"Berliner Malerpoeten" in der Marheineke Markthalle
Alle betätigten sich auch als Maler, Grafiker und Illustratoren. Die gemeinsame Doppelbegabung führte 1973 zur Gründung der Künstlerformation "Berliner Malerpoeten". Die bisher letzte Ausstellung gab es vor etwa 20 Jahren. Nur drei der einstigen Mitglieder leben noch. Jetzt widmet das Mühlenhaupt-Museum in der Markthalle am Marheinekeplatz den schreibenden Zeichnern oder zeichnenden Dichtern unter dem Titel "Pulsierendes Leben - Pulsierender Tod" eine Retrospektive.
Zu verdanken ist das vor allem der Kuratorin Aldona Gustas. Die 82-jährige Lyrikerin gilt nicht nur als Gründerin der Gruppe, sondern war auch die einzige Frau in diesem Kreis. Wobei sie die Bezeichnung "Mutter der Malerpoeten" nicht gerne hört. "Es herrschte eine tolle Kameradschaft", schwärmt sie noch immer. Und selbst die Exzentriker hätten hier keine Allüren gezeigt. Auch nicht der damals schon weltberühmte Günter Grass.
Kreuzberg war für viele Mitglieder der Lebens- und Arbeitsmittelpunkt. Erst recht galt das für die Nächte in einst legendären Lokalen wie der "Kleinen Weltlaterne". Die Malerpoeten waren schon deshalb ein wichtiger Bestandteil der Kreuzberger Bohème jener Jahre.
Allerdings sei ihr Wirken gerade hier bisher nicht ausreichend gewürdigt worden, so der Tenor beim Pressegespräch vor der Eröffnung. Während der aktiven Zeit der Gruppe habe sich die bezirkliche Kulturpolitik mit ihr schwer getan. Ihre eher detaillierten Bilder hätten zum einen nicht in den vorherrschenden Geschmack der abstrakten Malerei gepasst. Lange nachgewirkt hat außerdem der erste Kreuzberger Kunstskandal aus dem Jahr 1960. Damals wurden Bilder von Friedrich Schröder-Sonnenstern aus einer Ausstellung entfernt, da sie wegen der konkreten Darstellung menschlicher Anatomie als anstößig galten. Schröder-Sonnenstern und einige seiner damaligen Unterstützer tauchten später bei den Malerpoeten wieder auf.
Die fanden im benachbarten Tempelhof mehr Anklang. Dort gab es in den 80er-Jahren in der Person des jungen Bildungsstadtrats einen engagierten Fürsprecher: Klaus Wowereit.
Aber auch in Kreuzberg hat sich die Einstellung zum eigenen kulturellen Erbe inzwischen verändert. Das zeigt gerade das Mühlenhaupt-Museum. Nicht nur mit der aktuellen Ausstellung, sondern mit einem bis Ende 2015 dauernden Zyklus, der sich unter der Überschrift "Inside Out I" mit den Tendenzen und Protagonisten der Bildenden Kunst der 50er- bis 70er-Jahre beschäftigt. Einige Malerpoeten werden dort auch im weiteren Verlauf noch eine Rolle spielen.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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