Vom Pedaltreter zum E-Bike
Technikmuseum nimmt Berliner mit auf den Fahrradsattel

In dieses moderne Lastenfahrrad kann man sogar einsteigen. Illustrationen von Jim Avignon ergänzen die Ausstellung.  | Foto:  Ériver Hijano
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  • In dieses moderne Lastenfahrrad kann man sogar einsteigen. Illustrationen von Jim Avignon ergänzen die Ausstellung.
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von Ulrike Kiefert

Eine neue Sonderausstellung im Technikmuseum nimmt das Radfahren in den Blick – pointiert illustriert und mit Familienbegleitprogramm. Einen Rückblick in die Geschichte des Zweirads gibt's obendrauf.

Im Technikmuseum dreht sich alles ums Fahrrad. Genauer gesagt, ums Radfahren in der Stadt. Und das brauchte damals wie heute vor allem eines: "Rückenwind". Das ist dann auch der Titel der aktuellen Ausstellung, die den Aufstieg des Fahrrads zum allseits beliebten Verkehrsmittel in den Mittelpunkt stellt und mehr "Stadt fürs Rad" einfordert. Meilensteine der jüngeren Fahrradgeschichte sind auf 500 Quadratmetern zu sehen – vom frühen Mountainbike und BMX-Rad bis zum modernen E-Bike und Lastenrad. Es geht aber auch um die täglichen Konflikte auf Straßen und Fußwegen. In einer schnell wachsenden Stadt wird das Miteinander und Nebeneinander von Autos, Fahrrädern und Fußgängern immer schwieriger. Wie aber kann der begrenzte Platz sinnvoll verteilt werden? Was braucht es, um die Konflikte vernünftig zu lösen? Mehrere Experimentierstationen machen mögliche Antworten leichter und die bunte Schau zum interaktiven Erlebnis für die ganze Familie. Pointiert illustriert wird "Rückenwind" vom Berliner Pop-Art-Künstler Jim Avignon. Seine ausdrucksstarken Illustrationen geben der Ausstellung besonderen Schwung und Humor.

Die Ausstellung zeigt aber auch typische Gefahren und den Blickwinkel des jeweils anderen: vom Autofahrer, dem Fußgänger und von der Radfahrerin. Laut Museum sollen so Vorurteile und festgefahrene Fronten abgebaut und Verständnis für den weiteren Ausbau der Radinfrastruktur geweckt werden. "Die Ausstellung lädt angesichts von allzu oft verhärteten Fronten in Berlin explizit zum Perspektivwechsel ein“, so Museumsdirektor Joachim Breuninger. Immerhin wolle Berlin bis 2030 klimaneutral sein.

Die Schaltung am Fahrrad kinderleicht erklärt.  | Foto: Ériver Hijano
  • Die Schaltung am Fahrrad kinderleicht erklärt.
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Schon vor hundert Jahren war das Fahrrad in Deutschland ein Verkehrsmittel für alle. 1938 gab es rund 20 Millionen Fahrräder und nur 1,5 Millionen Autos. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung in der Nachkriegszeit änderte sich das. Radfahrer stiegen auf das Auto um, Städte und Straßen wurden autogerecht ausgebaut, Radwege vernachlässigt oder zurückgebaut. Ab den 1970er Jahren nahm der Radverkehr dann wieder stark zu. Die neue Begeisterung fürs Rad symbolisierte Naturverbundenheit und die Ablehnung der automobilen Konsumgesellschaft. Zugleich war sie Ausdruck eines neuen Gesundheitsbewusstseins. Ab den 1980er Jahren dienten Fahrräder dann zunehmend dem Lifestyle und Freizeitsport. In der DDR hingegen waren Fahrräder noch bis zuletzt ein wichtiger Teil des ganz normalen Alltags. Der ostdeutsche Fahrradbauer Mifa zum Beispiel stellte bis 1990 etwa 2,8 Millionen Klappräder her.

Die vielen Facetten des Radfahrens spiegeln zeitgenössische Objekte, Fotos und Filmbeiträge wider. Zur Trimm-Dich-Bewegung der 1970er Jahre sind Werbeartikel, Fernsehspots und das Fahrradmodell "Cavallo" von Hercules aus dem Jahr 1979 ausgestellt. Zu sehen ist auch ein Mountainbike der Firma Göricke von 1984. Das Mountainbike stand für Freiheit und Abenteuer und setzte neue Maßstäbe im Fahrradbau. Auch das BMX-Rad, mit dem der Berliner Alexander Breest 1984 als Elfjähriger die erste BMX-Meisterschaft West-Berlins in seiner Altersklasse gewann, ist Teil von "Rückenwind". Und die Kindheitsfotos von Breest aus dem Märkischen Viertel zeigen: BMX war Teil einer Jugendkultur, die neben Grafitti, Breakdance und Rap den öffentlichen Raum eroberte. In den späten 1990er Jahren lösten dann die Erfolge des Team Telekom einen extremen Radsport-Hype in Deutschland aus.

Mifa-Klappräder. | Foto:  picture alliance/ZBM/Manfred Uhlenhut
  • Mifa-Klappräder.
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Nach der Jahrtausendwende bekam das Radfahren neuen Schwung durch den Elektromotor und das Lastenrad. 2023 wurden in Deutschland erstmals mehr Elektroräder verkauft als Treträder. Im Hier und Jetzt angekommen, zeigt die Ausstellung: Besonders beliebt und verbreitet sind Lastenräder heute bei Familien für den Transport von Kindern. Mit einem aufmerksamen Seitenblick in andere Städte der Welt gibt "Rückenwind" außerdem Anregungen für ein konfliktarmes Miteinander auf der Straße.

Die Ausstellung "Rückenwind. Mehr Stadt fürs Rad!" läuft bis zum 7. September 2025. Eingang ins Museum ist über die Möckernstraße 26. Ein kostenfreies Begleitprogramm für Schulklassen und Familien ergänzt die Ausstellung.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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