Wie viele Dealer verträgt ein "Park für alle"?
Der Görli, seine Probleme und unterschiedliche Lösungsansätze

Manchmal bietet der Görlitzer Park fast das Bild einer Idylle. Aber das täuscht. | Foto: Thomas Frey
  • Manchmal bietet der Görlitzer Park fast das Bild einer Idylle. Aber das täuscht.
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Im Görlitzer Park hätten gewalttätige Übergriffe in den ersten fünf Monaten dieses Jahres gegenüber dem gleichen Zeitraum 2018 um 50 Prozent zugenommen, berichtete vor Kurzem das ARD-Magazin "Kontraste". Bei Raub seien knapp ein Drittel mehr Straftaten registriert worden.

Der Görlitzer Park ist einer der bekanntesten Hotspots für Kriminalität und Gewalt im Bezirk. Die Delikte hängen, das ist eine Binsenweisheit, stark mit dem Drogenhandel zusammen. Auf Revierkämpfe in diesem Milieu verwies Bürgermeisterin Monnika Herrmann (Grüne) als ein Grund für den Anstieg. Ebenso wie sie den Einsatz von Polizei und Ordnungsamt erwähnte. Der scheint aber, ausweislich der Zahlen, nicht unbedingt erfolgversprechend zu sein. Das hat mehrere Gründe, über die ebenfalls gestritten wird.

Kaum ein Dealer kann wegen seines Geschäfts überführt werden, denn bei ihm finden sich nur selten mehr als die für den "Eigenbedarf" erlaubten 15 Gramm Cannabis. Drogen in größeren Mengen werden zwar im Park regelmäßig entdeckt, aber sie lassen sich in den wenigsten Fällen einer Person zuordnen.

Als Konsequenz daraus hatte der ehemalige Innensenator Frank Henkel (CDU) ab dem Jahr 2015 eine "Null-Toleranz-Politik" im Park verfolgt. Das Mitführen selbst nur geringer Mengen an Cannabis war dort strafbar. Das hatte zwar den Effekt, dass der Handel in der Grünanlage etwas abnahm, er verlagerte sich dann allerdings in die benachbarten Kieze, was ebenfalls unliebsame Konsequenzen hatte. Nach der Regierungsübernahme des rot-rot-grünen Senats wurde die Null-Toleranz-Strategie beendet.

Weniger Toleranz

Sie findet aber, gerade nach der aktuellen Bestandsaufnahme, weiter Anhänger. Etwa bei der Gewerkschaft der Polizei. Den Beamten seien unter den bisherigen Vorgaben die Hände gebunden, wird von ihr beklagt. 15 Gramm Cannabis als Höchstmarke für den Eigenbedarf sei zu hoch. In anderen Bundesländern liegt die Kiffer-Toleranzgrenze bei etwa der Hälfte dieser Menge.

Auch der Friedrichshain-Kreuzberger CDU-Abgeordnete Kurt Wansner plädiert für konsequenteres Vorgehen. Dazu zählen für ihn unter Umständen auch Einlasskontrollen oder ein Zaun rund um den Görli.

Von der genau entgegen gesetzten Seite nahm sich Bürgermeisterin Herrmann dem Problem an. Ihre, ebenfalls schon seit Jahren vorgebrachte Forderung lautet: Freigabe und kontrollierte Abgabe von Cannabis. Herrmann verweist dabei unter anderem auf Beispiele aus den USA, wo das in einigen Bundesstaaten erfolgreich praktiziert werde. Dadurch werde besserer Schutz für die Konsumenten gewährleistet. Vor allem aber werde der illegale Markt ausgetrocknet. Die Polizei könnte sich dann um die wirklich harten Drogen kümmern, die im Görli ebenfalls angeboten werden.

Der Vorstoß hat allerdings derzeit keine Chance. Zuständig für eine Freigabe wäre die Bundesregierung. Dort wird das aber bisher abgelehnt. Auch im Bundestag hat eine solche Liberalisierung keine Mehrheit.

Parkläufer für besseres Sicherheitsgefühl

Zwischen diesen beiden Polen steht die tägliche Situation im Görli. Vor Ort wird niederschwellig versucht, das Problem einigermaßen im Griff zu halten. Etwa durch das Installieren eines Parkmanagers sowie von Parkläufern, die, zwar ohne hoheitliche Befugnisse ausgestattet, trotzdem für eine Art Sicherheitsgefühl sorgen sollen. Dazu kommt ein vergangenen Herbst durch eine öffentliche Wahl bestimmter Parkrat, bestehend aus sogenannten Vertretern der Zivilgesellschaft. Er soll Interessenskonflikte ausgleichen, Vorschläge für mögliche Veränderungen machen. Solche Maßnahmen seien das, was Friedrichshain-Kreuzberg im Rahmen seiner Möglichkeiten machen könne, war dann auch der Tenor eines "Faktenchecks" des Bezirks zum Görli. Das Bekämpfen des Drogenhandels sei wiederum Sache der Polizei.

Parkmanager Cengiz Demirci hatte im Frühjahr Aufsehen erregt, als er den Dealern markierte Stellplätze ausweisen wollte. Ein Vorstoß, den das Bezirksamt dann schnell wieder einkassierte. Letztendlich ging aber auch Demircis Alleingang nur von den bestehenden Begebenheiten aus, nämlich, dass die Drogenhändler nun einmal da sind und sich anscheinend auch nur schwer vertreiben lassen. Was sei auch nicht das Hauptziel. Zumindest nicht laut erstelltem Parkkonzept für den Görli. Der sei "ein Park für alle", was auch die Anbieter nicht nur weicher Substanzen einschließt. Ein Postulat, das der Parkrat auch bei der aktuellen Debatte noch einmal bekräftigte. Wenngleich erkannt wird, dass die Dealer andere von einem Besuch des Parks abhalten und damit die allumfassende Einladung an ihre Grenzen stößt.

Unter anderem deshalb gibt es jetzt die Idee mit den mobilen Verköstigungsstätten (wir berichteten). Die sollen nicht zuletzt an den Zugängen installiert werden, um dort ein anderes Entrée als zahlreiche Drogenhändler bieten. Ob das wenigstens teilweise funktioniert, bleibt abzuwarten.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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