Zwischen Katastrophen und Hoffnung
Ausstellung mit den besten Pressefotos der Welt im Willy-Brandt-Haus
Das Willy-Brandt-Haus steht gerade einmal mehr wegen der Turbulenzen bei der SPD im Fokus. Was zuletzt auch Auswirkungen auf die aktuelle Ausstellung hatte.
Zum 16. Mal werden dort die weltbesten Pressefotos eines Jahres gezeigt. Die „World Press Photo 19“ sind noch bis 23. Juni zu sehen. 140 aus rund 78 000 Einsendungen für diesen Award wurden ausgewählt, darunter die Sieger in allen Kategorien. Natürlich auch das "Photo of the Year" des US-Amerikaners John Moore.
Es zeigt ein kleines weinendes Mädchen, das als einzige auf dem Bild in voller Körpergröße zu sehen ist. Neben ihm zwei Erwachsene, von denen nur die Beine zu erkennen sind. Ein Beinpaar gehört der Mutter des Mädchens, das andere einem US-Grenzbeamten. Der durchsucht die Mutter, deshalb weint das Kind. Es heißt Yanela Sanchez und kommt aus Honduras. Ort der Szenerie: irgendwo in Texas, an der Grenze zu Mexiko im Juni 2018. Das Bild erzählt an einem Einzelschicksal die Geschichte versuchter Einwanderung in die Vereinigten Staaten. Und die rigide Reaktion, das zu verhindern.
Die Aufnahme ist gleichzeitig ein Beispiel für die Motive, die auch im vergangenen Jahr beim World Press Photo Award dominierten. Sie handeln häufig von Krieg, Katastrophen, Leid. Schon manche Ortsangaben, nicht nur Syrien, deuten darauf hin. Und selbst Naturfotos, die auf größere Entfernung als besonders gelungene Komposition von Land oder Meer erscheinen, entpuppen sich bei näherem Hinsehen als Exempel für ökologischen Frevel. Auch jenes Bild aus Spanien von unzähligen Fröschen ohne Schenkel. Die wurden ihnen amputiert, weil sie als Delikatesse im Kochtopf landeten.
Sind also auch bei diesem Award vor allem bad news good news? Oder spiegelt die Auswahl sehr gut die aktuelle Weltlage? Ersteres mag eine Rolle spielen, aber insgesamt sind das sehr realistische Momentaufnahmen unseres gegenwärtigen globalen Zustandes. Es gibt aber auch den einen oder anderen positiven Ausblick. Kleinere oder größere Hoffnungsschimmer. Vielleicht am besten zum Ausdruck kommt das auf dem Foto, das Catalina Martin-Chico in Kolumbien gemacht hat.
Yorlandis, eine immer noch eher junge Frau, ist zum sechsten Mal schwanger. Wenn alles gut geht, wird sie zum ersten Mal ein Kind zur Welt bringen. Ihre vorherigen fünf Schwangerschaften habe sie abbrechen müssen, weil, so legt es der Begleittext nahe, die FARC-Rebellen während des Bürgerkriegs einen "Gebähr-Bann" verhängt hätten. Was die zumindest offiziell bestreiten. Inzwischen gibt es eine Art Frieden in Kolumbien.
Die Ausstellung ist Dienstag bis Sonntag von 12 bis 20 Uhr geöffnet. Außer es gibt weitere unvorhergesehene Ereignisse bei der SPD. Der Eintritt ist frei, für den Zugang aber ein Ausweis erforderlich.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.