Freiheit auf zwei Rädern
Technikmuseum zeigt historische Plakate zum Fahrrad

Werbeplakat für Fahrräder der Marke Papillon. Die Lithographie ist von A. Bonnard, Paris zirka 1890.  | Foto:  SDTB/Historisches Archiv
  • Werbeplakat für Fahrräder der Marke Papillon. Die Lithographie ist von A. Bonnard, Paris zirka 1890.
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Das Technikmuseum zeigt über 40 historische Plakate zum Thema „Freiheit auf zwei Rädern“. Die Sonderschau ist noch bis Ende des Jahres zu sehen.

Frei, unabhängig und modern: Dieses Lebensgefühl versprach das Fahrrad in Frankreich um 1900 und so wurde es dort auch beworben. Auf lithografischen Plakaten, die als Werbemittel für Kultur und Technik schon erfunden waren. Vor allem Frauen stehen auf den Fahrradplakaten der „Belle Époque“ als Werbebotschafterinnen im Mittelpunkt – und das auf ganz unterschiedliche Weise.

Das Deutsche Technikmuseum zeigt aktuell über 40 großformatige Fahrradplakate aus der eigenen Sammlung. Die Sonderausstellung „Freiheit auf zwei Rädern. Das Fahrrad auf französischen Plakaten um 1900“ erzählt von einer Zeit, in der das Fahrrad als modernes Verkehrsmittel und das Plakat als neues Werbemedium eine Symbiose eingingen.

Um 1890 änderte sich das Stadtbild europäischer Metropolen. Vormals graue Fassaden wurden plötzlich von großformatigen, farbenprächtigen Plakaten eingenommen. Nicht wenige Menschen sahen darin eine Verunstaltung und sprachen von „Plakatpest“. Andere feierten die Wandkunst als Ausdruck einer neuen, modernen Zeit. Ausgehend von Paris kam es zu einem regelrechten Hype, der bald als „Affichomanie“, „Postermania“ oder „Plakatsucht“ bezeichnet wurde. Zur gleichen Zeit gelang einer weiteren technischen Entwicklung der Durchbruch: dem Fahrrad. Es versprach individuelle Mobilität und beflügelte so den Drang nach Freiheit. Speziell für Frauen war es ein Vehikel der Emanzipation. Weshalb das Zweirad in konservativen Kreisen ähnlich umstritten war wie das Plakat.

Trotzdem begann es die Welt zu revolutionieren und führte zum „Fahrradwahn“ oder „Bicycle Craze“. Das Plakat erwies sich dabei als idealer Werbeträger. Bis 1900 wurden für das Fahrrad mehr Plakate produziert als für jedes andere Produkt. Es gab Motive im floralen Jugendstil, mythologische Darstellungen oder idyllische Landschaftsszenerien. Vor allem ging es um die Atmosphäre, nicht um die Maschine. Deshalb ist das Fahrrad als technischer Gegenstand auf damaligen Plakaten oft nur teilweise oder ungenau dargestellt.

Mit "Werbedamen" gegen Vorurteile

Erst als sich nach 1910 das Fahrrad immer mehr verbreitete, ging die Reklame dazu über, technische Merkmale exakt darzustellen. Und so wurden die Plakate mit der Zeit zu begehrten Sammelobjekten. Man bestaunte die „Explosion der Farben“ und die „Galerie der Straße“. Leidenschaftliche Sammler bestachen Plakatkleber, lösten die „Affichen“ mühevoll von den Hauswänden ab oder kauften sie bei Händlern. Auffällig ist, wie viele Frauen auf den Plakaten abgebildet sind. Frauenfiguren waren in französischen Plakaten der Jahrhundertwende allgegenwärtig – auch in der Fahrradwerbung. Dabei galt Radfahren um 1900 für Frauen noch als unschicklich. Körperliche Anstrengung und das Tragen praktischer Hosen war nach männlicher Ansicht mit weiblicher Anmut unvereinbar. Mit adretten „Werbedamen“ oder betont weiblich dargestellten mythologischen Figuren sollten Fahrradplakate solchen Vorurteilen entgegenwirken. Die jugendlich-attraktiven Figuren dienten aber nicht nur dem männlichen Publikum als Blickfang. Weibliche Betrachterinnen sollten sich mit ihnen identifizieren. Besonders beliebt war der Stereotyp der „Parisienne“. Die stets modisch gekleidete Pariserin versinnbildlichte den überlegenen Geschmack der französischen Metropole. Sie erschien als stilsichere und selbstbewusste Trendsetterin, die selbst in flotter Fahrt nichts von ihrer Eleganz einbüßt.

Die jetzt im Technikmuseum gezeigten historischen Fahrradplakate sind Teil einer Sammlung von 1980. Diese Sammlung ist heute Teil des Historischen Archivs im Technikmuseum. Mit seinem auf über 7,5 Regalkilometern angewachsenen Fundus gehört es zu den größten Spezialarchiven in der deutschsprachigen Museumslandschaft. Die Fahrradplakate-Ausstellung ist der Auftakt zum musealen Themenschwerpunkt „Fahrrad“ in diesem Jahr. Neben einem Fahrrad-Spezial am eintrittsfreien Museumssonntag, 2. Juni, ist ein weiterer Höhepunkt die Eröffnung der großen Sonderausstellung „Rückenwind. Mehr Stadt fürs Rad!“ Ende November im Ausstellungsbereich Ladestraße.

Die „Freiheit auf zwei Rädern. Das Fahrrad auf französischen Plakaten um 1900“ läuft noch bis zum 8.Dezember in der Großen Galerie des Technikmuseums in der Trebbiner Straße 9. Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag von 9 bis 17.30 Uhr, am Wochenende und feiertags vom 10 bis 18 Uhr. technikmuseum.berlin

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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