UNSER SPIELTIPP
Geistiges Naschwerk: „Donuts“ – Süßsaures zum Abschied
Rund zwei Jahrzehnte war es mir vergönnt, Ihnen, meine treuen Leser, Monat für Monat den Mund mit einer schmackhaften Portion Spiel wässrig zu machen. Da mir nun aber die Zeit gekommen zu sein scheint, den Löffel an einen Jüngeren weiterzureichen, möchte ich allen zum Abschied noch ein leckeres Dessert kredenzen.
Dabei ist meine Wahl auf ein brandneues Denkspiel gefallen, das auf einem Element basiert, das mir kurioserweise ganz zu Beginn meiner Tätigkeit als Spielkritiker vor genau 50 Jahren erstmals begegnet ist. Eine willkommene Gelegenheit, den Bogen über diesen beachtlichen Zeitraum zu schlagen.
Auf einem stets neu zusammengefügten Plan aus sechs mal sechs Feldern versuchen die beiden Kontrahenten, fünf Steine ihrer Farbe in eine Reihe beliebiger Ausrichtung zu bringen. Sollte dies bis zum Schluss keinem gelingen, entscheidet die Größe der entstandenen Gebiete.
Das Besondere an dieser so vertraut klingenden Aufgabe ist, dass die Steine außer dem ersten grundsätzlich nicht nach Belieben platziert werden dürfen. Vielmehr müssen sie stets in eine Reihe kommen, die durch die Markierung auf dem vorangegangenen Stein bestimmt wird. Genau so verhielt es sich in dem 1975 erschienenen „Janus“, das als Auflesespiel ansonsten völlig anders angelegt war.
Zum Ausgleich dieser semi-programmierten Zugwahl besteht die Möglichkeit, gegnerische Steine durch Wenden farblich umzupolen. Doch anders als beim klassischen Zangenzug, mit dem auch mehrere umzingelte Steine geschlagen oder wie bei „Reversi“ umgepolt werden können, werden hier lediglich die beiden benachbarten Steine des Gegners erfasst.
Nach ein paar Aufwärmzügen nimmt das Geschehen bald ordentlich Fahrt auf. Plötzlich gilt es, höllisch aufzupassen, Vorlagen und Zwänge zu vermeiden oder dem Gegner sogar freie Platzwahl zu verschaffen, wenn alle Felder in der ihm vorgegebenen Richtung besetzt sind.
Auf diese Weise erweist sich das äußerlich so zuckersüß daherkommende „Donuts“ als ein die kleinen grauen Zellen wunderbar erfrischendes Sauerkirschen-Dessert.
Bleibt zum Schluss noch die Empfehlung, den Servierkünsten meines Nachfolgers zu vertrauen. Dank seiner großen Erfahrung in Sachen Spiel wird auch er geschmackssicher die Speisekarte mit spannenden Neuheiten zu füllen wissen.
„Donuts“ von Bruno Cathala; Verlag HUCH!; für zwei Teilnehmer ab zehn Jahren; Spieldauer: etwa zehn Minuten; Preis: circa 18 Euro.
Autor:L.U. Dikus aus Kreuzberg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.