Schatz des Kindermädchens: Willy-Brandt-Haus zeigt Fotografien von Vivian Maier

Ein Kind in einem Supermarkt. Das Bild gehört zu den wenigen Farbfotos, die in der Ausstellung zu sehen sind. | Foto: Vivian Maier
3Bilder
  • Ein Kind in einem Supermarkt. Das Bild gehört zu den wenigen Farbfotos, die in der Ausstellung zu sehen sind.
  • Foto: Vivian Maier
  • hochgeladen von Thomas Frey

Kreuzberg. Mehr als 120.000 Aufnahmen hat die Frau in ihrem Leben gemacht. Manche Filme waren noch nicht einmal entwickelt. Entdeckt wurden sie erst vor acht Jahren im Rahmen einer Zwangsversteigerung.

Schon diese Begleitumstände machen die Ausstellung "Vivian Maier Street Photographer" im Willy-Brandt-Haus zu einem Ereignis. Der fotografische Nachlass der 2009 verstorbenen Amerikanerin ist eine in Bilder festgehaltene Zeit- und Gesellschaftschronik. Vivian Maiers Portrait-, Straßen und Landschaftsszenen zeigen den Blick der professionellen Beobachterin. Dabei betrieb sie die Fotografie als eine, wenn auch große, Passion.

Die 1926 als Kind europäischer Einwanderer in New York geborene Frau arbeitete 40 Jahre als Kindermädchen. In ihrer Freizeit streifte sie mit der Kamera durch die Straßen. Zunächst New York, danach Chicago, wohin sie 1956 umzog, dienten als bevorzugte Kulisse. Dazu kamen Aufenthalte in Kalifornien oder Florida sowie zahlreiche Auslandsreisen. Menschen im Großstadtgetümmel sind ebenso zu sehen wie am Strand. Mal fokussiert sich der Blick auf eine Person, mal geht es um eine bestimmte Szenerie. Eine Gruppe vor einem Lokal oder bei der Mittagspause. Zwei Farbige in einem Auto, ein Kind in einem Laden, eine Winterlandschaft, deren einziger Farbton das Rot einer Ampel ist.

Bei den meisten der 120 Bilder, die im Willy-Brandt-Haus zu sehen sind, handelt es sich um Schwarz-Weiß-Aufnahmen. Wobei Vivian Maier ab der zweiten Hälfte ihrer Schaffensperiode auch verstärkt auf den Farbfilm zurückgriff.

Sie reicht nach derzeitigen Erkenntnissen über ungefähr 30 Jahre von 1950 bis 1980. Manches in ihrer Biografie ist bisher noch nicht eindeutig geklärt oder wurde erst in den vergangenen Jahren aufgearbeitet. Nicht zuletzt von John Maloof, einem Makler, der bei der Zwangsversteigerung 2007 einen großen Teil ihrer Fotos erstand und sie als erster öffentlich machte. Denn so weit bekannt, hatte sie Vivian Maier Zeit ihres Lebens niemandem gezeigt. Wegen Mietrückständen war sie gezwungen sich zwei Jahren vor ihrem Tod von ihrem riesigen Fundus zu trennen.

Umso mehr setzte nach ihrem Tod ein Hype um ihre Aufnahmen ein. Wer abseits von Hochglanzmotiven mehr über den Alltag nicht nur in den USA in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erfahren will, der kann das jetzt mit dem Blickwinkel von Vivian Maier.

Die Ausstellung im Willy-Brandt-Haus, Wilhelmstraße 140, läuft noch bis 12. April. Zu sehen ist sie Di-So 12-18 Uhr. Ausnahme ist das Osterwochenende, wo am 3. April geschlossen, aber am 5. und 6. April geöffnet ist. Der Eintritt ist frei, für den Zugang ist ein Ausweis erforderlich.
Thomas Frey / tf
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

51 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 126× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für rund 258.000 Haushalte in Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf, Mitte und Steglitz-Zehlendorf baut die Telekom Glasfaserleitungen aus.  | Foto: Telekom

Glasfaser-Internet hier im Bezirk
Telekom bietet 258.000 Haushalten einen Anschluss ans Glasfasernetz

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten in den Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf, Mitte und Steglitz-Zehlendorf. Damit können nun insgesamt rund 258.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant die Telekom insgesamt zwei Millionen Anschlüsse in Berlin zu...

  • Zehlendorf
  • 20.01.25
  • 802× gelesen
BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 2.876× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.