Hangelndes Faultier und ein Mops im Rollstuhl
Fantastische Tierskulpturen ziehen in die Anoha Kinderwelt

Bunte Schutzbleche: Beate Kelm, Felix Scharstein und Luca Grabo bauen am riesigen Faultier. | Foto: Ulrike Kiefert
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  • Bunte Schutzbleche: Beate Kelm, Felix Scharstein und Luca Grabo bauen am riesigen Faultier.
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Säbelzahntiger, Einhorn, Mammut und ein Mops im Rollstuhl. 150 fantastische Tierskulpturen ziehen in die neue Anoha Kinderwelt des Jüdischen Museums. Das prominenteste Exemplar entsteht in einer Kreuzberger Werkstatt – aus recycelten Fahrrädern.

Der Kopf: eine Edelstahlkugel. Der Körper: ein Kunstwerk aus Blech. Vier Meter lang, vier Meter breit. Das Faultier ist am Werden. Bald wird es sich als riesiger Eye Catcher die Museumsfassade entlang hangeln. Hochgezogen mit Kran und Steiger, fest verschraubt in der Wand.

Bis es soweit ist, haben Beate Kelm, Felix Scharstein und Luca Grabo noch einige Arbeitstage vor sich. Dem Faultier – entworfen hat es Anne Metzen von der Kreuzberger Firma kubix – fehlen noch die Arme und ein Bein. Rund 600 bunte Schutzbleche ausrangierter Räder verbauen die drei Künstler für ihr animalisches Kunstwerk, das am Ende etwa 500 Kilogramm schwer sein wird. “Bleche deshalb, weil ein Faultier borstiges Fell und keine weichen Haare hat“, erklärt Bühnenplastikerin Beate Kelm, in deren Kreuzberger Werkstatt das Faultier gerade entsteht. Der Blick von oben gibt ihr recht. Die abgekärcherten Fahrradbleche, befestigt an einer Unterkonstruktion aus Stahl, sehen aus wie strohiges Deckhaar. So eng, wie sie sich aneinanderschmiegen und jede Bewegung mühelos mitzumachen scheinen. Das verleiht dem Ganzen gewollte Dynamik. Das runde Gesicht im kurzen Faultierkopf ist auch fast fertig. Ein Fahrradlenker wird zum Mund, ein Sattel zur platten Nase.

Die große Erzählfreude und Detailliebe charakterisieren alle 150 Tier-Skulpturen, die in die Anoha Kinderwelt des Jüdischen Museums Berlin einziehen. Mit dabei sind queere, fantastische, ausgestorbene und bedrohte Spezies, Tiere mit Handicap und Patchwork-Familien. Eine globale und diverse Tierwelt eben. Ein Mops im Rollstuhl ist ebenso darunter wie ein ausgestorbener Säbelzahntieger, ein bedrohtes Nashorn und ein fabelhaftes Einhorn.

Tiere aus Gebrauchsgegenständen
und recyceltem Material

Für die Umsetzung, den Entwurf und das Herstellen der Tiere ist die kubix GmbH verantwortlich. Der Berliner Generalunternehmer behauptete sich im Wettbewerb und setzt die animalischen Exponate nach ersten Vorgaben von Architekten mit einem Team aus Künstlern, Tischlern und Bühnenbildnern um. Der Clou dabei: Die Museumsfauna besteht komplett aus gebrauchten Gegenständen und recycelten Materialien. „Eine besondere Herausforderung, denn die Tiere sollten gleichsam naturnah wie dekorativ erscheinen und sich dazu als Spielobjekte und Artefakte eignen“, beschreibt Claudia Weidemann von kubix die Aufgabe. Das heißt, die Kindersicherheit war ebenso wichtig wie die künstlerische und interaktive Qualität der Exponate. Deshalb bekam das Wolfskind einen Mondglobus als Kopf und der Elefant echte Segel-Ohren. Dem vier Meter hohen Mammut können die Haare geflochten werden, und durch die Fernglas-Augen der Eule lässt sich die Verfolgungsjagd von Luchs und Katze besonders gut beobachten.

Genauso lustig und spannend sind die benutzten Materialien. So hat der Esel Zähne aus einer ausrangierten Tastatur. Kopf, Rumpf und Beine sind aus einem Fußball, Pumps, Körben, Besen und Tischbeinen gebaut. Das Nashorn wiederum ist mit Löschschläuchen umwickelt. Besonders reich dekoriert kommt das Einhorn daher. Es trägt eine leuchtende Diskokugel im Bauch, eine Löffel-Rüstung und eine bunte Haarpracht aus Seilen. „Exemplarisch steht das Einhorn für die Fantasietiere in der Ausstellung“, sagt Claudia Weidemann. Auf dem Christopher Street Day würde sich das Fabelwesen ganz sicher ebenso wohlfühlen.

Nach zwei Jahren harter Arbeit sind inzwischen fast alle Tiere aus der Werkstatt ins Museum gezogen. Nur das Fassaden-Faultier fehlt noch. Eigentlich wollte das Jüdische Museum seine Anoha Kinderwelt schon im Februar eröffnen. Doch Corona kam dazwischen. Wann genau die 6500 Quadratmeter großen Erlebnisausstellung an den Start geht, steht noch nicht fest. Fakt ist aber: In der kreisförmigen Arche, die sich in verschiedene pädagogische Bereiche gliedert, werden die Kids ihren Spaß haben. Alle 150 Tiere, die sich in der Arche oder drumherum tummeln, lassen sich anfassen und streicheln, manche mit sich herumtragen und wieder andere in sich hineinschauen. Und wer will, kann sich auch sein eigenes Fantasiertier baue

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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