Angelockt vom guten Ruf: Natalie Bayer ist die neue Leiterin des Friedrichshain-Kreuzberg Museums
Fast ein Jahr lang war der Posten nur kommissarisch besetzt. Seit Januar ist Natalie Bayer die Chefin im Friedrichshain-Kreuzberg Museum an der Adalbertstraße. Sie folgt auf Martin Düspohl, der zum Humboldt-Forum wechselte.
Warum sie sich für die Stelle interessierte und was sie dort vor hat, darüber gibt Natalie Bayer im Interview mit Berliner-Woche-Reporter Thomas Frey Auskunft.
Wie kam es zu Ihrer Bewerbung?
Natalie Bayer: Ich komme zwar aus München und habe dort zuletzt im Stadtmuseum gearbeitet. Aber das Friedrichshain-Kreuzberg Museum und seine Arbeit waren mir schon lange ein Begriff. Auch weil ich bis 2013 zwei Jahre einen Koffer in einer Kreuzberger WG hatte. Wie im Museum Bezirks- und gerade auch Migrationsgeschichte dargestellt und aufgearbeitet wird, ist nicht nur ein Ansatz, der sich mit meinem bisherigen Forschungstätigkeitsfeld deckte. Darüber hinaus genießt das Haus teilweise sogar international einen sehr guten Ruf. Das ist vielleicht auf lokaler Ebene gar nicht so bekannt. Deshalb habe ich mich beworben. Wobei ich meine Chancen gar nicht so hoch eingeschätzt habe. Umso größer war die Freude, als die Wahl auf mich gefallen ist.
Welche Erfahrungen haben Sie in den ersten Wochen gemacht?
Natalie Bayer: Trotz mancher Vorkenntnis geht es zunächst darum, mir ein konkretes Bild zu machen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennenzulernen, ebenso das Umfeld. Es sind auch schon Kontakte zu einigen Initiativen der Umgebung entstanden. Und ich will wissen, wer das Museum besucht. Deshalb laufe ich während meiner Arbeitszeit oder am Wochenende durch die Ausstellungen. Mein erster Eindruck ist, dass es nicht nur ein großes Interesse gibt, sondern vor allem ganz unterschiedliche Menschen hierher kommen. Es gibt einen ziemlich niederschwelligen Zugang. Anders als bei vielen anderen Museen, die häufig nur ein bestimmtes Publikum ansprechen.
Haben Sie eine Erklärung, woran das liegt?
Natalie Bayer: Sicherlich an dem lokalspezifischen und bisherigen partizipatorischen Ansatz. Und dass Menschen oder Gruppen hier eingebunden werden. Das mag aber auch ein Ergebnis der nur knappen finanziellen Mittel sein. Aber das schaffte einen konkreten Bezug, der auch die Basis für meine Arbeit bleiben wird: Chancengleichheit, Teilhabe, Gleichberechtigung, Antidiskriminierung, gerade auch beim Thema Erinnerungen der Migrationsgesellschaft. Nicht nur daran anknüpfend stellen sich aber auch neue Fragen und wir müssen überlegen, welche Themen hier und heute für den Bezirk relevant sind und welche weiteren Schwerpunkte sich daraus für das Museum ergeben.
Woran denken Sie dabei genau?
Natalie Bayer: Zum Beispiel, wie wir die aktuellen Veränderungen noch mehr darstellen. Also zum Beispiel, dass neue Bewohnerinnen und Bewohner und daneben diejenigen, die teilweise schon seit Generationen hier leben, sich zusammen den Bezirk teilen. Sie alle haben unterschiedliche Anliegen und Interessen. Überhaupt Geschichte am ganz "normalen" Alltag zu verdeutlichen. Das wird zum Beispiel in Form eines erweiterten digitalen Angebots der Ausstellung "Ortsgespräche" passieren, wo weitere Themen zum Bezirk sichtbar werden. Auch insgesamt könnten künftig zusätzliche multimediale Möglichkeiten entstehen. Außerdem möchte ich Friedrichshain noch mehr in den Fokus rücken. Mein Eindruck ist, hier gibt es noch viel Interessantes und Besonderes, was bisher zu wenig bekannt ist.
Viele Ideen bei einem ziemlich geringen Etat...
Natalie Bayer: Klar, der ist natürlich auch ein Thema. Ohne Drittmittel ließe sich kaum etwas realisieren, was für unser kleines Haus immer mit kurzfristiger Reaktionsbreitschaft verbunden ist. Gleichzeitig sind wir eine Einrichtung mit öffentlichen Mitteln. Hier wird etwas angeboten, wo viele einen Bezug zum eigenen Alltag finden können. Schon deshalb geht es weiter darum, keine Ausstellungen und Veranstaltungen über Menschen, sondern mit ihnen zu machen.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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