Ausstellung im Mühlenhaupt Museum erinnert an Meisterfälscher Oskar Huth

Oskar Huth war viel mehr als nur ein Maler. | Foto: Axel Benzmann
  • Oskar Huth war viel mehr als nur ein Maler.
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Kreuzberg. Er nannte sich selbst "Kunsttrinker". Betätigt hat sich Oskar Huth (1918-1981) als Maler, Grafiker, Orgelbauer, Pianist und Geschichtenerzähler. Und nicht zu vergessen als Widerstandskämpfer und Meisterfälscher.

An sein ungewöhnliches Leben erinnert jetzt eine Ausstellung, die am Sonnabend, 12. Juli, im Mühlenhaupt Museum in der Markthalle am Marheinekeplatz eröffnet wird. Sie ist Teil der Veranstaltungsreihe über die Berliner Bohème der Nachkriegszeit. Oskar Huth war als skurriles Original Teil dieses Kreises, Muse und Inspirator mit manch komischen Eigenarten.

Die hingen häufig mit seiner Vergangenheit zusammen. Seinem Leben im Dritten Reich, als er in Schwejkscher Manier die Nazis narrte. Denn nach seinem Studium der freien Malerei und Drucktechnik von 1936 bis 1939 sollte Oskar Huth eigentlich in den Krieg ziehen. Der Musterung entzog er sich wegen "motorischer Störungen". Und nachdem immer mehr seiner jüdischen Freunde in die Konzentrationslager deportiert wurden, beschloss er 1941 abzutauchen. Bis Kriegsende überlebte er mit List im Untergrund. Ausgestattet mit einer Druckerpresse gab er an, besonders kriegswichtige Dokumente zu produzieren. Dabei stellte er dort ganz andere, lebenswichtige Papiere her: nämlich gefälschte Ausweise oder Lebensmittelmarken, mit denen er verfolgten Juden und Widerstandskämpfern half. Die Ware gab er meist persönlich ab. Zu den Adressen gelangte er in manchmal tage- oder nächtelangen Fußmärschen quer durch Berlin. Diese Art der Fortbewegung erschien ihm weitaus sicherer als der öffentliche Nahverkehr.

Auch Ludwig von Hammerstein, Beteiligter am gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944, erhielt einige Tage nach seinem Untertauchen Besuch von Oskar Huth. Hammerstein hatte sich in der Wohnung der Drogistin Hertha Kerp in der Oranienstraße 33 versteckt und überlebte dort bis zum Kriegsende. Da er wusste, dass Huth selbst illegal lebte, wollte er die mitgebrachten Marken zunächst nicht annehmen. Doch Huth meinte nur: "Nehmen Sie ruhig, ich habe sie selbst gemacht." So erzählt es Hans Magnus Enzensberger in seiner Biografie des Vaters Kurt von Hammerstein.

Sein Agieren während der braunen Jahre hat später auch die Freunde der Kreuzberg Bohème fasziniert, die ihn in Bildern und literarisch verewigt haben. Etwa Günter Grass in seinem Roman "Hundejahre".

Diese Beschäftigung, ergänzt durch Erinnerungen von Zeitzeugen und eigene Aussagen von Oskar Huth, ist deshalb ein wichtiger Teil der Ausstellung. Sie zeigt aber ebenso zum ersten Mal in größerem Umfang viele seiner Zeichnungen und Aquarelle, die oft spontan entstanden sind. Alles zusammen ergibt das Bild einer schillernden und außergewöhnlichen Persönlichkeit.

Die Vernissage beginnt am 12. Juli um 15 Uhr. Zu sehen ist die Ausstellung bis 2. August im Mühlenhaupt Museum in der Markthalle am Marheinekeplatz. Mo-Fr 8-20 Uhr, Sa 8-18 Uhr. Am Mittwoch, 16. Juli, gibt es eine Gesprächsrunde mit Freunden und Zeitgenossen von Oskar Huth. Sie findet um 19 Uhr im Friedrichshain-Kreuzberg Museum, Adalbertstraße 95a, statt.
Thomas Frey / tf
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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