nicht nach der Besatzung durch Nazideutschland zu einem Jahrzehnte langen Satelliten des Sowjetkommunismus geworden.
Parallel wird an die Geschichte eines nie gebrochenen Widerstandes erinnert. Dazu gehört der Warschauer Aufstand ebenso wie der gut ein Jahr zuvor im Warschauer Ghetto. Auch im Sommer 1944 hätten noch überlebende Juden an der Seite der Freiheitskämpfer gestanden, streicht die Ausstellung ebenfalls heraus. Und während der gesamten Zeit der deutschen Okkupation sei die Heimatarmee im Untergrund aktiv gewesen.
Die Proteste und Erhebungen während der Zeit des Kommunismus finden im Nachklang ebenfalls Erwähnung. Vor allem die Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc Anfang der 1980er-Jahre. Sie war zeitweise ausgeschaltet durch das Kriegsrecht, aber nie gebrochen. Sie war schließlich auch die Basis für die Veränderungen 1989.
Am Ende der Ausstellung steht ein aktuelles Bild von Warschau. Die Stadt, die die Nazis von der Landkarte ausradieren wollten, ist heute eine pulsierende Metropole.
Geöffnet ist die Ausstellung täglich von 10 bis 20 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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