Im Kiez der Extreme: Mit Stadtgänger Bernd S. Meyer am Kottbusser Tor

Kreuzberg. Das Leben tobt am Kottbusser Tor. Eher ruppig, als still und friedlich. Dazwischen gibt es einen auffälligen Ruhepunkt: Es ist das weit ausgebreitete Angebot der türkischen Obst- und Gemüsehändler. Um die Ecke soll es auch einen der besten Döner Berlins geben. Kein Wunder, schließlich ist nahebei der Döner erfunden worden.

Das war ungefähr zu jener Zeit, als man hier schäbige alte Häuser abzureißen begann und bald eine Betonburg folgen ließ – das NKZ, Neues Kreuzberger Zentrum. Gegenüber wurden die Südblöcke gebaut, deren putzige Betonkurven bis über das Dach ragen und an Haifischrachen erinnern. Inzwischen wurde saniert, Mieten steigen auf Zentrumsniveau. Und so ist Kreuzbergs Mitte auch ein Ort des Mieterwiderstands gegen das Geschäftsmodell Wohnungsnot. Er organisiert sich in Vereinen und Beratungsstellen wie der Mietergemeinschaft „Kotti & Co“. An der Skalitzer Straße ragt das Minarett der Hevlana-Moschee hervor, die nach einem Brandanschlag wieder aufgebaut wird. Klein Istanbul eben.

Unterwegs im SO 36

Das Quartiersmanagement Zentrum Kreuzberg/Oranienstraße fördert auch über das Programm „Soziale Stadt“ jene Vernetzungen, für die Kreuzberg mit seiner Vereinsdichte so berühmt wurde. Es sitzt in der Dresdner Straße, gegenüber dem kleinem Kino Babylon Kreuzberg, vor 60 Jahren erstes türkisches Kino Berlins. Die Dresdner endet hier als Sackgasse. So entstand gleich hinter dem Getöse eine ruhige Gegend. Die meisten der hier geretteten alten Häuser sind um 1860 gebaut worden, doch die Straße ist schon viel älter, führte schon als „Rixdorfer Damm“ aus Richtung Alt-Cölln nach Südosten. Ab 1772 hieß sie nach Sachsens Residenz, endete am Kottbusser Tor. Das gibt es seit 1734.

Um das Kottbusser Tor ist rauhe Großstadt, dazu pulsierendes, solidarisches Kiezleben, Kreuzberger Mischung eben. Hinter der Nordseite des Kottbusser Tors, dort wo nach handfestem Widerstand der buntscheckigen „Kreuzberger Szene“ der Abriss gestoppt und „behutsame Stadterneuerung“ begann, wurde 1991 das Kreuzberg-Museum eingerichtet. Das dokumentiert bis heute die vorletzte Geschichte dieser Gegend. Damals riet man jungen Mädchen dringend ab, nach Kreuzberg SO 36 zu fahren. Jetzt gilt es als schicke Adresse, längst kommen auch die Touristen.

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Die Führung mit Bernd S. Meyer beginnt am 30. Januar 11 Uhr. Treffpunkt ist am Kottbusser Tor, Freifläche zwischen Reichenberger und Kottbusser Straße, Gedenksäule für den Lehrer Celaletton Kesim.BSM

Die Führung ist für Leser der Berliner Woche kostenlos. Allerdings ist eine Anmeldung erforderlich: am Freitag, 29. Januar, von 10 bis 12 Uhr anrufen unter  887 27 74 14.
Autor:

Manuela Frey aus Charlottenburg

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