"Wie auf dem Präsentierteller"
Umstrittene Polizeiwache am Kottbusser Tor eröffnet

Das Bündnis "Kotti für Alle" will die Wache nicht.  | Foto: Ulrike Kiefert
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Oben wurde gefeiert, unten demonstriert: Im Hochhaus über der Adalbertstraße hat die neue Polizeiwache eröffnet. 25 Beamte sollen dort künftig arbeiten. Das Bündnis „Kotti für Alle“ ist genauso wenig begeistert wie die Gewerkschaft der Polizei.

Rund um das Kottbusser Tor war die Polizei bisher nur mobil unterwegs. Zu Fuß oder im Streifenwagen. Jetzt hat der „Kotti“ eine feste Wache. Sie liegt im ersten Stock des grauen Gebäuderiegels über der Adalbertstraße. Berlins noch amtierende Innensenatorin Iris Spranger (SPD) übergab dort jetzt den Schlüssel an den Polizeiabschnitt 53. Polizisten sicherten die Feier mit geladenen Gästen ab.

Denn unten auf der Straße demonstrierte das linke Bündnis „Kotti für Alle“ für „soziale Lösungen“ statt Polizeipräsenz. Auf den Bannern und über Lautsprechern wurden Polizisten aber auch als „Mörder“ beschimpft. Trotz Beleidigung blieben die Beamten gelassen. Denn die neue Wache soll nicht nur Kleinkriminelle abschrecken, sie will als Anlaufstelle auch für „gute Nachbarschaft“ stehen.

Durchgesetzt hatte die Wache die SPD im Koalitionsvertrag. Trotz aller Widerstände, auch bei der Polizei, sorgte die Innensenatorin dafür, dass sie zügig eröffnet wird. Die Räume im sogenannten NKZ wurden in einem Jahr umgebaut, bekamen Sicherheitsglas und einen Vernehmungsraum. Die Umbaukosten liegen bei 3,5 Millionen Euro. Ursprünglich sollten es nur 250 000, dann 2,5 Millionen Euro sein. 25 Polizisten sollen in der Wache im Schichtdienst arbeiten.

Die neue Wache im Gebäuderiegel über der Adalbertstraße. Selbst die Polizei hält den Standort nicht für optimal. | Foto:  Ulrike Kiefert
  • Die neue Wache im Gebäuderiegel über der Adalbertstraße. Selbst die Polizei hält den Standort nicht für optimal.
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Der „Kotti“ im Zentrum des früheren SO 36 gilt als einer von sieben sogenannten kriminalitätsbelasteten Orten in Berlin. Rund um den Platz hat sich eine größere Drogenszene etabliert, im Schnitt registriert die Polizei dort täglich mindestens eine Körperverletzung oder Raubtat, mehrere Diebstähle und Rauschgiftdelikte. Viele Anwohner und Geschäftsleute hoffen, dass es mit der Polizeiwache im Kiez wieder sicherer und sauberer wird. Andere, darunter auch der Mieterbeirat „Neues Kreuzberger Zentrum“, das Kotti-Bündnis und Bezirkspolitiker von Grünen und Linken kritisierten vor allem den Standort hoch über der Straße und die mangelnde Beteiligung der Anwohner. „Hier hat man sich über alle Akteure hinweggesetzt und Fakten geschaffen“, sagte Lino Hunger vom Bündnis „Kotti für Alle“. Statt Millionen für eine „symbolische Machtdemonstration“ auszugeben, hätte man das Geld lieber in den Ausbau der sozialen Infrastruktur stecken sollen. Denn die wirklichen Probleme im Kiez seien Wohnungslosigkeit, Drogenabhängigkeit, Armut und Gentrifizierungsdruck.

Skeptisch hatte sich auch Bürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) geäußert. Sie forderte ein Gesamtkonzept, um die Situation am Kottbusser Tor zu verbessern. Eine stärkere Polizeipräsenz gehöre zwar dazu, sagte die Rathauschefin nach dem zweiten Runden Tisch zum Thema „Gesamtkonzept Kottbusser“, aber auch entsprechende Maßnahmen wie mehr Sozialarbeiter, präventive Angebote oder Übernachtungsmöglichkeiten für Obdachlose.

Mit kritischen Worte sparte auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) nicht. Die Wache sei in erster Linie „politischer Wunsch“ gewesen, dem die Berliner Polizei nachzukommen hatte. „Berlin braucht mehr Blau auf die Straße, so eine Wache sorgt genau für das Gegenteil“, sagte GdP-Sprecher Benjamin Jendro. „Weil wir damit 20 weitere Polizistinnen und Polizisten in den Innendienst schicken.“ Auch der Standort sei nicht optimal. Die Polizei sehe von oben herab auf die Menschen und die Polizisten wiederum „sitzen wie auf dem Präsentierteller“. Die Wache könne als ein Baustein sicher langfristig für Sicherheit am Kotti sorgen, aber nur, „wenn auch andere Institutionen wie zum Beispiel der Bezirk ihren Aufgaben nachkommen“.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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